Start Kunst & Kultur Volksmusik rockt den Red Bull Ring

Volksmusik rockt den Red Bull Ring

Django 3000 Foto: Philip Platzer

Dort wo sonst das Heulen der Motoren durch die Wälder hallt, werden sie singen, jodeln und musizieren: Vom 23. bis 27. August verwandeln hochkarätige Bands und aufstrebende Künstler die Rennstrecke der Königsklasse des Motorsports in ein Zentrum für traditionelle sowie alpine und internationale Volksmusik.

Text: Julia Braunecker

Volksmusik: heile Welt, Kitsch und Schlagersternchen? Das Spielberg Musikfestival belehrt Voreingenommene eines Besseren. Bereits zum fünften Mal rocken mehr als zwanzig alpenländische Gruppen die Bühnen der Region. Bei dem fünftägigen Veranstaltungsreigen ist von Blues über Jazz, Pop bis Rock alles erlaubt. Rund 21.000 Besucher zählte man im Vorjahr. Unter der Woche finden Konzerte und Tanzveranstaltungen statt. So präsentieren etwa Mittwoch, den 23. August, die vier Musiker von Gangkino Circus einen Mix aus Balkan-Beats, fränkischer Volksmusik und Kabarett. Beginn 19.30 Uhr, Hotel-Restaurant ­Hubertushof, Tickets an der Abendkasse für € 15,–

Bunte Palette der Volksmusik

Der Freitag steht ganz im Zeichen der Vielfalt. An fünf verschiedenen Orten rund um den Spielberg spielen unterschiedliche Gruppen aus dem gesamten Alpenraum. Ein kostenloser Oldtimer-Shuttlebus transportiert die Besucher von einer Spielstätte zur nächsten. Im Landhotel Schönberghof fordern WüdaraMusi und Die Steirische Streich zum Tanz auf. Mit Flügelhorn, Basstrompeten, Tuba, Harmonika und allerlei Streichinstrumenten. Freier Eintritt, Beginn 20.30 Uhr

Im Hotel Hofwirt sind Freunde der Oberkrainermusik genau richtig. Denn dort begeistern die Musikanten und Sänger der Hauskapelle Avsenik aus Slowenien ihr Publikum. Freier Eintritt, Beginn 20 Uhr

Im Hotel Steirerschlössl gibt es einen stimmgewaltigen Auftritt von Dana Gillespie und Joachim Palden mit Blues und Jazz. Feier Eintritt, Beginn 19 Uhr

Im Hotel G’Schlössl Murtal wird mit den Murtalern RiDuRi Musi beim Harmonikaabend gemeinsam aufgespielt – bis in die frühen Morgenstunden. Jedermann kann seine eigene Harmonika mitbringen. Freier Eintritt, Beginn 18 Uhr

Im Kulturzentrum Spielberg geben Franz Posch und seine Innbrüggler Volksweisen und Blasmusikmärsche, böhmisch-mährische Stücke und Inntaler Musik zum Besten. Unterstützt werden sie von den Murtalern, Trippl Musi, Goiserer Beriga Pascher und MIA4a. Eintritt ab 19.30 Uhr, Informationen zu Tickets auf projekt-spielberg.com.

Open Air

Das große Open Air geht am Samstag, den 26. August, im Fahrerlager des Red Bull Rings über die Bühne. Eröffnet wird es durch die Gewinner des „MyStage Bandcontest“. Die Headliner des Abends bilden die SEER, die für ihre Live-Auftritte bekannt sind. Auch die anderen Acts können sich hören lassen. Die fünf Jungs von Django 3000 singen in bairischer Mundart und pendeln dabei zwischen Heavy Metal und Jazz. Mainfelt aus Südtirol spielen Folkrock mit Gitarre, Banjo, Bass und Drums. Die steirischen SOLOzuVIERT erwecken den Austropop zum Leben. Beginn 16.30 Uhr, Tickets im VVK 45,00€, an der Abendkasse 48,00€

Foto: Philip Platzer

Band Contest

Der Band-Wettbewerb „MyStage“ ging heuer in die dritte Runde. Nachwuchsmusiker wurden dazu aufgerufen, sich dem Urteil einer professionellen Jury zu stellen. Graz schickte dafür die Uptown Monotones ins Rennen. Die diesjährigen Juroren Paul Pizzera und Otto Jaus wählten aus allen Bewerbungen zehn Finalisten aus, die auf der Festival-Website zum Online-Voting antreten. „Es ist unglaublich, wie viele originelle Bewerbungen eingelangt sind. Das zeigt, wie lebendig die heimische Musikszene ist und wie viel sie zu bieten hat“, stellen Pizzera und Jaus fest. Noch bis zum 21. Juni kann man unter projekt-spielberg.com/musikfestival für seine Lieblingsband abstimmen.

Dichtes Rahmenprogramm beim Spielberg Musikfestival

Bei vier Workshops kann man selbst zum Instrument greifen. Für alle Interessierten gibt es im Hubertushof in Zeltweg Tipps und Tricks rund ums „Blech“, die „Quetschn“ oder das Hackbrett. Die Sulmtaler Dirndln zeigen, wie man richtig jodelt. Mitmachen kann jeder, ob Alt oder Jung, Anfänger oder Profi. Mittwoch 23.8. bis Freitag 25.8.2017, ­detaillierte Informationen über Anmeldebedingungen und Preise auf projekt-spielberg.com

Fahrräder statt Boliden

Beim Ring Rad‘ln am Samstag haben die Zweiräder ganz nach dem Motto „Muskelkraft statt Pferdestärken“ Vorrang. Sie können bei drei Bewerben in die Pedale treten. Am schwierigsten wird wohl das Drei-Stundenrennen gegen den Extremradsportler Christoph Strasser. Mutige Teilnehmer können den mehrfachen Sieger des Race Across America herausfordern. Hobbyradler gehen beim Hobby- und Fun-Bewerb mit Wertung und Zeitnehmung an den Start. Und beim freien Volks- und Kidsrad‘ln können Groß und Klein ihr Bestes geben. Ring Rad‘ln: Beginn 10 Uhr. „G’winn geg’n Strasser am Ring“: 39,00€, Hobby & Fun: 29,00€, Volks- und Kidsrad‘ln: 25,00€

Familie und Autos zum Abschluss

Am Sonntag lockt das Festival mit einem Familienfest in die Region. Bei freiem Eintritt stehen Musik, Tanz, eine Old­timerausstellung und Handwerkskunst am Programm. Der Tag beginnt mit einer Feldmesse und mit einem zünftigen Frühschoppen. Nicht nur die Besucher, auch Oldtimer und Traktoren werden gesegnet. Regionale Schmankerl versprechen kulinarischen Genuss.

Spielberg-Musikfestival: 23.–27.8.2017

Tickets: www.projekt-spielberg.com

Weitere Informationen: information@projekt-spielberg.at

 


 

Die Seer live am Spielberg Musikfestival

Keine „Heile Welt-Musik“

Die SEER sind heuer zum ersten Mal beim Spielberg Musikfestival dabei. „Die Veranstaltung hat sich in den letzten Jahren vor allem auch deshalb einen Namen gemacht, weil jungen Interpreten, die Mundartmusik machen, eine tolle Plattform geboten wird“, schickt Bandleader Fred Jaklitsch voraus. Was macht für die achtköpfige Band die Faszination an der Volksmusik aus? Acht Fragen exklusiv für die Kulturzeitung Achtzig, beantwortet von Fred Jaklitsch.

Die SEER
Foto: Kerstin Joensson

Die Volksmusik verkauft mehr Platten denn je, Dirndl und Lederhose sind wieder in. Wie erklären Sie sich den Trend zum ländlichen Lifestyle und zu volkstümlicher Musik?

Ich glaube, dass es mehr als „in“ ist, denn Digitalisierung und Globalisierung verschreckt die Menschen, da gibt es eine tiefe Sehnsucht nach einem „Platz im Leben“, nach Geborgenheit und Halt. Das kann Heimatgefühl mit regionalen und begreifbaren Strukturen oft noch leichter bieten. Abgesehen davon, dass Dirndl und Lederhosen zeitlos fesch sind.

Verglichen mit anderen Genres, worin liegen die Stärken der Volksmusik?

Mit großem Respekt der Volksmusik gegenüber, die über Jahrzehnte gewachsene Identität einer Region ist, machen die SEER de facto keine Volksmusik, sondern ausschließlich Eigenkompositionen in ihrem ureigenen „SEERischen“ Stil. Dass es bei den Menschen ankommt, hat wohl mit unseren Themen, Geschichten aus unserem täglichen Leben, unserer Mundart und unserer, wie sagt man so schön sagt, „Authentizität“ zu tun.

Ist die heile Welt der Volksmusik womöglich die passende Antwort auf die krisengeschüttelte Welt unserer Zeit?

Ich empfinde unsere Darstellung nicht als heile Welt, eher als Betonung der eigenen Stärken und der positiven Energien, die dieses Land ausmachen. Wir verschließen uns nicht vor Konflikten, sehen es aber auch nicht als unsere Mission an, Tagespolitik in Liedern festzuschreiben.

Warum ist der typische SEER-Sound so erfolgreich? Welche Musikrichtungen verschmelzen Sie zu einem Ganzen?

Da ich im Laufe meiner fast 40-jährigen Musikertätigkeit einiges ausprobiert habe, genieße ich das Privileg, alles das munter drauflos zu kombinieren. Das macht das Musikproduzieren spannend, fad wäre es, immer eine Schublade zu bedienen.

Welches Lebensgefühl wollen Sie mit Ihrer Musik vermitteln?

Politisch und wirtschaftlich stehen instabile Zeiten ins Haus, die SEER stehen für eine positive Sicht der Dinge, Wertschätzung von Familie, Freundschaft, Natur und dem Respekt füreinander. Im Konzert finden sich verschiedene Generationen, verschiedenste Bevölkerungsschichten und Musikgeschmäcker. Das war zwar nie unser Programm, gehört aber zum Schönsten, was wir erreicht haben.

Wie kommt der Naturbezug in Ihren Texten zustande?

Wir sind Teil von ihr, Natur ist Teil von uns. Ein achtsamer Umgang mit ihr und das Innehalten machen uns zu zufriedeneren Menschen. Keine große Botschaft, aber ein Rezept für mehr Wohlfühlgefühl.

Heimat ist für Sie etwas Wichtiges, haben Sie dennoch hin und wieder Fernweh?

Da ich in einem landschaftlichen Juwel leben darf, intakte Natur vor der Haustür vorfinde, reichen mir ein bis zwei Kurzurlaube mit der Familie. Noch dazu hatte ich das Privileg, in den Achtzigerjahren mit meiner damaligen Band Städte wie Los Angeles, Moskau, Hongkong, Länder wie Mongolei, Taiwan und andere zu bereisen, mein Bedarf ist also gedeckt.

Foto: Kerstin Joensson