Landschaft ist keine bloße Erscheinung. Dieser Behauptung und der begriffsbestimmenden Funktion des Mediums Film geht die Ausstellung „Landschaft in Bewegung“ im Space02 des Kunsthauses nach. Das amerikanische Landschaftsbild der Hyperrealisten zeigt sich im Space01. Und Camera Austria setzt sich mit den umstrittenen Begrifflichkeiten eines fotografischen Landschaftsbildes auseinander.
“Nie hat man sich so sehr um die Ästhetik der Umwelt gekümmert wie heute; (…) Aber trotz aller Schutzbestimmun- gen, Verfahren und abgelehnter Baugesuche wächst ständig die Klage über die Verhässlichung der Umwelt und die Zerstörung der Landschaft.”, brachte Lucius Burckhardt die paradoxe Situation auf den Punkt. Als Spaziergangwissenschaftler war er der Meinung, dass der Mensch die Landschaft durch seine verschiedenen Perspektiven auf einen Ort erschaffe, während er sich ihm gehend erschließte. In seinen Arbeiten und Aquarellen zog der Schweizer Soziologe im Verständnis eines Urbanisten den emotionalen Zugang zur Landschaft einem kartografischen oder touristischen vor. Im Fokus stand der Mensch in gestaltender Funktion. Landschaft ist formbares Material. Im Rahmen der Ausstellung “Landschaft in Bewegung” versucht man ein spezielles Raumerlebnis zu generieren. Im Abschreiten eines Raumes unter Einsatz des Mediums Film öffnet sich vor dem Besucher ein weiterer Raum. Das Ziel ist es, ein Bewusstsein zu schaffen, dass ständig neue Räume und Landschaften entstehen.
Schlüsselwerke ab den späten 1960er- Jahren – wie etwa von Robert Smithson oder David Nez bis hin zu aktuellen Positionen von Rosa Barba, James Benning oder die Wiener Gerhard Treml / Leo Calice – zeigen, dass Landschaft ein Begriff ist, der einem laufenden Wandel unterliegt. Der Film spielt dabei eine wesentliche Rolle, weil er das Erfassen einer Realität von Landschaft erst möglich macht. Filme schaffen Land- schaftsbilder und maskieren die Konstruktion des Begriffs über die Bildabfolge mit der notwendigen (zeitlichen) Distanz. Der letztjährige Diagonale- Preisträger in der Kategorie „Innovatives Kino“, Lukas Marxt, zeigt die mystische Landschaft Lanzarotes aus der Vogelperspektive, so dass aus der Verschiebung der Größenverhältnisse der Mensch als mikroskopisches Element ei- nes größeren Ganzen wahrgenommen werden kann. Wie auch Treml/Calice ist Marxt sowohl in der Ausstellung im Kunsthaus wie auch in der diesjährigen Diagonale präsent. So wird die Wahrnehmung von Landschaften im Kontext eines Kinosaales mit jener der tatsäch- lichen (Raum-)Erfahrung gegenübergestellt. Die Ausstellung „Landschaft in Bewegung“ setzt sich auch mit der späteren Entwicklung der Land Art auseinander und dem Verlust des heroischen Landschaftsbegriffs. Der Frage nach ei- ner eigenen, rechtlichen Identität von Landschaft, die sie schützt und ihr Subjektivität zuspricht, geht Ursula Biermann in ihren neuen Forschungsansätzen nach. Sie untersucht Macht- und Interessensverhältnisse. Thematisch ergänzend zeigt “Camera Austria” 12 fotografische Positionen. Michael Höpfner etwa wanderte unbekannte Gegenden Chinas ab und hielt seine Erlebnisse als feinsinniges enactment einer politischen Landschaft fest. Konträr dazu steht die hyperrealistische Landschaftsmalerei Amerikas in der 2. Hälfte des 20.Jahrhunderts im Space01. Die Verherrlichung des amerikanischen Landschaftsbegriffes unterschied sich ab dem 19. Jahrhunderts stark von der europäischen Sicht. Die Weiten Amerikas wurden zur ambivalenten Metapher eines heroischen, menschenbezwungen Territoriums. Eine Entwicklung, die in der Malerei und Fotografie der 1960er- und 1970er-Jahre eine intensive Ausprägung als Landschaften des film- und werbegeprägten Spektakels fand. Gemälde amerikanischer Hyperrealisten stehen in der Ausstellung den Fotografien einiger „New Topographics“ gegenüber. Mit Arbeiten von Ed Ruscha, Edward Hopper, Lewis Baltz, Walker Evans.
Text: Natalie Resch