Man wacht auf und kann es kaum glauben. Durch das Zelt hört man das morgendliche Treiben der Tiere und das Munterwerden der ostafrikanischen Vogelwelt. Der Natur so nahe zu sein, sich mit ihr regelrecht eins zu fühlen, ist heutzutage ein Luxus, der kaum mehr zu bekommen ist. Sehr wohl auf einer Safari im größten Nationalpark Kenias.
Auf Safari gehen. Eines der letzten Abenteuer unserer Zeit.
Wir leben in einer Zeit, in der man die Welt zu kennen glaubt, obwohl man sie in Wirklichkeit nur im Fernsehen oder über Magazine erkundet hat. Die rote Erde, das einzigartige Grün der Gräser und der afrikanische Himmel aber verschmelzen in der Realität zu einem derart eindrucksvollen Anblick, dessen Faszination nichteimal annähernd über Medien zu erahnen ist. Man blickt über nahezu endlose Weiten und findet dabei nicht das kleinste Anzeichen von menschlichem Leben weit und breit. Dazu die Geräuschkulisse des Buschs und das Knistern des Feuers während des Sonnenuntergangs in der ostafrikanischen Savanne. Nach kenianischer Sitte sollte beim „Sundowner“ ein eisgekühlter Drink nicht fehlen. Zum Beispiel ein „Dawa“, oder ganz puristisch, wie es schon Ernest Hemingway liebte, ein kaltes „Tusker“ Bier. Der trinkfreudige Schriftsteller, der schon zu Lebzeiten eine Legende war, war in Afrika verliebt, und das, obwohl er auf seinen Besuchen zwei Flugzeugabstürze erlebte. Er ging auf Safari und übte sich im Hochseefischen, selbstverständlich getreu seinem Lebensstil: Trinken, Jagen, Lieben und dabei dem Tod ins Gesicht lachen. Wer heute auf Safari geht, wird dem großen Dichter nachfühlen können, nur aufs Jagen muss verzichtet werden, denn in Kenia ist es mittlerweile verboten. Wie bei so vielen Dingen gibt es aber auch bei den Safaris grobe Unterschiede in ihrer Qualität. Schnell kann es einem passieren, dass aus dem ersehnten Abenteuer ein wenig berauschendes, fahles Touristenprogramm wird. Besser also ein exklusives Abenteuer. Einer der führenden Unternehmen in Kenia sind die „Southern Cross Safaris“. Diese betreiben unter anderem das Satao Camp im Tsavo East National Park. Der Tsavo (geteilt in East und West) ist der größte Nationalpark im ganzen Land, beherbergt die größten Elefantenherden Ostafrikas und gilt als sichere Adresse, um auf der Safari eine Vielzahl an Tieren zu sehen. Atemberaubende Landschaft inklusive.
Der Tsavo East National Park: Tierische Vielfalt wie im Garten Eden
Der Besitzer von „Southern Cross Safaris“, einer der wichtigsten Personen im kenianischen Fremdenverkehr, ist Rennlegende Mike Kirkland. Über 20 Jahre lang war er Profi-Rallyfahrer in der WRC-Klasse für Nissan und Subaru. Mit seinen Unternehmen bietet er maßgeschneiderte Safari-Abenteuer nach den unterschiedlichsten Vorstellungen. Ob für die ganze Familie, als „Honeymoon“ oder als luxuriöses Abenteuer mit Flugzeug. Für Reisende, die die traumhaften Strände in der Nähe von Mombasa als Domizil gewählt haben, ist der Tsavo East National Park auch wegen seiner unkomplizierten Erreichbarkeit eine gute Wahl. Southern Cross holt seine Gäste direkt von den Hotels ab und transferiert diese zum ca. 3 Stunden entfernten Park. Dort steigt man auf Land Rover Jeeps um und macht sich auf den Weg ins Satao Camp, wobei die Fahrt dorthin schon die erste Gelegenheit ist, Tiere zu sehen. Und die Chancen stehen gut. Die besondere Artenvielfalt an großen Säugetieren macht den Nationalpark in Kenia einzigartig. Eines seiner Markenzeichen ist seine große Population an „roten Elefanten“, die es auf der Welt nur hier zu sehen gibt. Ihre Farbe verdanken sie der roten Erde im Park. Mit dieser pudern sie sich bei Staubbädern oder Schlammbädern ein, um ihrer empfindlichen Haut Gutes zu tun. Neben den roten Riesen und den anderen der „Big Five“ (Nashorn, Löwe, Büffel und Leopard) finden sich im Tsavo viele Tierarten, die besonders gut in der trockenen Savannenregion überleben können, darunter auch Giraffen und Zebras, Giraffengazellen, Ostafrikanische Oryx-Antilopen, Kaffernbüffel, Kleine Kudus, Wasserböcke, Impalas, Kirk-Dikdiks oder Grantgazellen. Neben dem Löwen kommen mit Geparden und Leoparden zwei weitere große Katzenarten im Gebiet vor. An den Wasserstellen, wie dem „Galana River“, leben Nilkrokodile und Flusspferde. Und unter den 600(!) Vogelarten, die den Park für Birding-Fans zum Paradiese machen, fällt der Strauß als größte Art auf, der durch den Somali-Strauß vertreten ist. Gut möglich, dass Noah seine Arche hier gebaut hat.
Die gesamte Fläche des Parks zählt knapp 12.000 Quadratkilometer, seine landschaftliche Vielfalt mit ihrer Pflanzenwelt ist dabei genauso eindrucksvoll wie seine tierischen Bewohner. Gras- und Buschsavannen sowie halbwüstenartige Steppen prägen die Landschaft. Diese wechseln mit Akazienwäldern, Felsschluchten, einzelnen Felsgruppen und Inselbergen ab. Entlang saisonaler und dauerhafter Flüsse wie dem Athi und dem Galana gedeihen schmale Galeriewälder. Die „Lugards“-Wasserfälle sind in einem Tagesausflug vom Camp aus zu erreichen, dabei handelt es sich um Stromschnellen, die über die Jahrtausende eine bizarre, feingeschliffene Gesteinlandschaft entstehen ließen. Ein flacher und ausgedehnter Lava-Rücken, das Yatta Plateau (das längste Lava-Feld der Welt), verläuft entlang der Westgrenze im Osten des Athi River.
Eine Safari sollte zwei, drei Tage dauern. Denn genauso interessant wie das Betrachten wilder Tiere in freier Wildbahn sind die Stunden, die man im Camp verbringt. Das Satao Camp liegt mitten im Nationalpark und besteht aus etwa 14 luxuriösen Zelten. Von jedem aus bietet sich der Blick auf eine nahes Wasserloch, an dem sich so gut wie immer Tiere zum Trinken versammeln. Man entschließt sich zum Beispiel nach dem Mittagessen auf der zelteigenen Terrasse ein wenig zu ruhen und wird dabei Zeuge des tierischen Alltags in der Steppe. Antilopen spazieren in einem Meter Entfernung an einem vorbei und ein frecher Affe nimmt am Liegestuhl nebenan Platz. Eindrücke, die mit Geld kaum zu bezahlen sind.
Viele Tiere, vor allem Antilopen, halten sich gerne im oder in kurzer Entfernung zum Camp auf, da sie sich Schutz vor Raubkatzen erhoffen. Überhaupt ist es kaum zu glauben, wie nahe man der Natur ist – nicht nur im Camp, auch auf den „Pirschfahrten“. Teilweise nähern sich Tiere dem Jeep mit fast schon beängstigender Furchtlosigkeit. Ein riesengroßer Elefantenbulle in 5 Meter Entfernung sorgt für Gänsehaut. Wer sich jedoch richtig verhält, erlebt nur in absoluten Ausnahmesituationen, wenn sich Tiere bedroht fühlen, das Unglück attackiert zu werden. In einem Streichelzoo ist man aber auf keinen Fall unterwegs, dies beweist auch eine schauderhafte Geschichte aus der Vergangenheit…
Der Geist und die Dunkelheit
Die Angst davor, dass ein wildes Tier den Menschen beim ersten Anblick sofort angreift, hat mit der Realität nichts zu tun. Im Jahre 1898 ereignete sich im heutigen Nationalpark jedoch eine Tragödie, die den schlimmsten Alptraum wahr werden ließ. Die British East Africa Company versuchte eine Brücke über den Tsavo-Fluss für die ostafrikanische Eisenbahn zu bauen. Zwei Löwen kamen auf den Geschmack von Menschfleisch und begannen die Arbeiter nachts zu überfallen, zogen sie aus den Zelten und schleppten sie davon. Trotz Barrikaden aus Dornensperren um das Lager, nächtlichen Feuern und strengen Sperrstunden steigerten sich die Angriffe drastisch bis zu dem Punkt, an dem der Brückenbau schließlich wegen der Angst der Arbeiter zum Erliegen kam. Kolportiert wurden an die 135 Todesfälle, heute bestätigt man nach Analyse des Knochenmaterials zumindest 35 (Einheimische nicht mitgezählt). Nach unzähligen Versuchen, die Löwen zur Strecke zu bringen, tötete schließlich John Henry Patterson die beiden „Menschenfresser“. Jeder der beiden war von der Nase bis zum Schwanzende über 2,70 Meter lang und es erforderte acht Männer, sie zurück zum Lager zu schleppen. Die Geschichte wurde unter dem Titel „Der Geist und die Dunkelheit“ mit Brat Pitt für Hollywood verfilmt und zum Kino-Hit. Heute besteht jedoch kein Grund zur Sorge: wer sich richtig verhält und auf nächtliche Spaziergänge im offenen Busch verzichtet, hat keinen Grund, auf einer Safari Angst zu haben. Hat man aber die beiden ausgestopften „Menschenfresser“ im Field Museum of Natural History in Chicago live gesehen, kann man auch gut damit leben, wenn man auf der Pirschfahrt den „König der Tiere“ nur durch den Fernstecher zu sehen bekommt.
Text: Stefan Zavernik