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Stermann & Grissemann: „Um die Hemmungen fallen zu lassen, wird eindeutig zu wenig getrunken“

Stermann und Grissemann sind zur Zeit die unumstrittene Nummer 1, wenn es um satirische Unterhaltung geht.  Ihre Witze sind komisch, sprechen die Wahrheit aus und sind dabei für einige an der Grenze der Geschmacklosigkeit. Bei ihrem Auftritt in Leibnitz nahm „Achtzig“ die Gelegenheit wahr, das Duo für seine Leser zu interviewen. Ein Gespräch über Humor und seine Grenzen, Alkohol und einen unangenehmen Armin Assinger.

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Nie um ein Glas Wein verlegen: Das Duo Grissemann und Stermann

Erwin Wurm bezeichnete in einem unserer Interviews Humor als Waffe – teilen Sie diese Meinung? Wie gefährlich kann Humor sein?

Stermann: Humor ist eine Waffe um den Alltag zu bewältigen. So wie man im Urwald das Unkraut mit einer Machete aus dem Weg schafft. So ähnlich lässt sich Humor einsetzen.

Grissemann: Für mich ist Humor eher ein Schutz als Waffe. Eine Möglichkeit, sich das Leben erträglich zu machen. In Wahrheit kann man mit Humor ja niemanden angreifen.

Darf man sich somit über alles lustig machen?

Stermann: Man darf, muss sich aber nicht über alles lustig machen. Man sollte sich schon immer wieder mal überlegen, dass nicht alles was man macht kartatisch ist. Man muss nicht jeden, der gerade leidet, auf die Humorschiene schieben. Hin und wieder kann man die Leute auch einfach zufriedenlassen.

Grissemann: Man sollte nicht, aber man darf. Glaub ich. Im Grunde kenne ich keine Grenzen.

Stermann: Es stellt sich die Frage, wer eine solche Grenze ziehen sollte? Das kann man nur für sich selbst entscheiden. In einer unserer letzten Sendungen haben wir Witze über den Tod von Margaret Thatcher gemacht – hat sich auch keiner aufgeregt.

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Grissemann. „Es schaut einfach nicht gut aus, wenn die Menschen essen.“

Wie viel kann man mit Humor verändern?

Höchstes, dass man jemanden kurz zum Lachen bringt. Die Sekunde des Lachens kann man erzeugen. Wir haben aber auch gar nicht den Anspruch, die Welt besser zu hinterlassen als wir sie vorgefunden haben.

Grissemann: Für uns ist Humor reinste Unterhaltung.

Stermann: Karl Valentin hat super Witze über Adolf Hitler gemacht. Damit erreicht hat er aber nichts.

Wie sehen Sie Österreich als Boden für Künstler? Wie frei fühlt man sich als erfolgreicher Künstler in Österreich?

Stermann: Wenn man es mit anderen Ländern vergleicht, findet man in Österreich eigentlich eine „gemähte Wiese“ vor. Zum Beispiel Theater. Alle die in Österreich Theater machen dürfen, können aus dem Vollen schöpfen. Schauspieler aus Polen oder Ungarn sind ganz verwirrt, was es hier noch für Kulturbudgets gibt. Österreich ist definitiv eine reiche Kulturnation.

Christoph Grissemann
Christoph Grissemann

Hatten Sie grundsätzliche Integrationsprobleme in Österreich?

Stermann: Ich habe es von Anfang an gemocht, dass man mich nicht integrieren wollte. Natürlich gibt es Leute, die unter diesen Umständen leiden und Österreich deswegen verlassen. Ich bin halt geblieben. Mich hat es nicht gestört.

Dirk Stermann
Dirk Stermann

Wie sehr mischt sich der ORF in Eure Inhalte ein?

Stermann: Wir haben praktisch freie Hand. Kurz vor Wahlen dürfen wir keine Witze über Politiker machen – das ist aber laut Rundfunkgesetz verboten. Hin und wieder gibt es auch Kollegen, die nicht wollen, dass man über sie redet. Eigentlich aber, man glaubt es kaum, ist der ORF ein ziemlich cooler Laden. Er wirkt uncool, und verkauft sich uncool, ist aber wirklich in Ordnung. Auch bietet er einem viel mehr Möglichkeiten als ein privater Sender, bei denen das Geld viel wichtiger ist, als die Show an sich.

Schreibt Ihr alle Gags selber?

Grissemann: 80% unserer Witze im TV stammen von Gag-Autoren. Das Kabarett haben wir selbst geschrieben.

Kommt es auch vor, dass Euer Humor gar nicht verstanden wird?

Stermann: Vor langer Zeit bin ich mal geohrfeigt worden. Da ist jemand auf die Bühne gekommen und hat mir eine Ohrfeige gegeben. Ein anderes Mal sind wir in der Türkei aufgetreten, da stand ein Russe vor der Bühne, der uns die ganze Show hindurch den Fuckfinger gezeigt hat. Wahrscheinlich deswegen, weil er nichts verstanden hat – er hat kein Deutsch gesprochen. Und natürlich gibt es Leute, die uns einfach nicht lustig finden. Gustav Peichl zum Beispiel, er sagt es auch so gut wie in jedem Interview, das er gibt. Ich finde das ein wenig gewagt, wenn man sich seine Karikaturen ansieht.

Wie gefürchtet seid Ihr bei Euren Gästen?  Kommt es vor, dass jemand Angst vor Euch hat?

Stermann: Angst ist das falsche Wort. Man ist einfach nervös, bin ich auch selbst. Inzwischen hat sich auch herumgesprochen, dass es bei uns auf der Bühne ganz gemütlich ist. Wir sind freundliche Gastgeber.

Grissemann: Man merkt schnell, dass unsere Gesprächsführung eine sehr angenehme ist. Wir legen es nicht darauf an, jemanden zu beleidigen. Aber klar, wenn uns jemand beleidigt, wird er zurück beleidigt.

Ihr wirkt ziemlich abgebrüht – ist es überhaupt möglich Euch zu beleidigen?

Grissemann: Wenn ich extrem beleidigt werde, nehme ich es sehr persönlich. Ich bin sehr nachtragend, und würde auch klagen(lacht)…

Würdet Ihr jemanden einladen, den ihr komplett unsympathisch findet?

Stermann: Eigentlich nicht. Es gibt auch immer wieder Leute, die wir ablehnen. Es ist ja doch so, dass man mit dem Gast ein paar Stunden verbringen muss. Würde ich denjenigen ekelhaft finden, wäre das ja gar nicht zumutbar.

Gab es dennoch so jemanden, den Ihr als anstrengendsten Gast bezeichnen würdet?

Grissemann: Assinger war ein bisschen unangenehm. Er hat versucht sehr lustig zu sein, in der Regel gehr so etwas aber immer schief.  Es sein denn man ist begnadet, und das ist Assinger definitiv nicht.

Euer Erfolg bringt auch finanzielle Vorteile mit sich. Was bedeutet Euch Luxus?

Grissemann: Wie jeder sehen kann, habe ich keine Uhr. Ich besitze auch  keinen Führerschein. Das heißt Statussymbole wie Rolex oder fette Autos sind mir relativ egal. Der einzige Luxus, den ich mir leiste, ist zu reisen. Und da ist es angenehm nicht darauf achten zu müssen, was es kostet.

In Eurer Sendung werden Eure Gäste mit dem einen oder anderen Glas Wein bewirtet? Reine Gastfreundschaft oder will man damit die Hemmungen abbauen?

Grissemann: Um die Hemmungen fallen zu lassen wird eindeutig zu wenig getrunken. Unsere Gäste trinken in der Regel ein „Achterl“. Außer die wenigen, die sich schon vor der Sendungen backstage besaufen. Das ist aber vielleicht nur ein Zehntel.

stermann-06 (Large)Wie viel trinkt Ihr persönlich, durchschnittlich?

Grissemann: Alkohol ist schon ein Lebensbegleiter. Ich habe aber auch vier, fünf Tage am Stück, an denen ich nichts trinke. Entweder trinke ich gar nichts, oder sehr viel!

Gibt es geschmackliche Vorlieben?

Stermann: Ausschließlich Weißwein. Am liebsten Riesling.

Grissemann: Ich bin reiner Wirkungstrinker. Mir ist es vollkommen egal. Ich hasse aber nichts mehr als „Weinauskenner“. Die gehören sofort aus dem Land gejagt! Ich koche auch nicht, und esse ungern. Ich esse nur, wenn ich großen Hunger habe. Es schaut einfach nicht gut aus, wenn die Menschen essen.

Text: Stefan Zavernik