Legendärer Künstlerort. Gemütliche Studentenstadt. Eleganter Sommersitz frankophiler Hollywood-Stars. Aix-en-Provence hat viele Gesichter. Wer es von seiner entspannten Seite kennen lernen möchte, besucht es außerhalb der touristischen Hochsaison. Sein kunstvolles Lebensgefühl lässt sich auch in den milden Wintermonaten oder zu Frühjahrsbeginn erleben.
Es ist Jänner. Aufgewärmt von der kräftigen Nachmittagssonne lässt sich das herrliche Wetter bei einem gut gekühlten Glas Rosé im mondänen Park des Hotels „Le Pigonnet“ genießen. Viele Bäume und Sträucher haben ihr Grün in den Wintermonaten nicht komplett verloren und das intensive Blau des Himmels soll in der kalten Jahreszeit sogar noch kräftiger sein. Auch mit wenig Fantasie erinnert es an ein impressionistisches Ölgemälde. Früher oder später zieht die Aussicht auf „den heiligen Berg“, den Montagne Sainte-Victoire, den Betrachter in seinen Bann. „Es war der Berg, der mich anzog, wie noch nichts im Leben mich angezogen hatte …“, schreibt über ihn Peter Handke in einer seiner Kurzgeschichten und spricht damit aus, was Künstler in der Provence seit Jahrhunderten fühlen. Kein Wunder also, dass der Berg immer wieder zum begehrten Motiv weltberühmter Maler wie Vincent van Gogh oder Paul Cézanne, dem „Meister von Aix“, wurde. Letzterer malte den von Wind und Wetter abgenagten Berg insgesamt 60-mal. Eines dieser Bilder entstand im heutigen Hotelpark des „Pigonnet“.
„Das kleine Versailles der Provence“
Urlaubstage in Aix sind glanzvoll. Für die architektonische Schönheit der Stadt ist auch heute noch die „goldene Zeit“ des 17. und 18. Jahrhunderts verantwortlich. Damals wurde Aix mit neuen Vierteln, Palais und Schauachsen zum „kleinen Versailles der Provence“ aufgewertet. Im Schachbrettmuster konzipiert, nach Pariser Vorbild, ist das barocke Nobelviertel „Quartier Mazarin“ wie geschaffen für inspirierende Spaziergänge. Es liegt südlich vom laufstegartigen Prachtboulevard „Cours Mirabeau“, sein Herz ist der „Place des Quatre-Dauphins“ mit pittoreskem Brunnen und grandioser Schauachse hin zur gotischen Kirche St-Jean-de-Malte. Neben dieser ist das „Musée Granet“ mit acht Werken von Paul Cezanne einen Besuch wert. Der legendäre Maler ist auch mehr als hundert Jahre nach seinem Tod omnipräsent. Immer wieder fällt der Blick auf das bronzene „C“ des „Parcours Paul Cézanne“ am Trottoir. Der ausgeschilderte Weg auf den Spuren des in Aix geborenen und gestorbenen Impressionisten (1832 – 1906) folgt Cézanne von seinem Stammcafé „Deux Garcons“ in die Rue Boulegon 23, wo er 1906 starb, und zum Jas de Bouffan, wo er fast 40 Jahre lang lebte. Sein „Atelier Les Lauves“, natürlich mit Blick auf den Sainte-Victoire, befand sich etwa zwei Kilometer außerhalb von Aix. Es wird heute museal geführt und kann besichtigt werden. Auch sein Stammcafé, das „2G“, wie es Eingeweihte nennen, hat noch immer geöffnet, dessen altehrwürdiger Louis-Philipp-Saal steht unter Denkmalschutz. Auf Grund seiner Geschichte und seiner berühmten Gäste in der Vergangenheit – darunter auch Zola, Picasso oder Churchill – genießt es Kultstatus. Wirklich gerecht wird das gastronomische Angebot diesem aber nicht. Eine wenig überzeugende Gastfreundschaft macht aus dem einstigen Künstlertreff eine schmucke Touristenabfertigung.
Müßiggang leicht gemacht
Um die mediterrane Leichtigkeit der Kulturmetropole aufzusaugen, gibt es viele Gelegenheiten. An Dienstagen lockt in der Altstadt der idyllische Gemüse- und Delikatessenmarkt am „Place Richelme“. Die ideale Chance um authentische Produkte der Provence zu kaufen und danach bei einem „Café au Lait“ und einem „Pain au Chocolat“ in einem der angrenzenden Lokale den Tag auf sich zukommen zu lassen. Der Platz ist mit seinen netten Bars auch ein guter Ort um einen abendlichen Aperitif, womöglich einen Pastis oder ein Glas Wein, mit ein paar Bissen selbstgemachter Oliventapenade zu sich zu nehmen. Wer in Aix mit offenen Augen unterwegs ist, wird immer wieder „den perfekten Ort“ finden, um sich dem Müßiggang zu verschreiben und die Sonnenstrahlen in einem Gastgarten oder auf einer öffentlichen Parkbank zu genießen. Die entspannte Lebenslust mediterraner Straßenszenen ist einzigartig.
Viele Ausflugsmöglichkeiten rund um Aix
Aix ist nicht nur ein genialer Ort, um sich im Hier und Jetzt zu verlieren. Die Stadt bietet auch viele Möglichkeiten um die angrenzende Region zu erkunden. Die Provence ist für ihre Rosé-Weine weltberühmt: drei Appellationen und 600 Winzer mit wunderschönen Weingütern fügen sich in die hügelige Landschaft ein. Besonders angesagt ist das „Château La Coste“, das von der irischen Investorenfamilie McKillen gekauft, neu ausgerichtet und mit einem eindrucksvollen Kunstzentrum erweitert wurde. Künstler aus aller Welt werden dazu eingeladen, ihre Ideen am Anwesen zu verwirklichen. Das Ergebnis ist ein Skulpturenpark der Extraklasse mit Werken von Franz West, Tom Shannon, Sean Scully, Louise Bourgeois und anderen. Eineinhalb Stunden dauert die Führung, danach genießt man hervorragenden Wein in einem futuristischen Hauptgebäude, konzipiert von Tadao Ando. (www.chateau-la-coste.com)
Einen Ausflug wert ist natürlich auch der von Aix 70 km entfernte Berg, Sainte-Victoire. Wer seinen Gipfel besteigen möchte, fährt nach Vauvenargues, jenem kleinen Ort am Fuße des Berges, in dem Pablo Picasso einst ein Schloss besaß. Der Aufstieg dauert etwa eineinhalb Stunden, die spektakuläre Aussicht vom Gipfelkreuz „La Croix de Provence“ entschädigt den mühsamen Weg.
Aix liegt im Zentrum der Provence, so gut wie jede Stadt und jeder Ort ist mühelos in kurzer Fahrtzeit erreichbar. Nach Marseille sind es gerade einmal 40 Minuten, nach Nizza eineinhalb Stunden. Ein Geheimtipp ist ein Ausflug nach „Cardière-d’Azur“, ein kleiner mittelalterlicher Ort im Hinterland von Bandol. Berühmt ist dieser aber nicht nur wegen seiner historischen Altstadt, sondern gleichermaßen für das Michelin-Stern-Restaurant von René Bérard und dessen Sohn Jean-Francois.
„Le Pigonnet“ – das legendäre Hotel in Aix-en-Provence
Das „Pigonnet“ ist das älteste 5-Sterne-Hotel der Stadt und wurde über Generationen hinweg als Familienunternehmen geführt. Vor wenigen Monaten hat die Familie ihr Lebenswerk verkauft Haupteigentümer ist nun Hollywood-Star Christopher Lambert, der sich damit einen lang gehegten Wunsch erfüllt: ein eigenes Hotel nach seinen Vorstellungen umzusetzen. Und eines ist klar: Man darf sich viel erwarten, denn Lambert wohnte zeit seiner Schauspielkarriere ausschließlich in Hotels. Als Direktorin fungiert seine Tochter Tatiana Halimi. Während der familiäre Charme des Hauses erhalten bleiben soll, setzt man gastronomisch zu neuen Höhenflügen an. Das „Pigonnet“ soll in Zukunft für sein Restaurant gleichermaßen berühmt werden, wie es bereits für seinen traumhaften Park und seine luxuriösen Zimmer ist. Aus diesem Grund geht der „Highlander“ mit Küchenchef Thierry Balligand immer wieder auf Recherchereise. Erst kürzlich war man in Paris und testete etliche Sterne-Restaurants. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, gekocht wird authentisch provenzalisch, jedoch mit einem gehörigen Schuss Innovation und Leichtigkeit.
Das „Pigonnet“ führt seine Gäste in Versuchung: Es entspricht der romantischen Vorstellung von einem Provence-Urlaub dermaßen, dass man Gefahr läuft seine Urlaubstage ausschließlich im Hotel zu verbringen. Zu verlockend ist das Setting des traumhaften Parks mit seinem schicken Swimmingpool. Na gut, im Winter und im Frühjahr sind Badetage ohnehin keine Option – könnte man meinen. Da der Pool beheizt ist, und Temperaturen um die 20 Grad ab Februar keine Seltenheit sind, bleibt das Risiko bestehen, auf Erkundungstouren zu verzichten und einfach in den Tag hineinzuleben. In einem gemütlichen Liegestuhl mit einem Glas Rosé und Blick durch malerische Pinienalleen auf das Lieblingsmotiv von Paul Cézanne.
www.hotelpigonnet.com
Text: Stefan Zavernik