Nach Lehrjahren bei den damals besten Köchen der Welt, Paul Haeberlin in Illhaeusern und Paul Bocuse in Lyon, wurde der Österreicher Eckart Witzigmann selbst zum gefeierten Star der internationalen Gourmetszene und schrieb mit seinem damaligen Restaurant „Aubergine“ Küchengeschichte. Als Auszeichnung für sein außergewöhnliches Lebenswerk wurde er zum „Jahrhundertkoch“ ernannt. Wir besuchten den Grandseigneur der Kochkunst in der Küche des Ikarus im Salzburger Red Bull Hangar-7, wo er die Patronanz für das wohl spannendste Restaurantkonzept der Welt übernommen hat.
Im Hangar-7 kochen die erfolgreichsten Köche der Welt unter Ihrer Patronanz – warum gibt es eigentlich kein Menü von Jahrhundertkoch E. Witzigmann?
Im Hangar-7 stehen die monatlichen Gastköche mit ihrer Küchenphilosophie und kulinarischen Darbietung im Mittelpunkt. Die Aufmerksamkeit soll allein dem jeweiligen Gastkoch gewidmet sein. Auch gehört das Feld Roland Trettl und seiner Crew im Monat August. Zusätzlich bieten wir nebenbei ein erstklassiges Ikarus-Menü, sowie immer ein Menü für Vegetarier.
Reizt es Sie eigentlich, selbst wieder hinter dem Herd zu stehen – wieder ein eigenes Restaurant zu führen?
Sicher juckt es mich hin und wieder einmal, aber ich habe keine ernsthaften Ambitionen mehr und wenn mich der Herd ruft, dann erledige ich das ganz privat bei mir zuhause.
Für viele professionelle Küchenchefs aber auch leidenschaftliche Hobbyköche sind Sie ein großes Vorbild – was macht einen guten Koch grundsätzlich aus?
Ich kann hier nicht für alle meine Kollegen sprechen, aber Kochen – ob privat oder als Beruf – setzt eine gewisse Leidenschaft, Passion, Kreativität, handwerkliche Perfektion, Belastbarkeit, Durchsetzungsvermögen und immer das optimale Produkt auf dem Tisch voraus. Auch Neugierde und Ausdauer. Und wer das alles nicht mitbringt, sollte lieber einen anderen Beruf oder ein anderes Hobby wählen. Und dann sollte man auch das, was man tut, mit aller Konsequenz verfolgen und sich nicht so schnell vom Weg abbringen lassen.
Wie viel Aufwand ist einem Hobbykoch zuzumuten – empfehlen Sie zum Beispiel Fonds selbst zu machen? Ist es legitim in gewissen Fällen zu halbfertigen Produkten zu greifen?
Das muss jeder für sich selbst entscheiden, das hängt ja auch davon ab, wie viel Zeit jemand hat oder wie gut er sein Hobby beherrscht. Legitim ist alles. Es nutzt doch nichts, wenn der ambitionierte Hobbykoch alles selbst von Anfang an zubereiten will, aber dann das Essen erst um 23.30 Uhr serviert werden kann. Man kocht doch auch, um anderen eine Freude zu bereiten und nicht egomanisch sein Können am Herd zu präsentieren. Abgesehen davon koche ich meine Fonds selber.
Welchen Stellenwert hat die Ausstattung der Küche? Macht gutes Equipment vieles leichter, oder ist es Grundvoraussetzung?
Grundvoraussetzung ist, dass der Koch halbwegs Ahnung hat, von dem was er tut oder tun will. Was nutzt denn eine perfekt ausgestattete Küche und ein japanisches Messer für 700 Euro, wenn man nicht gelernt hat mit den Produkten umzugehen oder zu wissen, was man damit tun kann. Beim Fußball hört man immer den Spruch, Geld schießt keine Tore, beim Kochen garantiert die teuerste Küche noch lange nicht den großen Genuss.
Was empfehlen Sie Köchen um an neue Rezepte zu gelangen? Es scheint, als wären die Ideen vieler Kochbücher fast unmöglich umzusetzen?
Der Besitz von Kochbüchern garantiert noch lange nicht, dass man das alles tadellos auf die Teller bekommt. Es gibt inzwischen eine solche Vielzahl von Kochbüchern, dass der Kunde sich, bevor er überhaupt ans Aussuchen geht, sehr genau Gedanken über seine Ansprüche machen sollte. Will er Hobby- oder Profi-Rezepte? Oder nur ein hübsches Buch zum Durchblättern? Kochen ist „learning by doing“. Schritt für Schritt. Und viele Leute neigen leider dazu, sich da etwas zu überschätzen. Das ist ähnlich wie beim Motorradfahren. Wer nur 125er-Maschinen beherrscht, sollte keine Zeit bei den 500ern vertun. Das meine ich sehr ernst. Wer die ersten Schritte am Herd macht, darf sich ruhig auch nach einem Kinderkochbuch umsehen. Da ist oft alles wunderbar erklärt. Wichtig für Anfänger ist mindestens eine gute Bebilderung der einzelnen Schritte. Schließlich ist nichts frustrierender als ein Werk, das seinen Nutzer überfordert. Beim Kochen macht nur Übung den Meister, vom Betrachten der Fernsehbilder hat noch nie jemand kochen gelernt.
Wie sehr ist für Sie ein gutes Essen von der Tischgesellschaft abhängig, mit der es eingenommen wird?
Da soll jeder nach seiner eigenen Facon selig werden! Ich esse im Zweifelsfalle lieber alleine, als mir von miesepetrigen Zeitgenossen, die nur das Haar in der Suppe suchen, den Abend verderben zu lassen. Auf der anderen Seite kann eine lustige, beschwingte Tafel den Genuss deutlich steigern. Für mich muss vieles passen, die Begleitung, das Gespräch, der Rahmen, die Tischkultur, die Beleuchtung, das Getränk, dann kann das einfachste Essen ein Genuss sein.
Was würden Sie niemals essen?
Sag niemals nie, aber für mich ist die Frische der Lebensmittel ein ganz gewichtiges Kriterium. Und was dieses Kriterium nicht erfüllt, esse ich nicht.
Wie aufwendig kochen Sie zu Hause? Hausmannskost oder Sterneküche?
Das hängt maßgeblich von meinem Gemütszustand und von meiner Grundverfassung ab. Das reicht von einem gemischten Salat, über ein Nudelgericht bis zu einem Perlhuhn mit schwarzen Trüffeln unter der Haut. Im Grunde wird mein Speiseplan jedoch von den Jahreszeiten und vom Angebot auf dem Münchner Viktualienmarkt diktiert. Grundsätzlich achte ich aber auf Qualität und Frische.
Was kochen Sie, um eine Frau zu beeindrucken?
Wer in meinem Alter noch versucht, eine Frau mit Kochen zu beeindrucken, hat die langen Jahre vorher etwas verkehrt gemacht. Eigentlich sind Frauen, gemeinsam mit Essen und Trinken, die drei schönsten Dinge im Leben. Ein hübsch gedeckter Tisch, Ambiente, Gespräch und Spaß daran zu haben, ist für mich in diesem Fall eine Voraussetzung für eine harmonische Beziehung. Aber die Frage könnte ihnen meine Freundin Niki besser beantworten…