Start Kunst & Kultur Ausstellung Messe Graz: „Ich sehe wunderbare Dinge“

Ausstellung Messe Graz: „Ich sehe wunderbare Dinge“

Die goldene Maske des Pharao

Mit der Ausstellung „Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze“ gastiert momentan eine der größten Tourneeausstellungen unserer Zeit in Graz. Das Kulturhighlight gewährt tiefe Einblicke in die Archäologie des antiken Ägyptens – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Vernissage Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze, Messe Graz ©MCG, Wiesner (16) (Medium)

Das Alte Ägypten – Faszination und Rätsel zugleich. Als eine der ersten Hochkulturen der Menschheitsgeschichte zeichneten sich die alten Ägypter bereits durch einen gut organisierten Staat und eine beispiellose Zivilisation aus. Hieroglyphen, monumentale Bauwerke, farbenprächtige Malerei und eindrucksvolle Plastiken bilden ihr Vermächtnis für die Ewigkeit. „Haus der Ewigkeit“ wurden auch die Grabanlagen, jene wahrhaft unglaublichen „Paläste des Jenseits“ genannt, die Jahrtausende später Wissenschaftler und Laien gleichermaßen in Staunen versetzen sollten. Mit der aktuellen Ausstellung Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze hat die MCG (Messe Congress Graz Betriebsgesellschaft m.b.H) einen dieser Paläste des Jenseits, nämlich die Grabkammern des wohl bekanntesten Pharaos der Welt, nach Graz geholt.

Detailgetreue Nachbildung der Totenkammer
Detailgetreue Nachbildung der Totenkammer

Vom vergessenen Pharao zur Pop-Ikone des Alten Ägyptens

Die Geschichte des Tutanchamun beginnt Ende der 18. Dynastie, an einer historischen Schnittstelle des Alten Ägyptens. Nachdem das Land zu Beginn des Neuen Reiches durch legendäre Pharaonen wie Ahmose, Thutmosis III. und Amenophis III. eine wahre Blütezeit erfuhr und zur Weltmacht avancierte, löste die Herrschaft Amenophis IV. (1353 – 1336 v. Ch.), der sich später in Echnaton umbenannte, ein politisches Chaos aus. Schuld daran war der radikale Bruch des Königs mit den bisherigen Traditionen. Echnaton verlegte den Regierungssitz von Theben nach Achetaton (heute Tell el-Amarna), schaffte die Göttervielfalt ab und stellte den Tempelkult ein. Stattdessen setzte er die Verehrung der Strahlensonne Aton als einzige Gottheit durch. Drei Jahre nach dessen Tod bestieg Tutanchamon, vermutlich ein Sohn des Echnaton, mit etwa acht Jahren den Thron. Die Regentschaft erwies sich außenpolitisch als unspektakulär, im Inneren des Reiches bemühte sich Tutanchamon allerdings um Restauration. Um das Land zu stabilisieren, führte er die alten Götterkulte wieder ein und verlegte den Regierungssitz von Amarna nach Memphis, der ersten Hauptstadt in der Frühzeit. Etwa 18-jährig starb der König vermutlich infolge einer schweren Knieverletzung. Trotz seiner innenpolitischen Bemühungen tilgten spätere Könige seinen Namen in Inschriften. Da er zur Amarna-Zeit gezählt wurde, sollte er im Bewusstsein der Nachwelt ausgelöscht werden. Tutanchamun geriet in Vergessenheit. Über 3.000 Jahre lang – bis zum 4. November 1922, als der britische Archäologe Howard Carter sein Grab im Tal der Könige entdeckte. Der sensationelle Fund machte Tutanchamun zum Inbegriff des Pharaos. Zur Pop-Ikone des Alten Ägyptens, deren Name ganze Hallen zu füllen vermag und deren Geschichte noch lange nicht zu Ende erzählt ist.

TUT Zürich best (30) (Medium)

Der Höhepunkt einer sechs Jahre langen Suche

Nur eine kleine Öffnung in der Wand. Zunächst konnte Howard Carter nichts erkennen. Die Kerze flackerte unruhig im Luftzug, der aus der Kammer entwich. Schließlich gewöhnten sich seine Augen daran. Stille. Lord Carnarvon, der Finanzier dieses Unterfangens, konnte die Ungewissheit nicht länger ertragen und fragte: „Können Sie etwas sehen?“ – „Ja, wunderbare Dinge!“

Tutankhamun_02 (Medium)
Imposant: Der Sarkophag

Diese knappe Antwort des wohl berühmtesten Archäologen aller Zeiten steht für den Höhepunkt einer sechs Jahre langen Suche. Bis heute zählen das Grab des Tutanchamun und seine Schätze zu den bedeutendsten Entdeckungen der Archäologie. Die Ausstellung Tutanchamun – Sein Grab und die Schätze holt allerdings nicht nur die Grabschätze, in Form von rund 1.000 Repliken, nach Graz, sondern lädt die Besucher ein, den Moment der Entdeckung selbst zu erleben.

Ausstellung und Inszenierung zugleich

Die Schau vereint auf einer Fläche von 2.000 Quadratmetern, was selbst in Ägypten nur getrennt zu sehen und zu erleben ist: die Grabschätze im Kairoer Museum und das eigentliche Grab im Tal der Könige. Die Rekonstruktion der drei Grabkammern bietet die einzigartige Gelegenheit, den Grabschatz und die Anordnung der Grabbeigaben in originaler Aneinanderreihung und Arrangement zu bestaunen – exakt so, wie Carter sie 1922 vorgefunden hat. Im zweiten Ausstellungsteil werden die wichtigsten Funde als Replikate noch einmal anschaulich dargestellt. Zu den imposantesten Prunkstücken zählen zweifelsohne der Quarzitsarkophag, die drei Särge, die Schreine sowie die weltberühmte Goldmaske. Alle Ausstellungsobjekte wurden in mehrjähriger Arbeit von ägyptischen Kunsthandwerkern und in Kooperation mit den wissenschaftlichen Leitern der Ausstellung, Martin von Falck und Wolfgang Wettengel, detailgetreu und wie zu Zeiten der Pharaonen in Handarbeit gefertigt.

Vernissage Tutanchamun - Sein Grab und die Schätze, Messe Graz ©MCG, Wiesner (21) (Medium)Die Ausstellung präsentiert keine Originale. Dafür ermöglicht sie Erfahrung und Emotion. Repräsentation statt Präsentation. Unterhaltung und Wissen – für fachkundige Historiker wie für Schulklassen. Durch die dreidimensionale Rekonstruktion der Fundsituation in Verbindung mit multimedialen Elementen wie Film und Hörführung wird der Besucher zum Schatzgräber und entdeckt das Grab 94 Jahre nach der Entdeckung quasi ein zweites Mal – eine Nachbildung des historischen Augenblicks sozusagen, die sich anfühlt wie ein Original. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis 27. Juli 2016.

Tutanchamun – sein Grab und die Schätze

noch bis 27. Juli 2016

Ausstellungsort Messe Graz – Halle A, Messeplatz 1, 8010 Graz / Di–So, 10–18 Uhr (letzter Einlass: 16.30 Uhr), außer am 16.5. (Pfingstmontag)

Karten: 01 960 962 34, www.showfactory.at, Tageskasse / Tickets für Gruppen und Schulklassen unter Tel. 01 960 963 00

www.tut-ausstellung.at

Text: Kerstin Hatzi