Stockholm – hier wird mit neuen Trends in Musik, Design, Mode und Technik die Zukunft gestaltet und von hier aus treten Innovationen ihren Siegeszug um die Welt an. Von der bewegten Stadtgeschichte hingegen zeugen attraktive Bauten, Museen, das Königsschloss und die mittelalterliche Altstadt Gamla Stan. Trendige Bars und international renommierte Restaurants befinden sich gleich neben historischen Cafés und gemütlichen Kneipen. Für Einkaufslustige gibt es moderne Galerien und exklusive Kaufhäuser, aber auch kleine Boutiquen und originelle Lädchen. Die Bühnen und Stadien locken schwedische wie internationale Stars in die Stadt. Der Veranstaltungskalender ist prall gefüllt.
Once again in Sweden
Diese Woche lang lebt die Stadt das Motto „COME TOGETHER” des Eurovision Song Contest 2016. Letztes Jahr gewann in Wien Måns Zelmerlöw den internationalen Musikbewerb und brachte ihn zum bereits sechsten Mal nach Schweden. 1974 schaffte das zum ersten Mal ABBA und seit dem tut sich was in Schwedens Musiklandschaft. Das Land gehört mittlerweile zu den wichtigsten und größten musikexportierenden Ländern der Welt und Stockholm selbst betrachtet sich als Hauptstadt der Popmusik. 2012-2015 wurden unglaubliche 28 der am Song Contest teilnehmenden Lieder in Schweden komponiert. Diese Entwicklung in der Musik und ihre Entstehung wird auch in beiden Halbfinale auf eine sehr humorvolle und selbstironische Art und Weise in zwei Einspielungen, den Videos „Nerdnation“, kommentiert.
Europas Musikhauptstadt
Genau diese Fähigkeit zur Selbstironie ist es wohl, die Schweden zu einem der erfolgreichsten Länder in all den anfangs erwähnten Bereichen macht. Denn Selbstironie erfordert Selbstreflexion und die wiederum erfordert Arbeit an sich selbst und die Auseinandersetzung mit dem Menschen an sich. Das spiegelt sich z.B. in skandinavischer Mode und Design: praktisch, aber auch ästhetisch und erfrischend. Es ist auch kein Zufall, dass gerade hier viele berühmte und weltweit anerkannte Songwriter und Musikproduzenten ihr Zuhause haben. Housemusic-Legenden wie Eric Prydz, Maxwell, Sebastian Ingrosso oder Avicii, um nur einige zu nennen, treffen sich hier auf einen Kaffee und quatschen gemeinsam über zukünftige Projekte. „Die Stadt ist weltoffen und innovativ. Hat eine einzigartige Kultur der Kreativität, sie ist frei und gibt einem durch ihre Offenheit die Möglichkeit, sich so auszudrücken, wie es notwendig erscheinen mag. Das ist etwas ganz essentielles für Kreative, sei es in Kunst oder Technik”, so Lydia Winters (Brand Director bei Mojang, einem international erfolgreichen Computerspiel Entwickler). Von Alfred Nobel bis Ericsson – Innovation hat hier Tradition. Mittlerweile stehen Tech-Unicorns wie Spotify, Klarna, Skype uvm. als Beispiele dafür, was die Stadt alles fähig ist zu schaffen. Das Klima hier lädt viele verschieden Leute dazu ein, gemeinsam kreativ zu sein. Come together eben. Auch für die Realisierung einer Veranstaltung wie es der Eurovision Song Contest ist – nebenbei bemerkt die größte mediale Musikveranstaltung der Welt – bedarf es vieler Menschen, die zusammenkommen und gemeinsam an einer Sache arbeiten. 220 Menschen sind allein an der Fernsehübertragung des Song Contest beteiligt. 22 Kameras, 134 Lautsprecher, 64 Mikrofone und 1397m an Trägern, die der Aufbau in der Globe Arena verlangt, sage und schreibe 143km an Kabeln, um nur ein paar Zahlen zu nennen. Eine riesen Spektakel also, auch wenn Wien, was mir ständig von Journalisten und Fans bestätigt wird, die Messlatte sehr hoch gelegt hat.
Ein Sprungbrett einst und jetzt
Es ist sicherlich kein Zufall, dass jedeR KuenstlerInn in den unzähligen Interviews, die sie hier geben, ich schätze die Zahl liegt irgendwo über hundertfünfzig, genau das so besonders erwähnen und mehrmals hervorheben. Der Song Contest inspiriert und verbindet Nationalitäten, Kulturen und Sprachen. Das macht seine Faszination aus, die auch Österreichs Teilnehmerin in diesem Jahr – Zoe – mittlerweile mitgerissen hat. Und der Contest war, ist und bleibt vor allem eines: ein Sprungbrett für die internationale Karriere. Nach ihrem Einzug ins Finale hat sie, bei der obligatorischen Pressekonferenz auf die Frage hin, ob sie denn noch einmal für Österreich antreten würde, geantwortet: immer und immer wieder sehr gerne! Keine Seltenheit übrigens beim Song Contest, Johnny Logan gewann den Contest zwei Mal für Irland (1980 & 1987).
Bei Buchmachern immer beliebter
Zoe mausert sich hier in Stockholm auf alle Fälle immer mehr zu einem Star. Mit jedem Interview gewinnt die 19-jährige Wienerin mehr Fans mit ihrer freundlichen und entzückenden Art. Alle kennen und singen ihren Song, finden es großartig, dass sie auf Französisch singt, und würde die Beliebtheit bei den Journalisten und Akkreditierten ein Indikator sein, dann landet sie unter den Top 5. Manche Fanclubs, so wie der Deutsche OGAE (Organisation Générale des Amateurs de l’Eurovision) wünschen ihr gar den Sieg. Bis zum Finale am Samstag wird Zoe noch acht Mal auf der Bühne in der Globe Arena ihren Song performen (Proben, Familienshows, Juryshows). Hinzu kommen die Auftritte im Euro Village und im Euro Club. Die Tage hier sind lang für die TeilnehmerInnen, die dafür genutzt werden, jeden Tag von Auftritt zu Auftritt immer mehr zu überzeugen. Professionalität ist gefragt, denn wenn man zum hundertsten Mal dieselbe Frage beantworten muss, muss das trotzdem mit einem Lächeln gemacht werden. Wenn das dann auch noch authentisch ist, wie bei Zoe, dann gewinnt man Tag für Tag mehr Stimmen für sich.
Der Weg zum Sieg
Damit die Reihenfolge für das Finale festgelegt werden kann, ziehen die weitergekommenen KandidatInnen übrigens im Rahmen einer Pressekonferenz ein Los welches festlegt, in welcher Show-Hälfte sie am Samstag auftreten. Begehrter ist die zweite Hälfte, da statistisch gesehen mehr Zuschauer eingeschalten haben. Ob Zoe Chancen auf den Sieg hat? Der Contest hat eigene Gesetze, und auch wenn die Buchmacher oft richtig liegen, so ist ein Überraschungscoup nicht ausgeschlossen. Ich genieße bis zur Entscheidung jedenfalls diese wundervolle Stadt. Was mir überhaupt nicht schwer fällt, denn Stockholm ist eine pulsierende Großstadt und eine Naturoase zugleich. Hier, wo Meer und See sich berühren, ist das Wasser niemals fern. Parks und Grünflächen gibt es in Hülle und Fülle, gefühlt mindestens genauso viele wie weiße Boote und Schärengärten. Stockholm ist eine Stadt für alle. In diesem Sinne: COME TOGETHER!