Von 9. bis 17. Juli setzen die Internationale Bühnenwerkstatt und das Internationale Tanztheaterfestival die steirische Landeshauptstadt in Bewegung. Zahlreiche Performances an unterschiedlichen Plätzen zeigen zeitgenössischen Tanz von internationalem Format.
Seit einem viertel Jahrhundert ist das Internationale Tanztheaterfestival einerseits Kommunikationsfaktor mit der Öffentlichkeit und andererseits Anziehungspunkt für international renommierte Künstler und Dozenten, ihre Arbeiten in oft unvermutete Räume von Graz zu stellen. Ergänzend bietet die Bühnenwerkstatt Künstlern örtlich einen Raum, der kreativ und experimentell zu bespielen ist.
Tanz – zeitgemäß und berührend.
Der zeitgenössische Tanz war in Graz vor 1990 schlichtweg nicht existent. Aus dieser Lücke heraus gründete Ursula Gigler-Gausterer gemeinsam mit Elio Gervasi die Internationale Bühnenwerkstatt als Tanztheater-Plattform für zukünftige TänzerInnen und SchauspielerInnen in Graz, der sie bis heute als künstlerische Leiterin vorsteht. Die Gründung war der Inkubator dafür, hochkarätigen, internationalen, zeitgenössischen Tanz in die Steiermark zu holen, sowie junge hier ansässige KünstlerInnen zu fördern, auszubilden und einen nachhaltigen nationalen und internationalen Austausch in einem wachsenden Partnernetzwerk zu schaffen. In den 25 Jahren seit der Gründung entwickelte sich eine Institution, die aus dem steirischen Kulturgeschehen nicht mehr wegzudenken ist. Mit der eigenen Tanzkompanie BWST unternahm man den Versuch eines ganzjährigen Tanzbetriebes. Mit Erfolg. Die Produktionen mit nationalen und internationalen KünstlerInnen machen Graz zum Geheimtipp für modernen Tanz. Die Koproduktionen mit internationalen Institutionen führten die steirischen TänzerInnen von nationalen Festivals bis zu den Weißen Nächten nach St. Petersburg.
Erfolgreiche Rückkehr ins Theater im Palais (TiP)
Als das Internationale Tanztheaterfestival aufgrund der Generalsanierung des TiP in den Räumlichkeiten der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz 2010 von einem Tag auf den anderen wortwörtlich „auf der Straße“ stand, richtete sich die Konzentration des Festivals auf den öffentlichen Raum und konfrontiert diesen seither mit der Struktur, der Tradition und der zeitgenössischen Architektur im Stadtbild. Mit dem Wiedereinzug 2015 in das altbewährte TiP dürfen sich sowohl Akteure als auch das Publikum über eine Location freuen, wie sie geeigneter nicht sein könnte. Die Bühnenwerkstatt ist aber nicht nur Veranstalter des Tanztheaterfestivals und der Werkstätten, die jedes Jahr im Juli stattfinden, sondern geht beispielsweise mit dem biennal stattfindenden Projekt SHORTCUTS – Experimental Dance Film Festival for 360° Full Dome völlig neue Wege in eine filmisch noch nicht weitgehend erforschte Dimension. Seit 2009 arbeitet Gigler-Gausterer auch wieder verstärkt selbst als Choreografin und kreiert etwa mit dem KV Fönfrisur (einem steirischen Architekturkollektiv), einer Philosophin und 8 ProfitänzerInnen der steirischen Tanzszene das zweite Stück ihrer Trilogie „RaumKÖRPER/KörperRAUM“ – eine Fortsetzung des 2015 im Rahmen des Architektursommers uraufgeführten und prämierten Stücks „Ansichtssache“. Als künstlerische Leiterin der IG Tanz Steiermark initiierte sie in Zusammenarbeit mit der Szene überdies einen ganzjährigen offenen Trainingsbetrieb für die steirischen TänzerInnen und zeitgenössische Tanzperformance-Projekte in Graz und in den Regionen der Steiermark.
Workshops der Int. Bühnenwerkstatt
In den Werkstätten der Internationalen Bühnenwerkstatt bietet man Tanztraining für offenes und professionelles Niveau. Mit Dance4Kids etwa tanzen Kinder ab 6 Jahren aus der Reihe und entdecken spielerisch verschiedene Tanzarten- und sprachen. Health & Dance bietet ganzheitliches Körpererfahren, Wohlbefinden durch Selbstbewusstsein, Kraft und Präsenz und lässt aus dem Alltag abtauchen. Der Workshop Breathing and Moving geht in die Tiefe der Bewegungen und integriert die Atmung, und Sprechtechnik-Kurse beschäftigen sich mit Atem und Stimme. Mittels Release Ballett werden die Körperwahrnehmung sensibilisiert und anatomische Grundideen erforscht. Bei Contemporary African Dance dringt der Rhythmus ins Innere, weckt auf, verbindet mit den Elementen, macht frei und offen. 5Rhythmen™ ist eine sehr dynamische Bewegungsmeditation und Tanzpraxis mit dem Ziel, möglichst viele Menschen durch den Tanz zu mehr Bewusstheit und Achtsamkeit „zu verführen“. Im Workshop Contact Improvisation liegt der Fokus auf der Federung. Sowohl des Körpers als auch des Geistes. Shiatsu & Dance ist eine ganzheitlich orientierte Körperarbeit, wo mittels Neugier und Offenheit über Tanz und Berührung die innewohnenden Qualitäten der 5 Wandlungsphasen: Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser erfahren werden. Yoga & Dance verbindet Kundalini Yoga nach Yogi Bhajan, das auch als „Yoga des Bewusstseins“ bezeichnet wird, und Tanz als kreativen, schöpferischen Ausdruck unseres wahren Selbst. Junge und Junggebliebene bringt der Hip Hop-Star Johnny Vongratsavai in Bewegung. Kurse finden und buchen auf www.buehnenwerkstatt.at
PerformanceTermine 25. Internationales Tanztheaterfestival Graz im Theater im Palais
Do., 30. Juni, 18.30 Uhr – „Locus Corpus“, Tanzkompanie BWST: Walking through im Kunsthaus Graz
So., 10. Juli, 21 Uhr – Eröffnung der Int. Bühnenwerkstatt und Tanztheaterfestival
ConseQUENCE – Tanzcompany Gervasi (Premiere): getanzte Bilder im Open Space
EINTRITT FREI!
Mo., 11. Juli, 21 Uhr – „Farbenrausch“ – Cie. Seidler/Luise Kloos: interaktive Performance, bewegt, emotional, gehaltvoll & „Time is a Membrane“ – Cie. Harwood/Chung: The masters of Improvisation
- – 17. Juli, Foyer TiP – Dauerausstellung Luise Kloos
Di., 12. Juli, 21 Uhr, Open Space – „ConseQUENCE“ – Tanzcompany Gervasi: getanzte Bilder im Open Space & „Locus Corpus“ – Tanzkompanie BWST: Walking through
Mi., 13. Juli und Do., 14. Juli, 21 Uhr – „Xhuljeta pa Romeon“ – Love waits forever. The National Ballet of Kosovo in der Choreografie von Darrel Toulon: A story full of hope told by 20 dancers
Fr., 15. Juli, 21 Uhr – „Short Stories“ – Cie. Brogdon/Zeng: Rasant Bewegte Emotionen & „Think Fish“ – Cie. Laroque
Sa., 16. Juli, 21 Uhr – „Suites“ – Cie. Danielis: a highly physical and sensual approach to the music of J. S. Bach
Tanz in den Gärten – Tanztheater für alle, im Speziellen für Kinder
Freitag, 15. Juli, 16 Uhr – „Ella in der Zwischenwelt“ – Cie. ELLA im Garten der Kunstuniversität
Samstag, 16. Juli, 17 Uhr – Die Abenteuer von Moe und Loli – Cie. Moretto: Mozart begegnet Märchen im Augarten Park
Theater im Palais, Kunstuniversität Graz (Leonhardstraße 15, 8010 Graz) / Tickets: office@buehnenwerkstatt.at / Informationen: 0650 321 03 41 oder 0650 343 26 72 / Reservierung erforderlich.
www.buehnenwerkstatt.at
„ConseQUENCE“ – Cie. Elio Gervasi / Getanzte Bilder im Open Space
Das Ziel der KünstlerInnen ist, sich konzeptionell ausgerichtetem, extremem Raum und Objektdefinitionen auszusetzen, um neue emotionale, skulpturale und thematische Bezüge und vor allem auch neue Gewichtungen im Bewegungsspektrum zu erfahren. Thematisch veränderte Räume werden sich auf die Bewegungen der TänzerInnen irritierend, bereichernd und sowohl minimalisierend wie auch vergrößernd, zeitintensivierend auswirken.
„Xhuljeta pa Romeon” – National Ballet Kosovo / Love waits forever
Der ehemals in Graz gefeierte künstlerische Direktor der Grazer Oper, Darrel Toulon, inszeniert mit Tänzerinnen und Tänzern des National Ballett Kosovo die wunderbare Liebesgeschichte von Romeo & Julia, übersetzt in eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte zweier Familien, zweier Länder. Eine Geschichte voller Hoffnung, erzählt von 20 Tänzern.
„Short Stories“ – Cie. Brogdon / Zeng / Ein rasanter Wechsel von bewegten Emotionen
Die dynamischen und emotional aufgeladenen Tänzer Challyce Brogdon und Xianghui Zeng entführen die Zuseher auf eine Reise, deren Thema jeden betrifft: das Funktionieren einer Beziehung. “Short Stories” schildert die Geschichte von Liebenden, die trotz des Einflusses der Gesellschaft ihren eigenen Weg des Zusammenlebens gehen. Eine vielschichtige Produktion mit Elementen aus Theater, Live-Musik und einem Mix verschiedener Genres von Ballett, Hip Hop und Jazz.
„Time is a membrane“ – Cie. Harwood / Spontan, überraschend, lustvoll
Zeit – gleich einer Membran – hat eine gut definierte Struktur. Denkbar flexibel, mit einem möglicherweise durchdringbaren Konstrukt. Nachdenklich über die räumliche und geometrische Natur von Zeit als Punkt, Linie, Oberfläche, Volumen und mehr, improvisieren Andrew Harwood und Ray Chung. Umrahmt von den Begriffen des Zeitlichen. Wie Membranen umhüllt uns Zeit, verbindet verschiedene Aspekte des Körperlichen, von Bewegung und Stillstand.
LOCUS CORPUS – Walking through
Die Ausstellung Bittersüße Transformation im Kunsthaus behandelt den Körper als Ursprung alles Erfahrbaren. Den TänzerInnen eröffnet sich im Rahmen des 25. Int. Tanztheaterfestivals ein Möglichkeitsraum in seiner architektonischen Struktur. Der Betrachter begibt sich in den Denkraum und begleitet die KünstlerInnen (Liz King, Xianghui Zeng & Jessica Moretto) in den Erfahrungsraum, wo Choreografin Ursula Gigler-Gausterer als Körperarchitektin interveniert. Die Exponate stellen ein Spannungsfeld zwischen den Urtrieben von Lust und Todessehnsucht als erotische Quelle des Schaffens dar.