Start Kunst & Kultur 80-Kultur-Thema: Wie geht es weiter mit dem Grazer Künstlerhaus?

80-Kultur-Thema: Wie geht es weiter mit dem Grazer Künstlerhaus?

LR Buchmann mit dem aktuellen Intendanten Sandro Droschl.

Das Kulturressort schreibt die Leitung für das Künstlerhaus Graz neu aus. „Achtzig“ sprach mit Christian Buchmann über die bisherige Entwicklung der Institution, neue Perspektiven und weitere kulturpolitische Zielsetzungen.

Wie zufrieden waren Sie mit der letzten Spielzeit im Künstlerhaus und dem Konzept von Intendant Sandro Droschl?

Ich bin sehr zufrieden, dass wir das Künstlerhaus aus seinem Dornröschenschlaf wachküssen konnten und seitens des Landes jenen Treibstoff investiert haben, damit es auch von der baulichen Substanz her wieder seinem Namen gerecht wird. Zudem haben wir gesagt, dass wir es auch inhaltlich völlig neu bespielen wollen. Wir wollten junge, experimentelle Kunst, wir wollten die Vernetzung und wir wollten auch die Künstlervereinigungen weiter im Haus haben. Ich denke, diese Ziele sind aufgegangen. Ich glaube, dass Sandro Droschl mit seinem Team gute Arbeit leistet und dass das Investment seitens des Landes ein richtiges war.

„Der Blick über den Tellerrand ist vernünftig“ LR Christian Buchmann
„Der Blick über den Tellerrand ist vernünftig“
LR Christian Buchmann

Gibt es bei der Institution, wie sie heute dasteht, in ihren Augen Optimierungspotenzial?

Es gibt immer Dinge, die man verbessern kann. Die Entwicklung der vergangenen Jahre ist aber eine sehr positive und ich denke, dass das Künstlerhaus auf einem guten Weg ist.

Ist es theoretisch möglich, dass Herr Droschl das Künstlerhaus weiterhin leitet?

Das ist eine offene Ausschreibung. Es gibt keine Periodenbegrenzung. Theoretisch könnte sich auch Sandro Droschl wieder bewerben. Ich werde wieder das Kulturkuratorium bitten, die Bewerbungen entsprechend zu evaluieren und mir eine Expertise zu geben, die Bewerbungen entsprechend evaluieren und dann werden wir die Bestellung mit Jahreswechsel vornehmen.

Wenn es ein neuer Leiter wird: Soll er aus der Region kommen oder von Außen?

Es soll das beste Konzept umgesetzt werden.

Gibt es eine Zielsetzung bezüglich der Besucherzahlen? Sollen diese unter der neuen (alten) Leitung deutlich angehoben werden?

Ich wünsche mir immer mehr Besucherinnen und Besucher. Man muss aber dazu sagen, dass die Besucherzahlen seit der Wiedereröffnung von Jahr zu Jahr gesteigert werden konnten. Die Richtung stimmt also.

Bisher war das Künstlerhaus sehr international aufgestellt. Wäre es denkbar, dass in Zukunft mehr auf heimische Künstler eingegangen wird?

Ich glaube, dass die Vernetzung gut ist und auch wichtig im Selbstverständnis der Stadt. Graz war immerhin europäische Kulturhauptstadt im Jahr 2003 und wir haben ein kreatives Milieu in der Stadt. Das muss sich international vernetzen und in einem internationalen Kontext beweisen. Also ich halte diesen Blick über den Tellerrand schon für vernünftig.

Zuletzt meinte Bürgermeister Siegfried Nagl, ihm fehle ein Platz für die heimische Szene. Finden Sie, dass es Graz gut tun würde, wenn es ein Haus gäbe, das sich wirklich der steirischen Kunst verschreibt?

Ich freue mich, wenn die Stadt Graz zusätzlichen Raum schafft und den auch finanziert. Ich kann es nur nicht mitfinanzieren.

Eine weitere Institution steht in der Aufmerksamkeit: das Kunsthaus Graz. Es hat mit Frau Steiner eine neue Leitung bekommen. Wie, denken Sie, wird sich die Einrichtung verändern? Und: Was würden Sie sich im Sinne des Landes wünschen?

Ich sehe schon eine Hochstimmung, die mit Barbara Steiner gelingen könnte. Diese hat ganz klare Zielsetzungen: Sie will einerseits auf die Szene zugehen, andererseits natürlich das Thema der Architektur – aus dem Bereich kommt sie – mit dem Kunsthaus in einen neuen Kontext stellen. Ich bin aber nicht der Intendant der Intendanten. Ich bin für die gesamten Rahmenbedingungen zuständig. Mir war es wichtig, dass wir große zeitgenössische Kunsteinrichtungen nicht in einer Hand haben, sondern dass wir mehrere Akteure haben. Das könnte sich gegenseitig befruchten und auch gegenseitig ins öffentliche Bewusstsein bringen.

Es heißt, Sie hätten klare Ziele hinsichtlich der Besucherzahlen gesteckt. Was soll erreicht werden?

Für das Universalmuseum insgesamt möchte ich mittelfristig von 550.000 Besuchern auf 600.000 kommen. Aber die Zahlen alleine sind es nicht. Wir müssen jetzt mit dem gesamten Universalmuseum Joanneum in der Steiermark ankommen und das Kunsthaus hat natürlich ganz klar den Fokus auch auf internationale Gäste, auf ein Publikum außerhalb der Steiermark zu richten. Ich erwarte mir da schon eine Programmatik, damit wir auf der Landkarte wieder stark vertreten sind.

Um mit Kultur auf der internationalen Landkarte vertreten zu sein, sollte auch der Tourismus mithelfen?

Als Landesrat für Tourismus bin ich mir mit den Verantwortlichen in der steirischen Tourismusgesellschaft einig, dass wir künftig auf das Thema Kulturtourismus stärker setzen wollen. Da ist schon einiges möglich und das gehört eben auch vermittelt und beworben. Am besten mit Paketen, die ohnehin zum kleinen Latein der touristischen Vermarktung zählen. Diese Pakete müssen jedoch die Kunsteinrichtungen vom Angebot her vorgeben. Das kann nicht der Tourismus formulieren. Der Tourismus kann vermarkten, was an Angeboten da ist.


„Das Lokale im Internationalen stärken“

Das Engagement des Landes Steiermark war groß, als man vor vier Jahren in das Künstlerhaus investierte. Wurde die Zielvorgabe auch erreicht, Herr Droschl?

Wie zufrieden sind Sie mit der Positionierung des Hauses?

Als wir die Aufgabe übernommen haben, war das Künstlerhaus im realen und im inhaltlichen Sinne eine Baustelle, durch das adaptierte Untergeschoß stehen nun 700 m2 Ausstellungsfläche zur Verfügung. Wir wollten ein Haus für aktuelle, jüngere Kunst schaffen, das lokale Produktion auf Höhe des internationalen Geschehens zeigt. Es geht uns nicht um das isolierte Darstellen von steirischen Künstlern, sondern um das Einbinden in ein Programm, das überregionale Relevanz hat. Als Resümee von jährlich durchschnittlich 14 Ausstellungen, 7 Publikationen und einem wöchentlichen Rahmenprogramm bin ich mit unserer Arbeit an einer neuen Institution zufrieden.

Sandro Droschl, Intendant des Künstlerhaus. Halle für Kunst & Medien.
Sandro Droschl, Intendant des Künstlerhaus. Halle für Kunst & Medien.

Wie kann man junge steirische Kunst international fördern?

Man muss hier sorgsam Aufbauarbeit leisten. Bei unseren internationalen Shows versuchen wir, rund 20 % heimische Positionen einzubauen. Es bringt oft mehr, Junge in einen international diskutierten Kontext einzubinden, als ihnen einen eher beliebigen lokalen Schwerpunkt zu widmen. So sind auch die Einzelausstellungen steirischer Positionen sorgsam an das Oeuvre und seine Erfordernisse angepasst.

Ist das Haus der lebendige Treffpunkt, den man sich gewünscht hat?

Der Mix macht’s aus. Wir hatten im August die Eröffnung des „KünstlerInnenkollektivs ekw14,90“ in Raum D und dabei Presse sowie an die 150 Personen zu Gast. Erfreulich für eine Ausstellung, die auf unserer Förderschiene für jüngere steirische Kunst läuft. Gleichzeitig bedienen die Personalen von Darja Bajagic´ und Keren Cytter weitere Schwerpunkte wie SO-Europa und mediale Kunst und ziehen internationale Aufmerksamkeit auf uns, was vor Ort für Interesse sorgt. Auch Rahmenprogramm, Bookshop und Online-Präsenz werden gut angenommen.

Was sind die Ziele im Falle einer Wiederbestellung?

Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, daher nur allgemein: Wir konnten hier in den letzten Jahren ein neues Publikum aufbauen und daran gilt es konsequent weiterzuarbeiten. Man muss in der Programmgestaltung und im Vermittlungsbereich hellhörig sein, um lokale Spezifika mit internationalen Entwicklungen sinnvoll auszutauschen. Das Ziel liegt im Ausbau des Standings einer wesentlichen Kunstinstitution von lokaler und internationaler Ausstrahlung.

 


 

Wie soll es mit dem Grazer Künstlerhaus weitergehen?

titelbrett (Medium)
„In den letzten Jahren zog es mich nicht mehr ins Künstlerhaus, ich traf auch keinen, der mir erzählte, was er dort sah. Graz hatte einst mit Otto Breichas Kulturhaus in der Elisabethstraße einen weit ausstrahlenden Ausstellungsplatz. Für steirische Künstler bedeutete es eine Nobilitierung, von ihm in sein Programm aufgenommen zu werden. Seine Ausstellungen sind im Gedächtnis geblieben. Für das Künstlerhaus am Burgring, dem schönsten Ausstellungsraum in Graz, wünsche ich mir eine Führung, die Breichas Offenheit und Charisma besitzt, sein Wissen, seine Neugierde und auch seine scharfe Kritikfähigkeit. Und auch das Selbstbewusstsein, zu Kunst „made in Styria“ zu stehen, sie nach außen zu vertreten und zu positionieren.“ Gerald Brettschuh, Maler

 

„Das Künstlerhaus wurde für die Kunstvereine errichtet. Seit der Renovierung wurden den Vereinen nur noch befristete und verkürzte Termine zur Verfügung gestellt. Es wäre wünschenswert, den Vereinen und regionalen Künstlern mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Die Möglichkeit der Förderung von Talenten und jungen Künstlern sollte gegeben sein. Daher müsste der Zeitraum der Ausstellungsmöglichkeit verlängert werden – allen Vereinen und Künstlergruppen die Chance gegeben werden, sich in diesem Gebäude präsentieren zu können, wo auch Diskussionen über die dargebotene Kunst sowie Podiumsgespräche stattfinden könnten.“ Helga Hudin, Präsidentin der Sezession Graz
„Das Künstlerhaus wurde für die Kunstvereine errichtet. Seit der Renovierung wurden den Vereinen nur noch befristete und verkürzte Termine zur Verfügung gestellt. Es wäre wünschenswert, den Vereinen und regionalen Künstlern mehr Wertschätzung entgegenzubringen. Die Möglichkeit der Förderung von Talenten und jungen Künstlern sollte gegeben sein. Daher müsste der Zeitraum der Ausstellungsmöglichkeit verlängert werden – allen Vereinen und Künstlergruppen die Chance gegeben werden, sich in diesem Gebäude präsentieren zu können, wo auch Diskussionen über die dargebotene Kunst sowie Podiumsgespräche stattfinden könnten.“
Helga Hudin, Präsidentin der Sezession Graz

 

„RETURN: Bedenke! Am 3.9.2081 wird das Künstlerhaus Graz der Erde zurückgegeben. Die verbleibende „Inkubationszeit“ nutzen heisst: re-membering (solidarische Interessen und verloren gegangenes wiederfinden) und re-collection (einsammeln, wiederherstellen und zusammenfügen). Am 12.10.2011 (Tag der kulturpolitischen Sinnsuche „Bespielung! des Künstlerhauses“) zeigte Google-map auf die Suchanfrage „Künstlerhaus Graz“ zwei Orientierungspunkte: Ballon A mit Standort: Stadtpark Graz Toilettenhäuschen und Ballon B mit Standort: Burggring 2. Also zwei Bedürfnisanstalten! Das ist reversibles Denken & Handeln! Anfang & Ende eines fruchtbaren Kreislaufs.“ Joachim Baur, Künstler
„RETURN: Bedenke! Am 3.9.2081 wird das Künstlerhaus Graz der Erde zurückgegeben. Die verbleibende „Inkubationszeit“ nutzen heisst: re-membering (solidarische Interessen und verloren gegangenes wiederfinden) und re-collection (einsammeln, wiederherstellen und zusammenfügen). Am 12.10.2011 (Tag der kulturpolitischen Sinnsuche „Bespielung! des Künstlerhauses“) zeigte Google-map auf die Suchanfrage „Künstlerhaus Graz“ zwei Orientierungspunkte: Ballon A mit Standort: Stadtpark Graz Toilettenhäuschen und Ballon B mit Standort: Burggring 2. Also zwei Bedürfnisanstalten! Das ist reversibles Denken & Handeln! Anfang & Ende eines fruchtbaren Kreislaufs.“
Joachim Baur, Künstler