Im Frühjahr 2016 durfte unser Korrespondent Jimi Lend zwei Monate lang als steirischer Artist in Residence in Sarajevo verbringen. Für „Achtzig“ hat er exklusiv nach den besten Cevabdžinicas der wundervollen Weltstadt an der Miljacka gesucht.
Cevapi, bei uns gerne Cevapcici (kleine Cevapi) genannt, sind am Balkan in aller Munde, sind sie doch das traditionelle Nationalgericht der Kernländer des ehemaligen Jugoslawien. Wie die Österreicher das Kipferl, haben die Jugoslawen die Cevapi ursprünglich von den Ottomanen aus dem nahen Osten übernommen, liegt doch die Cevapi Wortherkunft im Kebap bzw. persisch kabab was soviel heißt wie braten.
Auf der Suche nach den besten Cevapis muss man nach Sarajevo, denn das ist die Stadt am Balkan, in der Orient und Okzident die perfekte Mischung eingehen und wo sich eine Cevabdžinica an die nächste reiht. Die vielgeprüfte Hauptstadt von Bosnien hat ihren Geist durch die schreckliche Belagerung des letzten Krieges nicht brechen lassen und präsentiert sich gegenwärtig als eine aufblühende, farbenfrohe Metropole, die das Erbe westlicher und östlicher Kultur nicht nur bewahrt hat, sondern die vielfältigen historischen Einflüsse in einem Klima der Toleranz und Weltoffenheit immer noch weiter zu neuen einzigartigen künstlerischen, architektonischen und kulinarischen Sensationen verspinnt. Auf der Suche nach den besten Cevapis (das verkleinernde -cici ist vor allem in Kroatien anzutreffen) lies ich mich einfach ohne Vorwissen durch die Stadt treiben und ließ mich, wo die Gaststube oder der Gastgarten mir nett ins Auge fielen, nieder, um immer wieder die gleiche Bestellung abzugeben: Veliki Cevapi (große Cevapi, 200 g), Kajmak (ein würziger Doppelrahm) und Gazirana Voda (Mineral). Die Preisspanne für dieses Standardmenü bewegt sich zwischen 8 und 10 Konvertiblen Mark was 4–5 Euro entspricht. Der Vergleich zu allen in Österreich hergestellten und gebratenen oder gegrillten Cevapis ist unzulässig, da sie nirgendwo auch nur annähernd so geschmackvoll gewürzt und leidenschaftlich zelebriert werden wie in Sarajevo.
Echte Cevapis sind aus Lammfleisch, aber sie sind auch köstlich aus Rind und sogar aus Schweinefleisch. Entscheidend für den Geschmack ist die perfekte Ausgewogenheit zwischen Zartheit und Bissfestigkeit, die durch die richtige Garzeit bei perfekter Hitze und einen angemessenen Fettanteil im Fleisch gewährleistet wird. Der ist auch wichtig für den fantastisch saftigen Fleischgeschmack, der durch feingeschnittenen Knoblauch seine typische Balkan-Note bekommt. Serviert werden die Fleischröllchen mit frischen Zwiebeln in selbstgemachtem Fladenbrot, wobei die Art wie die Cevas ins Brot gelegt werden fast immer variiert. Man isst die Cevapis mit Messer und Gabel und zerreißt das Brot mit den Fingern und man bestelle sich Kajmak, einen wohlschmeckenden Rahm, der direkt nach dem Melken und einer ersten Erhitzung der Milch abgeschöpft wird.
Die Restaurants im Überblick
Am meisten Auswahl in Sarajevo hat man in der Bašcaršija, in jenem osmanischen Teil der Stadt, der den Wiener Naschmarkt in vieler Hinsicht übertrifft und den die österreichischen Besatzer einst zum Glück nicht dem Boden gleichgemacht haben. Hier reiht sich ein Cevapigrill an den nächsten und die Vielfalt reicht von den kleingliedrigen, fast rechteckigen Banjaluka Cevapis in der Cevabdžinica Kastel bis zu den saftigen kleinen Fingern der Cevabdžinica Hodžic am Fuße des alten Vratnik-Viertels. Als Fußballfan lässt man sich natürlich auch die Zelio Cevapis schmecken, denn sie sind dem Stammverein unseres Jahrhunderttrainers Ivan Osim FK Željeznicar Sarajevo gewidmet. Das kulinarische Highlight im Basar sind die Cevapis von Dzenita, die keine ausschließliche Cevabdžinica ist und auch noch andere bosnische Köstlichkeiten, deren Beschreibung den Rahmen hier sprengen würde, serviert.
Weitere köstliche Cevapis findet man in allen Filialen der Fleischerei Maksumic, die sich an ein paar Ecken der Stadt befinden, und mein Geheimtipp, der nun für alle 80-Leserinnen und Leser nicht mehr geheim ist, ist die kleine Cevabdžinica v.r. MHS, die sich nach der Koševo-Straße ein bisschen den Berg hinauf, am Rande des Campus der medizinischen Fakultät, befindet. Hier findet man perfekt geformte Cevapis, von einer himmlischen Konsistenz, die weich und bissfest zugleich ist und so die besten Voraussetzung für ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis liefert. Also ab in Bahn, Flieger oder Auto und auf in eine der fantastischsten Städte des bekannten Universums! Dobar Tek!