Richard Kratochwill (1932–2014) war sowohl Künstler als auch unermüdlicher Kulturvermittler. Ihm widmete die Steirische Kulturinitiative eine Ausstellung von Roswitha Weingrill in Zusammenarbeit mit dem Forum Stadtpark, der nun eine Publikation folgt. Zu sehen sind Kratochwills Arbeiten noch bis 24. September im Kunsthaus Weiz.
An Richard Kratochwill, Künstler von österreichischem Rang und Kulturarbeiter in der Stadt Weiz, wird deutlich, dass ein solider künstlerischer Zugang und eine sozialpolitische Verankerung auch abseits größerer Städte qualitativ hochstehende, neue Kunst etablieren kann. Im Grazer Forum Stadtpark, dessen Gründungsmitglied Kratochwill war, zeigte die Steirische Kulturinitiative eine Ausstellung über seinen breiten Aktionsradius; in seiner Heimatstadt Weiz ist noch bis 24. September eine große Retrospektive zu sehen. Der viel beachteten Schau in Graz folgt nun eine Publikation mit Beiträgen von Richard Kriesche, Herbert Nichols-Schweiger, Heidrun Primas, Roswitha Weingrill und Gustav Zankl sowie umfangreichem Werk- und Dokumentationsteil.
Der Künstler als Kulturpolitiker
Kratochwill wurde als Sohn eines Elin-Arbeiters in Weiz geboren und begann früh, sich für das Zeichnen und Malen zu interessieren. Nach seiner Ausbildung bei ELIN (jetzt Siemens) wurde er mit dem dortigen Kulturreferat betraut. In seiner Freizeit widmete er sich verstärkt der Malerei und wurde durch die Freundschaft mit dem Weizer Maler Prof. Hannes Schwarz mit deren zeitgenössischen Tendenzen vertraut. So wurde er 1953 Gründungsmitglied der Malervereinigung „Junge Gruppe“. Ab 1954 leitete er das Kulturreferat der Stadtgemeinde Weiz und der ELIN-Union. Auch als Künstler entwickelte er sich stetig weiter. Die Stadt in ihren vielfältigen Erscheinungsformen übte immer schon besonderen Reiz auf ihn aus und in der frühen Serie „Budapester Impressionen“ sammelte er Eindrücke von den versteckten Hinterhöfen und unbekannten Winkeln dieser Stadt. In den folgenden Serien gewinnt sein malerischer Zugang zur Fotografie immer mehr an Bedeutung und seine Bilder werden zu fotografischen Collagen. Überblendungen, Doppelbelichtungen und Spiegelungen bestimmen die Bildgestaltung und hinzu tritt ein sozial- und gesellschaftskritischer Impetus, der vor allem auf die manipulierende Medien- und Konsumwelt abzielt.
Warum fotografiert jemand?
„Ein Motiv könnte sein: um einen vertiefenden Einblick in das gesellschaftliche Movens zu bekommen. Einfach hineinzufotografieren, um eine Erkenntnis herauszubringen. Kratochwill hatte ein Auge für gesellschaftliche Veränderungen gehabt. Die Kamera hat ihm auf abstrakterer Höhe einen Einblick in formale Bezüge der realen gesellschaftlichen Verhältnisse gewährt, um deren Veränderung zum Besseren es ihm letztlich ging“, so Richard Kriesche, Medienkünstler und Kooperationspartner von Kratochwill. „Wie gar nicht so wenig andere hatte Kratochwill eine sehr klare Kunstvorstellung. Deren Funktion war weit weg von der Stillung eines mehr oder minder gehobenen Unterhaltungsbedürfnisses mit der eingebauten Automatik eines Qualitätsdumpings. Die weitestgehende Freiheit der Kunst und der ernsthaft agierenden KünstlerInnen war für Kratochwill und die wenigen Gleichgesinnten eine Seite der Medaille, auf deren anderer Seite die ständige ‚faustische‘ Bemühung aller weiteren Beteiligten (also auch des Publikums) um Erkennen und Verständnis eingraviert war“, so Herbert Nichols-Schweiger, Geschäftsführer der Steirischen Kulturinitiative, in deren Programmbeirat Kratochwill ebenfalls war. „Die kleine Broschüre Kulturinitiative Weiz (1976) von und mit Peter Gerwin Hoffmann und Richard Kriesche als Ergebnis eines mehrgliedrigen Projekts ist nicht nur bis heute ein wichtiges Zeugnis. Sie zeigt auch, dass Richard Kratochwill neben seiner eigenen künstlerischen Arbeit in der Lage und willens war, sich auf eine großflächige Intervention einzulassen und KünstlerInnen die gesellschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zugänge zu verschaffen“, so Nichols-Schweiger.
Publikation: Es gibt den Weg.Richard Kratochwill –Künstler und Kulturarbeiter
Herausgeber: Steirische Kulturinitiative. Publikation mit Beiträgen von Richard Kriesche, Herbert Nichols-Schweiger, Heidrun Primas, Roswitha Weingrill und Gustav Zankl. Mit umfangreichem Werk- und Dokumentationsteil. 100 Seiten, Verlag Forum Stadtpark.
Die Steirische Kulturinitiative entdeckt und forciert Projekte, mit denen KünstlerInnen die Weiterentwicklung ihrer Arbeit in der und für die Steiermark realisieren können. Sie versteht sich als Ergänzung zu öffentlichen und privatwirtschaftlich punzierten Einrichtungen, die mit der künstlerischen Potenz im Lande nicht mithalten können. Karl Heinz Herper, Vorsitzender
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