Es geht um Himmel und Erde, Licht und Schatten. Die aktuelle Ausstellung der beiden Künstlerinnen Ingeborg Pock und Erika Lojen ist das Ergebnis einer sinnlichen Auseinandersetzung mit den Elementen.
Licht und Fotografie tragen etwas Schonungsloses in sich. Allzu schnell verwandeln sie sich zu Medien der Entzauberung. Hin und wieder aber fangen sie den Zauber der Welt auch ein. Zumeist dann, wenn an die Stelle von bloßer Dokumentation Kunst tritt. Ein solches Beispiel ist momentan im Steirischen Feuerwehrmuseum zu erleben. Neben den stark konzeptionistischen Werken der in Stainz lebenden Künstlerin Ingeborg Pock zeigt Kuratorin Anja Weisi-Michelitsch digitale Fotoarbeiten von Erika Lojen. Beide Frauen sind Mitglieder der Gruppe 77 und haben bereits mehrmals in gemeinsamen Projekten zusammengearbeitet. Für die Architektin Erika Lojen ist die Schau elementar dennoch die erste große Personale.
Licht. Weder fassbar noch erklärbar
Lojens Arbeiten entstanden während zahlreicher Reisen. Auf der ständigen Suche nach dem Element Licht, das in seiner reinsten Form weder fassbar noch erklärbar bleibt: Es zeigt, was es sichtbar macht, nie aber sich selbst. Die Handschrift Lojens lässt jedoch die Magie des Elements in aller Deutlichkeit spürbar werden und macht die ungeheure Faszination greifbar, welche die Künstlerin seit Jahren zu ihrer Arbeit antreibt. Um dem Licht nahezukommen, taucht sie mit ihrer Kamera in unterschiedliche Welten ein. In der Ausstellung davon zu sehen sind abstrakte Wolkenlandschaften, schimmernde Wasseroberflächen oder mystische Felsformationen. Jede einzelne Aufnahme strahlt hypnotische Ruhe aus und berichtet von singulären Momenten, in denen das Davor und das Danach an Bedeutung verlieren. Was zählt, ist einzig der Moment, dem das Licht und die Vergänglichkeit seinen Zauber verleihen. Lojen gelingt es, das Vergängliche durch die Digitalkamera fassbar zu machen, auf so sinnliche wie tröstende Art und Weise. Auch wenn ein Moment so schnell entschwindet, wie er hervortritt, bleibt er die Essenz unseres Lebens. Die Vergänglichkeit ist jene Kraft, die dem Leben seine Schönheit verleiht und scheinbar Alltägliches zu etwas Besonderem werden lässt. Es ist wirklich beeindruckend, welche Ästhetik von den Fotografien ausgeht, in denen das Meer mit seinen Wasser-Licht-Spiegelungen zum abstrakten Kunstwerk wird. Oder der Sonnenuntergang die Wolken in die wunderbarsten Farbtöne taucht.
Erde. Speicher von Gedanken, Ideen und Erzeugnissen
Die Ausstellung elementar stellt den Fotografien Lojens Kunstwerke von Ingeborg Pock gegenüber. Die in Stainz lebende Künstlerin gilt in der Steiermark als eine der wichtigsten Vertreterinnen internationaler Textilkunst. Erst vor wenigen Monaten wurden einige ihrer Textilarbeiten im Steiermarkhof ausgestellt. Ihre nun gezeigten Werke im Steirischen Feuerwehrmuseum präsentieren die Künstlerin von einer noch eher unbekannten Seite. Kuratorin Anja Weisi-Michelitsch wählte eine Reihe an Kunstwerken, fernab textiler Kunst, die sich mit dem Element Erde auseinandersetzen. Jenem Element, das wie kein zweites für die weibliche Fruchtbarkeit steht und zugleich wie kein anderes politisch missbraucht wird. „Als Textilkünstlerin hat Pock eine stark spürbare Empathie für Materialien“, so Weisi-Michelitsch, die unter anderem Arbeiten aus dem Projekt Lichtwechsel in der Ausstellung zeigt. Das 2011 realisierte Projekt der Künstlergruppe 77 steht auch für die Verbindung der beiden Künstlerinnen, die damals gemeinsam nach Turku reisten um die Distanz und Verbundenheit unterschiedlicher Kulturräume sichtbar zu machen. Lojen auf der Suche nach Licht, Pock auf der Suche nach einem Weg, um die ursprüngliche Bedeutung des Phänomens Erde wahrnehmbar werden zu lassen. Für Ingeborg Pock ist Erde eine ewige Quelle des Lebens und ein mystischer Speicher von Gedanken, Ideen und Ereignissen. Neben Bildern, Objekten und Installationen dokumentieren Fotos von Lojen den Ingeborg-Pock-Teil der Ausstellung wie beispielsweise die kulturelle Interaktion in Form eines symbolischen Erde-Austauschs. Pock bereicherte Turku mit Erde aus Stainz und nahm im Gegenzug Erde aus Turku mit in die Steiermark. Eine Kunst-Aktion, die bewusst keine Spuren vor Ort hinterlassen sollte. Was bleibt, ist ihre Dokumentation in Form von Fotos und eine Reihe an Kunstwerken, in denen Erde als Material und Motiv zugleich in Erscheinung tritt. Als Schnittstelle der Ausstellung, in der sich die Werke der beiden Künstlerinnen räumlich gegenübertreten, ist der Raum mit dem letzten Kunstwerk des Künstlers Gerhard Lojen. Der bereits verstorbene Mann von Erika Lojen gilt als einer der wichtigsten Vertreter der steirischen Moderne. 2005 entstand sein letztes Kunstwerk, Pock widmete diesem eine Hommage in Form von Plexiglas-Objekten, in denen scheinbar lose Pigmentteile ein Ballett der Vergänglichkeit tanzen. Ein erster Hinweis auf das wenige Schritte weiter zu findende Kunstwerk Den Himmel unter die Erde bringen aus dem Jahre 1998. Wie ein Steg teilen aneinander gereihte Platten, überschüttet mit losem kobaltblauem Pigment, den Ausstellungsspitz im Museum. Die Vergänglichkeit der Installation ist spürbar und macht zugleich ihre fesselnde Anziehungskraft aus. Auch zu sehen Ich lasse mir das Blau nicht nehmen, auch hier ist blaues Pigment Grundstoff und Motiv zugleich. Doch in diesem Fall geschützt hinter Plexiglas und in Form von kleinen Wandbildern installiert.
Elementares steht für sich alleine und zeigt doch, wie nahe sich auf den ersten Blick weit voneinander Entferntes sein kann. Was zählt, ist der Blickwinkel. Dies gilt auch für die Ausstellung elementar im Steirischen Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur. Scheinbar Unvereinbares geht plötzlich Hand in Hand. Zwei unterschiedliche Künstlerinnen und unabhängig voneinander entstandene Werkzyklen führen Ausstellungsbesucher zu einer Vielzahl an spannenden Ansätzen, Fragestellungen und Sichtweisen. Letzten Endes aber ergeben die einzelnen Elemente ein großes Ganzes und berichten von der Magie des Unfassbaren.
elementar
Ingeborg Pock / Erika Lojen
Singuläres und Substanzielles
zu sehen bis 30. Oktober 2016
Steirisches Feuerwehrmuseum
Kunst & Kultur
Marktstraße 1, 8522 Groß St. Florian
Tel. 03464 8820
www.feuerwehrmuseum.at