Lissabon, die Stadt der sieben Hügel, war einst Zentrum der halben Welt. Doch diese Zeiten sind vorüber. Geblieben sind prächtige Paläste, pittoreske Gassen und melancholischer Charme.
Text: Wolfgang Pauker
Lisboa (sprich: Lischbóa) an der Flussmündung des Tejo hat ihre glanzvollste Zeit längst hinter sich. Einst eine der bedeutendsten Handels- und Hafenstädte, verlor sie mit dem verheerenden Erdbeben 1755 zwei Drittel ihrer Bauwerke und spätestens mit dieser Katastrophe ihre Stellung als einflussreichste Metropole Europas. Das heutige Stadtbild ist geprägt vom Wiederaufbau mit rechtwinkelig angelegten Straßen, herrschaftlichen Häusern mit den stilprägenden Fassaden aus verblichenen Fliesen, den Azulejos, und den mittelalterlichen, labyrinthartigen engen Gassen.
Paläste und Klöster zeugen von kolonialem Glanz, malerische Winkel lauern hinter jeder Ecke und die Gegenwart mischt sich mittels Street Art an verfallenen Fassaden mit der imperialen Vergangenheit. Ihr Flair ist geprägt von der Saudade, jener portugiesischen Form des Weltschmerzes, auf die das Volk – wie von Fernando Pessoa beschrieben – so stolz ist und die im Fado, dem portugiesischen Chanson, keineswegs per se negativ konnotiert herbeigesehnt wird. Gerade deshalb ist dieser Schmelztiegel der Kulturen im äußersten Südwesten Europas so attraktiv.
Kein Ziel – keine Eile
„Die Schöne am Tejo“ lädt dazu ein, zu Fuß erkundet zu werden, sich durch die Viertel treiben zu lassen und hinter jeder verwinkelten Treppe aufs Neue überrascht zu werden. Wem die Hügel zu anstrengend werden, der nimmt die hölzernen Straßenbahnen, die Eléctricos, die sich wie vor hundert Jahren durch die Altstadtgassen schlängeln.
Über der Stadt thront die mittelalterliche Burg Castelo de São Jorge, ihr gegenüber liegt das Chiado-Viertel, Inbegriff der Lissabonner Eleganz mit Theatern, Museen und Hochschulen für Kunst, Architektur, Musik und Tanz. Nicht nur architektonische Leckerbissen lauern hinter jeder Ecke, auch das himmlische Pasteis de Nata, so etwas wie Lissabons kulinarische Visitenkarte. In Cafes und Bäckereien wird dieses kleine Blätterteigtörtchen mit Vanillepudding, das schon im 18. Jahrhundert von den Mönchen des Hieronymitenklosters hergestellt wurde, angeboten und reichlich konsumiert.
Spätnachmittags, wenn die Sonne tief steht und die Silhouette der Stadt in Pastelltöne getaucht wie ein impressionistisches Gemälde anmutet, empfehlen sich Rooftop-Bars wie das TOPO (www.topo-lisboa.pt). Unscheinbar am Dach eines alten Einkaufzentrums gelegen, eröffnet es bei DJ-Klängen und Cocktails einen traumhaften Blick auf die Festung und den Praça Martim Moniz. Bei Sonnenuntergang oder nach dem Dinner trifft sich hier internationales Publikum jeden Alters. Abends zieht es die Einheimischen, die viel und gerne ausgehen, ins Viertel Bairro Alto. Traditionelle Kneipen, Tascas, in denen Fado gespielt wird, reihen sich an schicke Bars und Clubs, Designer- und Plattenläden.
Kunst vs. Sehenswürdigkeiten
Im Vorort Belém liegen Lissabons Hauptsehenswürdigkeiten. Wer sich nicht mit den Touristen um den Turm von Belém oder das Hieronymitenkloster drängen will, dem bietet sich mit dem extravaganten Neubau des MAAT Museums eines der aktuell spannendsten Designs Europas.
Oder das Museu Coleção Berardo, das wie eine Festung für moderne und zeitgenössische Kunst anmutet. Es beherbergt die etwa 1000 Werke umfassende Sammlung von José Berardo, die wichtige Bewegungen der Bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts in Europa und Amerika abbildet. Sie gibt einen breiten Querschnitt durch Surrealismus, Pop Art, Hyperrealismus, Minimalismus und Konzeptkunst und setzt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die moderne und zeitgenössische Kunst Portugals. Tummeln sich an den Sehenswürdigkeiten die Massen, ist das weitläufig angelegte Museum der ideale Ort, ihnen zu entfliehen.
Fürstlich wohnen im Lapa Palace
Wer wohnen möchte wie in den glanzvollen Zeiten Portugals, der sollte in einem der mächtigen Paläste wie dem zum 5*-Hotel erweiterten Lapa Palace absteigen. Im Jahre 1870 als Privatresidenz des Grafen von Valenças erbaut, steht das Gebäude für den Beginn einer glanzvollen Ära.
Die urbane Oase inmitten des eleganten Diplomaten-Viertels ist umgeben von einer üppigen Gartenanlage, in deren Herzstück ein Pool thront. Zahlreiche Säle und Räume sind im Originalzustand und entführen in vergangene Zeiten. Besonders der Palastflügel spiegelt traditionelle portugiesische Einrichtung und sämtliche Zimmer sind prall gefüllt mit originalem Vista-Alegre-Porzellan. Sämtliche Annehmlichkeiten eines Luxushotels wie Spa, Indoorpool, Gym usw. verstehen sich in dem prunkvollen Anwesen von selbst. Der Gefechtsturm des ursprünglichen Palastes ist Teil einer prunkvollen Suite und bietet wohl die beste Aussicht der Stadt.
Tipps für Lunch & Dinner
Varanda – High End Cousine
Gelegen im Hotel Four Seasons the Ritz und ausgestattet mit fantastischem Interieur und exzellent bestücktem Weinkeller ist das Varanda eine der kulinarischen Juwelen der Stadt. Die Karte umfasst auch Highlights der portugiesischen Küche wie Caldeiradas und Cataplana. Einen Einblick in die große Klasse des französischen Chefs Pascal Meynard bietet das Degustations-Menü. Mehrmals jährlich wechselnd und dem saisonalen Angebot der Natur folgend, bringt er darin seine riesige Erfahrung verschiedenster internationaler Küchen, in denen er kochte und die mit Michelin-Sternen ausgezeichnet wurden, zum Ausdruck. Ambiente und Service hervorragend!
A Cevicheria – Schwereloser Genuss
In dem kleinen Lokal mit offener Küche spezialisiert man sich auf die peruanische Spezialität Ceviche, einem kalt servierten Gericht aus kleingeschnittenem, rohem Fisch, mariniert mit etwas Limettensaft. Die Zitronensäure denaturiert das Eiweiß, ähnlich dem Kochen. Ein einfaches, kleines Gericht – perfekt zubereitet, aber ganz groß und schwerelos. Das Lokal ist schick, sehr angesagt und nimmt keine Reservierungen an. Viel Glück!
Sea Me – Im Seafood Paradies
Das Sea Me ist ein wahres Paradies für Seafood Fans und bekannt für drei Dinge: einem Mix aus einer modernen Bar und einer traditionellen Marisqueira, einem auf Fisch spezialisierten Lokal; ausschließlich allerhöchste und täglich frische Qualität zu servieren; und eines der ganz wenigen Lokale in Portugal zu sein, das den gastronomischen Traditionen Japans Tribut zollt. Das Sushi ist exzellent – besonders das Signature Dish: Nigiri de Sardinha. Die Zubereitung der variantenreichen Gerichte reicht von traditionell bis modern. Die Auswahl an fangfrischem Fisch ist enorm. Der Wein hervorragend. Internationales Publikum, cooles Setting, ein Pflichtbesuch!
Chapitô à mesa – Manege frei
Tagsüber Zirkusschule, am Abend Restaurant. Wo sonst Artisten üben, werden nach Sonnenuntergang Tapas und Drinks serviert, während im 1. Stock bei grandiosem Ausblick traditionell portugiesische Gerichte aufgetischt werden. Im Keller befindet sich eine urige Bar, in der Live-Musik gespielt wird. Mit etwas Glück machen die Studenten Überstunden und klettern an den Wänden. Relaxte Stimmung, hier trifft Kunst wirklich auf Kulinarik!