Ein Gespräch über kulturpolitische Visionen, förderungswürdige Kunst- und Kulturprojekte und das Bekenntnis zur Letztverantwortung.
Text: Stefan Zavernik
Schon als ÖVP-Klubobmann waren Sie lange Zeit als Kultursprecher der ÖVP aktiv. Woher stammt Ihr Interesse für Kunst und Kultur?
Ich würde dieses als naturgegeben bezeichnen. Es hat sich auch immer mehr entwickelt. In unterschiedlichen Bereichen, in unterschiedlicher Intensität. Mein Interesse für Kunst und Kultur hat auch mit einer Reihe von Bekanntschaften und Freundschaften zu tun, die ich im Laufe der Zeit geschlossen habe. Meine Vorliebe für Literatur geht in die frühe Jugend zurück.
Stimmt es, dass Sie sich nach dem Abgang von Christian Buchmann aktiv darum bemüht haben, das Ressort zu bekommen?
Ja. Auch wenn die Begleitumstände wirklich suboptimal waren. Als sich aber die Chance ergeben hat, das Ressort in meinen Verantwortungsbereich zu bekommen, habe ich mich aktiv darum bemüht. Obwohl der Bereich Wissenschaft und Forschung, den ich bei dieser Gelegenheit abgeben musste, durchaus ein spannender war. Doch die Freude über das Kulturressort überwiegt bei Weitem.
Sie haben die Kultur formal an die erste Stelle Ihres Aufgabenbereichs gestellt. Ein Bekenntnis?
Ich habe bei meiner Bestellung bewusst Wert auf diese kleine symbolische Geste gelegt. Davon kann sich zwar niemand etwas herunterbeißen, aber es war mir wichtig, ein bewusstes Signal zu senden: Die Kulturverantwortung ist für mich kein Anhängsel. Im Gegenteil, ich möchte der Kultur in meiner Arbeit ein wesentliches Augenmerk schenken und auch dafür sorgen, dass dieses Ressort weiterhin jenen Stellenwert einnimmt, der ihm zusteht. Sollte ich auch nach dieser Legislaturperiode Mitglied der Landesregierung sein, möchte ich das Kulturressort auch weiterführen. Das kann ich jetzt schon sagen. Mein Ziel ist es, in der steirischen Kulturpolitik eine Kontinuität zu entwickeln. Im Rahmen einiger Jahre lässt sich viel bewegen. Da mir auf Gemeindeebene mit Kulturstadtrat Günter Riegler ein alter Freund gegenübersitzt, wird sich in Zukunft, was die Abstimmung zwischen Land und Stadt betrifft, einiges unkomplizierter bewerkstelligen lassen.
Gibt es für Sie so etwas wie große kulturpolitische Visionen für die Steiermark?
Die gibt es. Meine Wahrnehmung in den letzten Jahren, beginnend weit vor der Ära Buchmann, ist oft die gewesen, dass eine gewisse Rückwärtsgewandtheit in der Betrachtung allgegenwärtig zu sein scheint. Immer wieder heißt es: „Was da früher einmal alles los war!“ Natürlich ist viel Bemerkenswertes in der Vergangenheit entstanden, keine Frage. Aber Kultur in der Steiermark soll sich in Zukunft nicht weiterhin ausschließlich über ihre Vergangenheit definieren. Meine Vision oder mein Ziel ist es, eine Stimmung zu erzeugen, bei der die steirische Kulturlandschaft in der Gegenwart als bemerkenswert gilt. Es geht um Gegenwart und Zukunft, nicht immer um die Vergangenheit. Dafür wird es neue Projekte und Formate brauchen, eine Weiterentwicklung bereits gut funktionierender, bestehender Dinge. Der steirische herbst ist hier ein gutes Beispiel. Das Festival ist seiner Pubertät ja auch schon lange entwachsen und punktet nicht durch seine Referenzen aus der Vergangenheit, sondern mit seinem aktuellen Programm.
Sehen Sie es dann als Aufgabe der Kulturpolitik, solche neuen Projekte und Formate zu entwickeln?
Durchaus. Wir haben im aktuellen Regierungsübereinkommen ja noch einen wesentlichen Punkt im Kulturbereich anzusprechen, und zwar die Suche nach einem Nachfolgeformat für Landesausstellung und regionale. Die Rede ist hier von der angedachten Steiermark-Expo. Man wird sehen, ob wir dieses Projekt noch in der laufenden Legislaturperiode zustande bringen. Ich werde mich dafür jedenfalls einsetzen.
Stichwort: regionale. Welche Rolle werden in Zukunft die steirischen Regionen kulturpolitisch spielen?
Es gibt eine Vielzahl an außergewöhnlichen Kulturinitiativen außerhalb von Graz, da sind zum Teil wirklich bemerkenswerte Geschichten dabei. Dieser Qualität sollte man sich bewusst sein. Und man muss als Kulturpolitiker alle diese Kulturinitiativen ermuntern weiterzumachen. Das heißt in erster Linie, diese zu subventionieren.
Gibt es neue Ideen, die „Provinz“ mit Graz enger zu verknüpfen?
Mit dem Begriff Provinz muss man ja vorsichtig sein. In Wahrheit ist ja die ganze Steiermark einschließlich Graz Provinz. Auch wenn es manche da und dort anders sehen. Zur regionale möchte ich anmerken, dass dieses Festival damals als Versuch, in die Regionen zu gehen, grandios gescheitert ist. Man muss aber sagen, es war zumindest ein engagierter Versuch. Wo, wenn nicht in der Kulturpolitik, sollten politische Versuche erlaubt sein? Selbst wenn wir nun wieder ein neues Format auf die Beine stellen und es funktioniert wieder nicht, dann muss man sich das eben eingestehen. Aber wir werden es versuchen.
Wann ist für Sie Kultur generell erfolgreich? Welche Rolle spielen Besucherzahlen?
Wichtig finde ich eine gewisse internationale Rezeption. Gerade die Steiermark ist ja doch im Konzert der Bundesländer für sein kulturelles Angebot bekannt. Das soll so bleiben und ausgebaut werden. Das möchte ich als Schwerpunkt weiterhin in der Kulturpolitik wissen. Ich würde mir aber keine Zeugnisverteilung anmaßen. Die Aufgabe der Kulturpolitik ist es, zuallererst ein Klima des Ermöglichens und Ermutigens sicherzustellen. Bei der Frage, ob das Publikumsinteresse, die Besucherzahlen und die mediale Wahrnehmbarkeit als die Gradmesser schlechthin funktionieren können, muss man vorsichtig sein. Natürlich wünsche ich mir für das Universalmuseum möglichst viele Besucher, ebenso für die Theater der Bühnen Graz. Besucherzahlen alleine sind für mich aber nicht das ausschlaggebende Kriterium.
Wie viel Vielfalt braucht eine Kunst- und Kulturszene? Was wird sich in Hinblick auf den Bereich Förderungen verändern?
Vielfalt ist notwendig und gut. Gott sei Dank gibt es in diesem Land ein breites Spektrum an Kulturschaffenden. Ich bin gerade dabei, Gespräche mit vielen von ihnen zu führen. Doch trotz eines Bekenntnisses zur Vielfalt halte ich es für legitim und wünschenswert, auch Schwerpunktsetzungen vorzunehmen. Auch im Bereich der Fördervergabe.
Wann gelten für Sie Kunst- und Kulturprojekte generell als förderungswürdig?
Zuallererst wenn sie nicht banal sind. Banalitäten halte ich nicht für förderungswürdig.
Werden Sie auch Projekte, Einrichtungen und Ideen unterstützen, die vom Förderbeirat keine Empfehlung erhalten, wenn Sie selbst davon aber überzeugt sind?
Das kann im Einzelfall natürlich vorkommen. Dazu möchte ich mich sogar ausdrücklich bekennen. Die Letztverantwortung hat nun einmal das zuständige Regierungsmitglied. An sie richtet sich auch eine allfällige Kritik des Rechnungshofes.
Stichwort: Internationalisierung. Werden Sie die alte Diskussionen um eine Akademie der bildenden Künste in Graz erneut wiederbeleben? Vieles würde für eine solche Ausbildungsstätte sprechen.
Das ist wahrlich ein altes Thema. Ich war auch immer wieder einmal als Wissenschaftsreferent damit in Berührung. Ich denke einmal, dass die Geschichte nicht die höchste Priorität bekommen wird. Auch weil wir diese ja nicht in der Steiermark alleine realisieren könnten, sondern auf den Bund angewiesen sind. Eines kann ich aber sagen: Ich schätze Direktorin Elisabeth Freismuth außerordentlich. Ich möchte auf jeden Fall ausloten, wie weit man bestehende Kooperationen ausbauen kann. Und sollte es von ihr den konkreten Wunsch nach einem Institut für bildende Kunst geben, würde ich mich dafür einsetzen. Es stimmt, dass eine solche Akademie viele Vorteile mit sich bringen würde. Man merkt schon an den jetzigen Instituten der Kunstuni, welch internationalisierender Inkubator hier vorhanden ist.
Zum Abschluss: Wenn Sie sich morgen für die Karriere eines Künstlers entscheiden müssten: Welche Sparte würde es werden?
Da fallen mir nur zwei Dinge ein: Entweder müsste ich mich als Literat versuchen, oder durch meine reiche politische Erfahrung als Kabarettist.