Leistungsschauen haben viele Seiten. Ein eher nicht so schöner Beigeschmack einer Leistungsschau ist die menschliche Eigenschaft Waren und sich selbst möglichst pikant zu präsentieren, oft prostituieren, zu müssen.
Text: Michael Petrowitsch
Im Kapitalismus geht es bekanntlich vordringlich um Angebot und Nachfrage, um Verkauf und produzierte Blasen, um Repräsentation und Warenfetisch. Internationale Kunstmessen wie die Art Basel und die Londoner Frieze sind fixe Bestandteile in einem kapitalen System. Systemvorteil dort: Sie sprechen offen über Geld, machen es zum Thema. Venedig funktioniert nach einer eigenen Finanzlogik.
Kunstproduktion und –repräsentation und Markt kumulieren seit der letzter Woche zum 57. Mal in der Lagune. Keine Verkaufsausstellung, jedoch ein Ort, der auch den international politischen Aspekt der Selbstdarstellung Bezug dazu nimmt, ja geradewegs darauf aufbaut. Das ist nicht nur inhaltlich gemeint. Natürlich formulierte Biennalepräsident Baratta, dass die Ausstellung sich angesichts des Weltgeschehens von „Humanismus inspirieren lassen wird und künstlerisches Handeln ein Akt des Widerstands, der Befreiung und der Freigebigkeit“ sein wird. Solche Sachen sagt man eben als Präsident.
In erster Linie ist die Schau, mit ihren 120 Künstlern und den 81 Länderpavillons in den Previewtagen vor der eigentlichen Eröffnung vor allen Dingen ein Stelldichein politischer Prominenz, des internationalen Journalistentums und eines internationalen Fachpublikums, das die Gelegenheit nutzt, sich auszutauschen auch wenn es oft nur darum geht, herauszufinden, bei welcher Eröffnung in welchem Pavillon die nächsten Gratiscocktails abzuholen sind.
Kapital spielt bei aller „Humanität“ natürlich auch eine Rolle. Beispiel Österreich: So gehen die 400.000 Euro, die das Kulturministerium zur Verfügung stellt zur Gänze in Infrastruktur etc. für die Produktion der Kunst müssen die beiden Superstars Erwin Wurm und Brigitte Kowanz selbst aufkommen. Der amtierende Minister Drozda sprach sich auf der Pressekonferrenz für eine Erhöhung auf 500.000 Euro fürs nächste Mal aus. Wir lassen uns überraschen. Aber im Vergleich zu den kolportierten 800.000 Dollar für den russischen Pavillon ist das ohnehin noch immer ein Pappenstil.
Das gibt der Kunstbiennale einen zusätzlichen eigenen Nimbus des Unangreifbaren, das Nichtfassbaren, nicht berechenbaren. Wie auch die Logik der Finanzmärkte auf dem ersten Blick undurchschaubar sind, vor allen Dingen knapp vor einem Kollaps.
Spannendes findet aber trotzdem statt, zum Beispiel: Der wie immer schönste Pavillon Ungarn (die können, wegen der Architektur schon gar nix falsch machen, egal was geboten wird), Serbien, Slowenien im Arsenale (natürlich) und der NSK-Staat als Side-kick. Den außer Konkurrenz startenden Damien Hurst können Sie auslassen. Malta!!! Und mein Alltimefavorit: Russland. Nicht zu vergessen, die kleinen und größeren Überraschungen, die nebenbei erschaffen werden. Die Performance im deutschen Pavillon, selbst Sigmar Gabriel war angetan. Begründungen kunsthistorischer Art erspare ich mir jetzt, da gibt es bereits genug und zudem bekanntlich bis zum Spätherst die Möglichkeit sich selbst ein Bild zu machen. Mein Tipp: Machen Sie sich ein Bild!