Start Essen & Trinken „Wir wollen das spannendste Food Festival Europas werden“

„Wir wollen das spannendste Food Festival Europas werden“

Jürgen Pichler, CEO & Founder des internationalen Gastronomiefachmagazins ROLLING PIN mit Starkoch Alfons Schuhbeck. Foto: rollingpin.com

Als Genusshauptstadt hat sich Graz bereits einen Namen gemacht. Nun möchte man auch mit einem neuen Food Festival für geschmackvolles Aufsehen sorgen. „Achtzig“ traf Veranstalter Jürgen Pichler, CEO des internationalen Gastrofachmagazins ROLLING PIN, zum ­Interview.

Die Erwartungen sind hoch: Das neueste Food Festival Österreichs soll zugleich das spannendste in ganz Europa werden. Warum bietet gerade Graz die idealen Voraussetzungen dafür?

Es ist die DNA der Grazer Küche. Sie ist im internationalen Kontext einzigartig. Durch unser Rolling-Pin-Magazin sind wir viel auf Reisen, ständig in Kontakt mit internationalen Top-Köchen und so am Puls der Zeit, wenn es um die neuesten Food-Trends geht. Heute weiß man: Der Gast möchte einen verständlichen Teller vor sich wiederfinden. Es geht um ein Hauptprodukt mit wenigen Nebenkomponenten. Eckart Witzigmann propagierte es schon vor 20 oder 30 Jahren: Das Produkt ist der Star. Damit hat er bis heute recht behalten. Es geht darum, einfache Gerichte so zu interpretieren und umzusetzen, dass sich der Gast davor „niederknien“ möchte. Hier sehe ich die Grazer Küche schon lange in der Rolle eines Vorreiters. Auf der anderen Seite ist der Grazer, wenn es ums Essen geht, selbst extrem anspruchsvoll. Er hat in den letzten Jahrzehnten sehr viel gelernt und weiß heute, was gute Qualität bedeutet. Auch aus diesem Grund wird die Stadt Graz ihrem Titel als Genusshauptstadt gerecht und damit zum idealen Ort für das Food Festival Graz.

Was unterscheidet das Food Festival Graz von anderen Gourmet-Festivals? Und vor allem: Warum wird es spannender als alle anderen werden?

Es geht beim Festival nicht nur darum, gut zu essen, sondern Spaß miteinander zu haben. Etwas aus der Komfortzone herausgeholt zu werden, sich überraschen zu lassen und etwas zu lernen. Über Produkte, Zubereitungen und Dinge, die ein Essen einfach zu mehr werden lassen als „nur“ zu einem schönen Gourmeterlebnis. Übliche Champagnerverkostungen oder sündhaft teure Degustationsmenüs gibt es bei uns nicht. Bei uns geht es um interessante Themen und spannende Geschichten, um Unterhaltung und schlussendlich darum, glücklich und satt zu werden. Unsere Veranstaltungen sind sorgfältig ausgewählt und in drei Kategorien unterteilt: Dinners, Workshops und Special Events. Und ja, es wird auch berühmte Gäste geben. Zum Beispiel Alfons Schuhbeck und Johann Lafer. Der „Hauptakteur“ aber wird die Grazer Gastronomieszene sein.

Johann Lafer zelebriert Wirtshauskultur.

Das klingt in der Tat spannend, allerdings nicht nach einem klassischen Feinschmeckerprogramm. Wer ist die Zielgruppe?

Jeder soll sich angesprochen fühlen. Genussinteressierte aus allen Breiten sollen auf ihre Kosten kommen. Grazerinnen und Grazer ebenso wie ein internationales Publikum. Und ganz ehrlich: Jeder – wirklich jeder –, der gerne isst, muss dieses Festival besuchen. Tut er es nicht, braucht er sich in Zukunft nicht mehr als „Foodie“ zu bezeichnen. Denn was sich die Betriebe und die Gastköche für das Festival vorgenommen haben, ist einfach großartig. Es wird Einmaliges geboten, das den Besuchern dabei hilft, über ihren Schatten zu springen und dadurch Neues kennenzulernen. Auch was die Preise der Veranstaltungen betrifft, ist für jede Geldbörse etwas dabei.

Wird das Festival Graz in kulinarischer Hinsicht weiterentwickeln?

Klassische Gourmet-Festivals funktionieren nach demselben Schema: Es werden internationale Gastköche eingeladen, diese kochen dann auf und sind dann wieder weg. Die Gäste hatten einen schönen Abend, aber was bleibt? Was hat das Res­taurant davon, seine Küche für einen internationalen Starkoch zu öffnen? Was bleibt der Stadt? Es gibt kaum Nachhaltigkeit. Wir haben hier einen anderen Zugang. Es soll greifbar werden, was Graz eigentlich zustande bringt. Denn ich habe oft das Gefühl, dass die kulinarische Qualität der Stadt zu wenig geschätzt wird.

Paul Ivic verzaubert bei den Blind Dates mit vegetarischer Sterneküche.

Graz kulinarisch neu entdecken: Wie soll das funktionieren?

Viele Grazer Gastronomiebetriebe machen tagtäglich einen großartigen Job und haben etwas Besonderes vorzuweisen. Aber sie sind in ihrem Alltag gefangen. Nun kommen wir, ein paar Verrückte, und sagen: Stopp! Wir machen jetzt einmal etwas anderes! Wir wollen zeigen, was möglich ist. Ein gutes Beispiel für den Charakter des Festivals ist das Höfische Fest. Es wird in der Alten Aula stattfinden. Dieser Event wird ein Gesamterlebnis – etwas für Herz, Hirn und Magen. Wolfang Edler wird in Zusammenarbeit mit dem Universitätsverein Kulinarisches Mittelalter Gerichte aus der heimischen Vergangenheit zubereiten und in einem mehrgängigen Menü dem Gast „erlebbar machen“. Wo sind unsere Wurzeln, woher kommen die Speisen, die wir heute essen? Als Highlight konnten wir auch Alfons Schuhbeck für diese Veranstaltung gewinnen. Alfons ist ein lieber Freund und der breiten Masse als Sterne- und TV-Koch bekannt. Was aber nur wenige wissen: Er ist der Gewürzexperte und hat in diese Richtung jahrelange Forschung betrieben. Seine Expertise wird er an diesem Abend auch zum Besten geben. Der Gast soll beim Höfischen Fest einen Abend lang kulinarisch und emotional abgeholt werden, er soll Neues kennenlernen, erleben und genießen. Die Belebung der Wirtshauskultur ist ein anderes, spannendes Thema. Wir holen Johann Lafer zurück ins Gösser Bräu – also „back to the roots“. Dort liegen nämlich seine Wurzeln. Im Gösser Bräu hat er seine Lehre gemacht und wird auch Speisen aus diesen prägenden Jahren noch einmal für das Publikum des Festivals kochen.

Alex Theil bringt Urlaubsgefühle mit südamerikanischer Küche nach Graz.

Die Grazer Betriebe öffnen für einen Abend ihre Pforten für eine ganz besonders spannende Veranstaltung. Was hat es denn mit den „Blind Dates“ auf sich?

Die Blind Date Dinners sind ein Format, auf das wir sehr stolz sind. Man muss auch den Grazer Gastronomen danken für die große Offenheit und das Vertrauen, das sie uns entgegengebracht haben: Stell dir vor, du reservierst in deinem Grazer Lieblingslokal einen Platz, weißt aber bis zur letzten Minute nicht, wer dich bekochen wird. Die Blind Dates sind wie ein Köche-Roulette. 5 Betriebe machen mit und denen werden per Zufall 5 Spitzenköche zugelost, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Harald Irka, der Shootingstar der österreichischen Avantgarde-Küche, Eduard Dimant aus Wien, der ausgezeichnete asiatische Küche macht. Paul Ivic, der mit rein vegetarischer Küche einen Michelin-Stern bekommen hat, Alexander Theil, der südamerikanisch auf höchstem Niveau kocht, und Thomas Imbusch aus dem Off-Club von Tim Mälzer, der die Creative Cuisine immer wieder neu belebt. Da kommen schon richtig große Namen, die begeistert sind, beim Food Festival Graz dabei zu sein. Übrigens wissen auch die Betriebe und Köche bis zum Schluss nicht, wo sie kochen werden. Es soll ja schließlich spannend bleiben. Die Verkaufszahlen zeigen auch, dass die Grazer durchaus mutig sind und sich auf außergewöhnliche Geschichten gerne einlassen.

Blind Date Dinner-Köche v.l.: Alex Theil, Harald Irka, Paul Ivic, Eduard Dimant, Thomas Imbusch

Abgesehen von den Dinners: Es gibt ja auch Veranstaltungen zum Mitmachen. Was wird auf die Gäste bei diesen Events zukommen?

Es soll ja wirklich für jede Preisklasse, Altersgruppe und jeden, der das Außergewöhnliche sucht, was dabei sein. Deshalb kann man sich zu Workshops anmelden: Eveline Wild gibt einen Patisserie-Workshop für Frauen. Das Pendant dazu bietet das Männergrillen, wo Tipps und Tricks rund um das richtige Barbecue gegeben werden. Am Abend ist dann natürlich eine Begleitung willkommen, die das Ergebnis auch genießen darf. Cocktail-Mixen gibt‘s in der Churchill Bar und „Iss dich gesund“ im Starcke Haus. Wichtig hierbei ist: klein aber fein, die Qualität steht bei allen Workshops absolut im Vordergrund. Lernen, Spaßhaben, Genießen und das Erlernte soll natürlich dauerhaft umgesetzt werden können.

Gutes Essen und guter Wein müssen nicht teuer sein, können es aber. Das zeigt die Weinverkostung „Weine und andere Raritäten“ im Weinkeller von Werner Gröbl. Was bekommen Besucher für den stolzen Preis von 249 Euro pro Person?

Es werden hier unter anderem Weine aufgemacht, die in der Parker-Bewertung 100 Punkte bekommen haben. So was gibt es in Graz kein zweites Mal. Es werden Weine verkostet, die man zum Teil auch gar nicht mehr bekommen kann. Das ist eine Gelegenheit, die man als Wein-Freak nutzen sollte. Es geht aber um keine hochtrabende Weinanalyse, es soll ein gemütlicher Abend werden. Wir hatten schon Sorge, ob der Event angenommen wird. Immerhin kostet die Karte knapp 250 Euro. Doch der Abend ist nahezu ausverkauft. Das zeigt uns deutlich: Die Grazer suchen das Besondere. Vor allem aber sind sie „open minded“ – ein weiterer Grund, warum Graz die ideale Stadt für ein solches Festival ist.

Jürgen Pichler

Food Festival Graz
12.–19. August
www.foodfestivalgraz.at