Start KulturBlog „Aquarium“ von Evald Flisar: Erholsame Flucht oder Wahn?

„Aquarium“ von Evald Flisar: Erholsame Flucht oder Wahn?

Mit „Aquarium“, seiner bisher elften Flisar-Übersetzung, begeistert das TiK österreichische und internationale Theaterfreunde.

Text: Lucas Kristan

Konrad (verkörpert von Bernd Sracnik) schottet sich mit Unmengen an Alkohol und Zynismus von seiner Umwelt ab. Der Frühpensionierte versucht sich in seine letzte Bastion der Ruhe zu flüchten: den Film Casablanca. Aber zu seinem Unglück lässt sich die Realität nicht so leicht ausschalten, wie sich der Fernseher anschalten lässt. Unentwegt bekommt er Besuch von Menschen, die er mit verbal-aggressiven Attacken loszuwerden versucht. Erst das Auftauchen seines alten Schulfreundes Kilian (gespielt von Alfred Haidacher), der ihn zu einem vermeintlichen Klassentreffen zerren will, bringt sein Weltbild ins Schwanken. Offensichtlich hat Konrad ein Kind mit dessen Tochter, das ihn nun, zu seinem Geburtstag, kennenlernen möchte. Sracniks Darstellung lässt das zweistündige Sprechstück wie im Flug vergehen. Zwischen Aufbrausen und der Ruhe vor dem Sturm manövriert der Hauptdarsteller die Emotionen der Zuschauer und gibt hie und da Einblick hinter seine Fassade aus Misanthropie und Sarkasmus. Eine gehörige Portion schwarzen Humors verwandelt nicht nur einmal das schelmische Grinsen des Publikums in lautes Lachen.

Evald Flisar, geboren 1945, der Autor des Stückes, ist Romancier, Essayist, Dramatiker und war Herausgeber des ältesten slowenischen Literaturjournals Sodobnost (Zeitgenössische Rundschau). Unter anderem verfasste er bisher 14 Romane, 15 Theaterstücke, zwei Sammlungen von Kurzgeschichten und Reiseberichte. Sieben seiner Theaterstücke wurden für die Auszeichnung zum besten slowenischen Stück des Jahres nominiert, von denen er auch drei gewann. Zehn seiner Romane landeten auf der Shortlist des Kresnik, des wichtigsten Literaturpreises in Slowenien für Romane. In diesem Jahr ist er gleich mit zwei Werken vertreten: Zbiralcem und Grehom. Obendrein ist er Gewinner des Preises des Prešeren-Fonds, des höchsten slowenischen Staatspreises für Prosa und Drama, benannt nach dem größten slowenischen Dichter, France Prešeren (1800–1849), und des renommierten ­Župancic-Preises für sein Lebenswerk.

Als das am häufigsten vertretene internationale Theater brillierte das TiK mit Aquarium auf der Hauptbühne des Prešeren-Theaters in Kranj (Slowenien) im Rahmen der Internationalen Woche des slowenischen Dramas. Diese bereits sechste Einladung verdankt das TiK laut Haidacher seinem Flisar-complete-Schwerpunkt, mit dem es sich zum Ziel gesetzt hat, die Werke des Autors ins Deutsche zu übersetzen, und seinem Graz-2003-Projekt Unbekannte Nachbarn.

Bernd Sracnik

Sein nächstes Stück wird das TiK erst wieder im August präsentieren. Mit Kochen mit Elvis von Lee Hall (geboren 1966) will man mit einer bösen Komödie rund um eine englische Mittelstandsfamilie den Hof des Ferdinandeums in Graz beleben. Bekannt wurde der Autor mit seinen Drehbüchern zu Billy Elliot – I Will Dance (2000) oder Shakespeare in Love (2014). Zuvor jedoch wird im Mai das Theater Quadrat im TiK mit einer Produktion gastieren.

Termine: 27. und 28. April, jeweils um 20 Uhr

Schauspieler: Katrin Ebner, Alfred Haidacher, Werner Halbedl, Christian Krall, Petra Pauritsch, Bernd Sracnik, Eva Weutz

www.tik-graz.at