Ein Galeriebesuch in Graz ist stets vielversprechend, unkompliziert und lohnt sich in mehrfacher Hinsicht. Unterwegs in der unabhängigen Grazer Galerienszene.
Es gibt viele gute Gründe, die dafür sprechen, eine Galerie zu betreten. Als Künstler, um einen weitsichtigen Galeristen von der eigenen Arbeit zu überzeugen. Als Sammler, um Kunstwerke zu entdecken und zu kaufen. Und nicht zuletzt als Kunstinteressierter, um Ausstellungen zu besuchen, neue Gesichter kennenzulernen und ins Gespräch mit Gleichgesinnten zu kommen. Galerien sind Treffpunkte, Orte des Austausches, gedanklich wie materiell. Für eine lebendige Kunstszene sind sie so essenziell wie der fruchtbare Boden eines üppig bewachsenen Gewächshauses. Denn es sind selbstständige Galeristen, die junge Kunsttalente entdecken, fördern und ihnen zu ersten Ausstellungsmöglichkeiten verhelfen. Und es sind Galerien, die oftmals als Türöffner zur Kunst in Aktion treten und die lokale Kunstszene spiegeln. Im Gegensatz zu herkömmlichen Museen sind ihre Ausstellungen kostenlos zugänglich. Sie bieten eine Art der Kunstvermittlung, die für jede Stadt eine immense Bereicherung darstellt. Die Grazer Galerienszene befindet sich seit einigen Jahren im Wandel. Einige der alteingesessenen Galeristen, die seit Jahrzehnten die Künstlerszene der Stadt maßgebend begleiten konnten, haben ihre Tätigkeit eingestellt, wie etwa Eugen Lendl oder Margit Fritz. Dafür hat sich neben alteingesessenen Institutionen eine neue Generation an Galerien etabliert.
Der Name ist Programm: Kunst & Handel
Wenn Gerhard Sommer beginnt, über Kunst zu erzählen, ist das ein Glücksfall für alle Beteiligten. Der Mann gleicht einem wandelnden Kunstlexikon. Im Herzen mehr Sammler als Händler, ist er als Galerist bereits seit den späten 80er Jahren aktiv. Sein Gespür für Talent und Qualität haben ihn oftmals richtungsweisend in die Zukunft blicken lassen. Schon als junger Galerist setzte er auf Künstler des Wiener Aktionismus. Zu einem Zeitpunkt, als deren Kunst noch weit erschwinglicher war als heute. Ein Glücksfall für ihn, wie auch für seine Sammler. Zu vielen Künstlern pflegt Sommer eine freundschaftliche Beziehung. Zum Beispiel zu Günter Brus, der mit Sommers Galerie auf ganz spezielle Art und Weise verbunden ist: Brus erfand nicht nur den Namen „Galerie KUNST & HANDEL“ sondern lieferte auch gleich die passende Bildmarke. Schwerpunkte der Galerie sind bis heute österreichische Künstler, welche die Kunst nach 1945 richtungsweisend geprägt haben. Dazu zählen aus der Gruppe der Wiener Aktionisten neben Günter Brus und Hermann Nitsch auch Otto Muehl oder Rudolf Schwarzkogler. Auch Künstler wie Otmar Bauer, Jack Bauer, Christian Eisenberger, Wolfgang Ernst, Oswald Oberhuber oder Thomas Reinhold werden in seiner Galerie gezeigt.
Zeitgenossen treffen auf Nomadenkultur
Ein weiterer großer Name in der Grazer Galerienszene lautet „Reinisch Contemporary“. Galerist Helmut Reinisch gelingt in seinen Räumlichkeiten am Grazer Hauptplatz ein besonders Kunststück. Seit vielen Jahren schon verknüpft er die Faszination an nomadischer Teppichkultur mit zeitgenössischer Kunst zu einem Gesamtkonzept, das in Graz bisher einzigartig geblieben ist. Neben Ausstellungen mit antiken Nomadenteppichen präsentiert er in seiner Galerie eine exklusive Auswahl an zeitgenössischen Künstlern und realisiert imposante Ausstellungen mit Kunststars wie Herbert Brandl, Erwin Bohatsch, Franz West, Arnulf Rainer oder Martin Kippenberger. Ebenso in seinem Programm sind Künstler wie Fritz Panzer oder Christian Schmidberger. Wann man Kunst kaufen sollte? „Es ist nicht alles Gold, was glänzt, und das feinste Bild ist nicht automatisch das Beste. Ein Kunstwerk ist mehr als nur ein Statusobjekt, es muss eigenständig sein und Wiedererkennungswert besitzen. Dahinter muss eine Geisteshaltung erkennbar sein“, so Reinisch.
Grazer Galerien als Institutionen
Zu den alteingesessenen Galerien der Grazer Szene zählt auch das „Atelier Contemporary“ unter der Leitung von Petra Schilcher in der Griesgasse 3. Bereits seit den 70er Jahren ist die Galeristin im Geschäft und hat sich einen Namen durch erfolgreiche Kunst-Editionen mit Kunstikonen wie Erwin Wurm, Peter Weibel oder Martin Kippenberger gemacht. Für ihr dichtes wie tiefgründiges Ausstellungprogramm bekannt ist die Galerie Leonhard, die seit mehr als zwei Jahrzehnten heimischen Sammlern als Inspirationsquelle dient. An die 10 Ausstellungen werden von den beiden Galeristen Benedikt Steinböck und Franz Lummermeier im Jahr realisiert. Zu den Schwerpunkten der Galerie zählt zeitgenössische Kunst von berühmten österreichischen Künstlern wie Markus Prachensky, Josef Mikl oder Franz Ringl. Auch jüngere Akteure erhalten ihren Raum, darunter Hans Kupelwieser, Anselm Glück oder Joanna Gleich. Die Kunst der Zwischenkriegszeit spielt eine ebenso wichtige Rolle im Programm wie österreichische Malerei der 50er und 60er Jahre. Im Bereich der internationalen Kunst legt man den Fokus auf „Op-Art“ und „Konkrete Kunst“. Nach 25-jähriger Tätigkeit in der Leonhardstraße ist die Galerie seit dem Jahre 2015 nun am Opernring 7 angesiedelt. Hier nutzt sie nun Tür an Tür Synergien mit einer weiteren gut bekannten Institution, der „Galerie Zimmermann-Kratochwill“. Gegründet im Oktober 2010, setzen die Galeristen Birgit und Karl Zimmermann sowie Rudolf Kratochwill ihren Schwerpunkt auf langfristige Projekte mit zeitgenössischen Künstlern. Kritische Kunst mit einem Fokus auf gesellschaftspolitische Statements wurde dabei zu einem Aushängeschild der Ausstellungstätigkeit. Vertreten wird eine Mischung aus steirischen und internationalen Künstlern, darunter RESANITA, Xenia Hauser, Klaus Wanker, Stefan Glettler, Alfredo Barsuglia oder Poklong Anading.
Die neue Generation
In den letzten Jahren hat Graz verstärkt neue Galerien hinzubekommen. Darunter auch die eine oder andere, die sich ihren Platz mit innovativen Ideen erobern konnte. Zum Beispiel Helmi Mubarak, der seine „gallery lendnine“ neben dem Grazer Kunsthaus im Jahre 2011 eröffnete. Er verfolgt die Idee der „Affordable Art“ und verkauft leistbare Kunstwerke für ein junges Publikum. Anstelle von Einzelausstellung setzt er auf das Konzept eines poppigen Showrooms, der zeitgleich mehreren Positionen Platz bietet. Neben international etablierten Künstlern aus dem Bereich der Pop- und Street-Art wie Pim Smit, Carine Bouvard oder Sandra Partera zeigt er Talente wie Christina Gschwandtner, David Leitner oder Alessandro Painsi.
Seit dem Jahr 2012 betreibt die Galeristin Ursula Stross ihre Galerie am Joanneumring 6. Immer wieder zeigt sie auch engagierte Kunstschaffende am Beginn ihrer Laufbahn, die sich gesellschaftsrelevanten Themen auf konstruktive Weise stellen. Im Dezember 2017 besuchte sie mit einigen ihrer Künstlerinnen und Künstler die internationale Kunstmesse SCOPE MIAMI BEACH. Dort gelang es der Galeristin, Emmerich Weissenberger, Olivia Kaiser, Kim Lone und Wolfgang Grinschgl mit der New Yorker Dean Borghi Fine Art Gallery zu vernetzen. Auch die Kunst lokaler Größen wird oftmals zum Thema. Aktuell mit der Malerei von Herbert Soltys, die gemeinsam mit der Arbeit des Tiroler Fotografen Florian Hirzinger in der Ausstellung Torschluss noch bis zum 4. Mai zu sehen ist.
Die Newcomer
Zu den jüngsten Newcomern in Graz zählt die „Galerie Galerie“ von Heimo Bachlechner, der bereits seit einigen Jahren als Galerist in Wien tätig ist. Er zeigt Künstler wie Josef Wurm, Thomas Palme oder TOMAK. Seit etwas mehr als eineinhalb Jahren geöffnet hat die „Galerie Schnitzler und Lindsberger“ in der Rechbauerstraße 21. Diese wurde von zwei Kunstbegeisterten ins Leben gerufen: dem promovierten Kunsthistoriker Andreas Schnitzler und dem Unternehmer Georg Lindsberger. Auch hier sollen Kunsttalente gefördert und Sammlern neue Namen präsentiert werden. „Wir wollen Lust auf Kunst machen”, so die beiden Galeristen. „Der Raum, den wir mit unserer Galerie erschaffen haben, soll mehr sein als ein Ausstellungsraum. Die „Galerie Schnitzler und Lindsberger“ ist ein Treffpunkt für Kunstinteressierte, eine Plattform für intensiven Gedankenaustausch – auch zwischen Künstlerinnen und Künstlern sowie Besucherinnen und Besuchern. Kunst lebt nicht nur von Kommunikation. Sie ist Kommunikation.“
Grazer Galerien im Überblick
Galerie Artelier Contemporary, Griesgasse 3, 8020 Graz / www.artelier-contemporary.at
Nächste Ausstellung: „… its makes sense, part 1“, zu sehen von 4. bis 6. Mai
Atelier Jungwirth, Opernring 12, 8010 Graz / www.atelierjungwirth.com
Aktuelle Ausstellung: „Christian Jungwirth“, zu sehen bis zum 8. Mai
Haus der Kunst – Galerie Andreas Lendl, Joanneumring 12, 8010 Graz / www.kunst-alendl.at
Kommende Ausstellung: „Lucy Mcgillis“, zu sehen bis 1. Juli.
Galerie Galerie, Bürgergasse 5, 8010 Graz / www.galeriegalerie.com
Kommende Ausstellung: „Stylianos Schicho“, zu sehen vom 4. Mai bis 2. Juni
Galerie KUNST & HANDEL, Bürgergasse 5, Palais Trauttmansdorff, 8010 Graz / www.kunstundhandel.com
Nächste Ausstellung: „Loys Egg & Peter Weibel“, zu sehen vom 4. Mai bis zum 2. Juni
gallery lendnine, Lendkai 9, 8020 Graz / lendnine.at
Galerie Leonhard, Opernring 7, 8010 Graz / www.galerie-leonhard.at
Aktuelle Ausstellung: „Renate Krammer“, zu sehen bis 6. Mai
Galerie Ursula Stross, Joanneumring 6, 8010 Graz / www.galerie-stross.at
Kommende Ausstellung: „Alexander Karner & Helga Scholler“, zu sehen vom 4. Mai bis zum 18. Mai
Galerie Schnitzler und Lindsberger, Rechbauerstraße 21, 8010 Graz / www.sl-galerie.at
Aktuelle Ausstellung: „SHOW“, zu sehen bis 1. Juli
Galerie Reinisch Contemporary, Hauptplatz 6, 8010 Graz / www.reinisch-contemporary.com
Nächste Ausstellung: „Erwin Bohatsch & Fritz Panzer“, zu sehen vom 4. Mai bis zum 2. Juni
Galerie Zimmermann Kratochwill, Opernring 7, 8010 Graz / www.zimmermann-kratochwill.com
Kommende Ausstellung: „Klaus Wanker“, zu sehen vom 21.–30. April