Auch in der 204. Saison besticht der Musikverein mit einer gelungenen Mischung aus internationalen Stars wie Anna Netrebko und der gezielten Förderung heimischer Nachwuchstalente.
Text: Lydia Bißmann
Zum zweiten Mal lud der Musikverein Mitglieder, Förderer, Abonnenten und Liebhaber der klassischen Musik Anfang April zu einer Gala, in der das Programm der Spielzeit 2018/2019 von Dr. Michael Nemeth präsentiert wurde. Durch den Abend führte die Sängerin und Entertainerin Andrea Huber. BRÜCKEN:BAUEN ist das Leitmotiv der 204. Spielzeit, das über die Schwerpunkte Genres, Gattungen und Generationen dramaturgisch umgesetzt wird.
Menschenrechte und Musik
Glanzpunkte der Spielzeit sind, wie jedes Jahr, die Festkonzerte, auf denen Stars und Ehrenmitglieder des Musikvereins wie Anna Netrebko, Juan Diego Flórez oder Elına Garanca zu erleben sein werden. Eröffnet wird die Festkonzert-Reihe und gleichzeitig die Spielzeit mit einem der zwei Konzerte für Menschenrechte. Geboten werden Werke von Franz Xaver Mozart und François-Adrien Boieldieu. Die Chefdirigentin der Grazer Philharmoniker Oksana Lyniv gründete das Symphony Youth Orchestra of Ukraine, in dem auch junge Musiktalente aus den noch besetzten Kriegsgebieten der Ukraine mitspielen. Mit diesem Schwerpunkt setzt der Musikverein ein Zeichen für die Werte einer humanistisch orientierten Gesellschaft. Der Starpianist und Träger des Menschenrechtspreises der Karl-Franzens-Universität Graz Daniel Barenboim bestreitet mit einer Beethoven-Gala den zweiten Abend im Zeichen der Menschenrechte. Barenboim engagierte sich vor allem für den israelisch-palästinensischen Dialog und wurde auch für den Friedensnobelpreis nominiert.
2018: Das Jahr der Jubiläen
Das große Jahr der Jubiläen 2018 findet sich auch im Programm des Musikvereins wieder. Seit zehn Jahren agiert Dr. Michael Nemeth als Generalsekretär und Künstlerischer Leiter. Universalgenie Leonard Bernstein kam vor 100 Jahren, der Schöpfer der österreichischen Unterhaltungsmusik Franz von Suppé vor 200 Jahren zur Welt. Der Todestag des Wegbereiters der Moderne Hector Berlioz jährt sich 2019 zum 150. Mal. Franz von Suppés Operette Zehn Mädchen und kein Mann wird von einer Einführung begleitet. Berlioz’ berühmte Grande messe des morts ist einer der Höhepunkte der Orchesterkonzerte der kommenden Saison. Die Totenmesse wird von den Grazer Philharmonikern mit Theodor Guschlbauer und dem Chor der Grazer Oper unter der Leitung von Bernhard Schneider aufgeführt. Zu Bernsteins Ehren werden die Chichester Psalms, in denen die Orgel des Stefaniensaals wieder zum Einsatz kommen wird, gegeben.
Nicht zuletzt wird mit dem Einsatz des imposanten Instruments auch einem langgehegten Publikumswunsch nachgekommen. Die Beziehung zwischen dem Musikverein und seinem Publikum ist innig und herzlich. Unter Musikern genießt das Grazer Auditorium über alle Grenzen hinaus einen ausgezeichneten Ruf. In der vergangenen Spielzeit wurden 53 Konzerte von über 35.000 Besuchern frequentiert. Die meisten davon sind Abonnenten und Mitglieder, die den hochwertigen Angeboten der klassischen Musik seit Jahren treu sind. Nemeth bezeichnete Künstler, Organisatoren, Zuhörer und Mitwirkende des Vereins in seiner Rede auch immer wieder als eine einzige, große Familie. „Wir vom Musikverein, die Musikerinnen und Musiker und unser Publikum sind ja so etwas wie eine einzige, große Familie”, wird Nemeth nicht müde, in seiner Rede zu betonen. Nicht fehlen darf in dieser Großfamilie die Steiermärkische Sparkasse als Hauptförderer und langjähriger Partner. Schließlich residiert der Grazer Musikverein auch am Sparkassenplatz. Der Stefaniensaal, der zu den akustisch besten Konzertsälen der Welt zählt, wurde 1885 von der damaligen Vereinssparkasse gebaut und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Internationalität und Erstaufführungen
Freuen dürfen sich Musikliebhaber neben Orchesterkonzerten von Beethoven, Strauss und Mozart über zwei Erstaufführungen. Franz Schmidts komplexe und schwierig zu spielende Symphonie Nr. 2 in Es-Dur wird in Graz zum ersten Mal aufgeführt. Prométhée. Le Poème du feu, das letzte vollendete Orchesterwerk des russischen Komponisten, Pianisten und Synästhesisten Alexander Nikolajewitsch Skrjabin, sieht auch den Einsatz eines speziellen Farbenklaviers vor. Auf die Umsetzung des multimedialen Stückes darf man gespannt sein. Bewährte Fixpunkte sind auch in der Spielzeit 204 Kammermusik, Solistenkonzerte und Liederabende. Wie üblich wird großer Wert auf Internationalität gelegt: Das Jerusalem Quartet wird, wie auch die norwegische Startrompeterin Tine Thing Helseth mit ihrem Brass Ensemble, im Musikverein debütieren. Die Brüder Daniel und Andreas Ottensamer sowie Christoph Traxler gestalten eine Hommage an Ernst Ottensamer. Der Pianist und Beethoven-Experte Rudolf Buchbinder gilt als Highlight der Solistenkonzerte. Das Streicher-Duo BartolomeyBittmann lieferte bereits bei der Programmgala einen dynamischen Einblick in seine ausschließlich selbst komponierten Werke. Das Publikum schloss die beiden Energiebündel sofort ins Herz und spendete überschwänglich Applaus.
Brücken in die Zukunft
Als größter Konzertveranstalter der Landeshauptstadt bemüht sich der Grazer Musikverein unermüdlich um die Förderung junger Talente. Die Reihe „Amabile“ richtet sich an die jüngsten Konzertbesucher und bietet ein eigens für Kinder ausgerichtetes Konzertformat. Mit einem Kindervarieté des Jazzmusikers Eddie Luis und dem poppigen Promenadenkonzert „Kids go Proms” kümmert man sich verspielt und liebevoll um die Abonnenten von morgen. Wer junges Publikum haben möchte, muss junge Künstler auftreten lassen. Deswegen bekommen frische Talente der Kunstuni Graz die Möglichkeit, im Rahmen des „Musikalischen Aperitifs“ oder der „Jazz Lounge“ sich und ihr Können in einem Kurzauftritt zu präsentieren. Diese Minikonzerte sind im Kartenpreis inkludiert und finden vor oder nach regulären Konzerten statt. Der Fördergedanke des Musikvereins findet sich auch in der Preisgestaltung der Tickets wieder: Lehrlinge, Schüler, Studenten, Präsenz- und Zivildiener unter 26 erhalten 50 Prozent Ermäßigung auf reguläre Konzertkarten. Für Kurzentschlossene unter ihnen werden Restkarten an der Abendkasse um nur fünf Euro abgegeben. Mit Serviceangeboten wie Einführungen in die Musikwerke, Sammeltaxis und Abo-Tauschbörsen versucht man Konzertbesuchern den Musikgenuss so unkompliziert und so angenehm wie möglich zu machen.
Festkonzerte des Musikvereins 2018/2019
Oksana Lyniv, Youth Symphony Orchestra of Ukraine, Konzert für Menschenrechte I, Beethoven, F. X. Mozart, Boieldieu, Stefaniensaal, 17.9.2018, 19.30 Uhr
Sommerakademie der Wiener Philharmoniker, Mozart: La clemenza di Tito, Kammermusiksaal, 19.9.2018, 19.30 Uhr
Daniel Barenboim, Konzert für Menschenrechte II, Beethoven-Gala, Stefaniensaal, 14.10.2018, 18 Uhr
Thomas Platzgummer, Landessymphonieorchester Steiermark, Tschaikowsky: Romeo und Julia, Schubert: Unvollendete, Bernstein: West Side Story, Stefaniensaal, 5.11.2018, 19.30 Uhr
Anna Netrebko, Malcolm Martineau
(Klavier), Rachmaninow, Tschaikowsky,
Rimski-Korsakow, Stefaniensaal, 11.11.2018, 19.30 Uhr
Juan Diego Flórez, Cécile Restier (Klavier), Mozart, Donizetti, Massenet, Verdi u.a., Stefaniensaal, 20.1.2019, 19.30 Uhr
Franz M. Herzog, Bog˘aziçi Jazz Choir, Chor pro Musica Graz, Chor Johann-Joseph-Fux Konservatorium, Christian van de Woestijne (Orgel), Bernstein: Chichester Psalms, Rutter: Gloria,
Stefaniensaal, 22.3.2019, 19.30 Uhr
Opera Master’s Programme der MUK Wien, Niels Muus (Leitung), Suppé: 10 Mädchen und kein Mann, Kammermusiksaal, 10.4.2019, 19.30 Uhr
Elına Garanca, Karel Mark Chichon, Wiener KammerOrchester, Caldara, Tosti, De Curtis, Stefaniensaal, 7.6.2019, 19.30 Uhr
Francesco Ciampa, Grazer Philharmoniker, Maria Mudryak, Leo Nucci, Verdi-Gala, Stefaniensaal, 25.6.2019, 19.30 Uhr
Karten: Konzertkasse: Sparkassenplatz 2, Mo 9–18 Uhr, Di–Fr 9–15 Uhr
Festkonzerte: Kartenvorverkauf für Mitglieder seit 4. April 2018, allgemeiner Vorverkauf seit 17. April 2018 / Abo-Anmeldung ab sofort; Einzelkartenverkauf für Abo-Konzerte ab 4. September 2017, Tel. 0316 822 455