Die Kunstuniversität Graz zeigt mit einer bildstarken Inszenierung von Katharina Thoma, wie aktuell W. A. Mozarts „Così fan tutte“ heute noch ist. Die musikalische Leitung hat Frank Cramer, Premiere ist am 26. Mai.
Wolfgang Amadé Mozart war bereits zu Lebzeiten ein Star. Doch erst nach dem durchschlagenden Erfolg seiner Zauberflöte wurde – post mortem – das Bild des unsterblichen „Amadeus“ kreiert, des Geniekünstlers und Popstars, den die Götter lieben. Aus dem Librettisten der Zauberflöte, Emanuel Schikaneder, wurde in der Folge ein reicher Mann. Dabei war ein anderer literarischer Mozart-Partner vielleicht viel interessanter: Lorenzo da Ponte, aus einer jüdischen Familie stammend, zum katholischen Priester geweiht, dann wegen Ehebruchs verstoßen, präsentiert sich der Nachwelt als intellektueller Kosmopolit, Lebemann und Freund Casanovas. Auf der Flucht vor seinen Gläubigern verschlug es ihn keine zehn Jahre nach Mozarts Tod in die USA, wo er es immerhin bis zu einer Professur am Columbia College brachte. Gemeinsam mit Da Ponte schuf Mozart große lust- und liebesschwere Opern wie Don Giovanni, Le nozze di Figaro oder eben Così fan tutte, ein Werk, das schon unter Zeitgenossen als „unmoralisch“ verschrien war. Heute verursachen die lockeren Sitten, die in dieser Geschichte um Verführung und Betrug auf der Bühne ausgebreitet werden, weniger Aufregung als die stellenweise doch eindeutig chauvinistischen Töne des Librettos.
Am Anfang steht eine Wette, die nicht weniger auf die Probe stellen soll als die Treue zweier Frauen. Deren Versuchung folgt in Form einer Maskerade und setzt ein Verwirrspiel in Gang, das auch vor dem Partnertausch nicht Halt macht. An der Kunstuniversität Graz kommt Così fan tutte in der Regie einer Frau zur Aufführung. Die international erfolgreiche Opernregisseurin Katharina Thoma begegnet der Oper mit einer gesunden Portion Ironie und – vor allem – mit sehr genauem Blick. Für sie ist es ein „zeitloser Stoff, der in jeder Epoche neue Formen der Aktualität gewinnt.“ Heute zum Beispiel findet sie im Masken-Spiel der Inszenierungen den Druck zur Selbstdarstellung und -optimierung wieder, unter dem im 21. Jahrhundert nicht zuletzt zahlreiche Partnerschaften leiden. Soziale Netzwerke bieten (anders als im Falle Mozarts gleichsam in Echtzeit) Raum für idealisierte Entwürfe der eigenen Person, des eigenen Lebens.
„Partnerschaften geraten ins Wanken, wo vermeintliche Sicherheiten aufs Spiel gesetzt oder aufgegeben werden“, glaubt Thoma. So auch in der Da-Ponte-Oper: Es sei ein grausames Spiel, das die Männer in Così fan tutte mit den Frauen treiben, doch es bringe die Möglichkeit mit sich, gesellschaftlich vorgegebene Bahnen zu verlassen. Und dabei sei ab einem gewissen Punkt gar nicht mehr so klar festzumachen, wer im Reigen des Tarnens und Täuschens gerade das Heft in der Hand habe. „Durch die Konfrontation mit Wunschvorstellung, Anspruch und Wirklichkeit im Finale der Oper wird Offenheit geschaffen.“ Am Ende jedenfalls stehe für jede der Figuren die Möglichkeit eines Neuanfangs.
Thomas Inszenierung stellt eine moderne helle Hochglanzwelt vor. Doch diese fällt zunehmend in sich zusammen und gibt ihre Kulissenhaftigkeit Preis (Ausstattung: Vanessa Pressl, Studierende der Bühnengestaltung), während die auf der Bühne dargestellten Menschen Schritt für Schritt zu sich selbst finden. „Umso weniger die glanzvolle Oberfläche sichtbar ist, umso mehr geht das Stück unter die Haut“, so Thoma bildhaft. Im Zusammenspiel mit der erlesenen Musik Wolfgang Amadé Mozarts entsteht so eine dichte, intensive Gesamtkomposition.
Così fan tutte (Hauptabonnement – 11. Veranstaltung)
Oper in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart, KV 588, nach einem Libretto von Lorenzo Da Ponte
SängerInnen: Studierende des Instituts Musiktheater, Opernorchester und Opernchor der Kunstuniversität Graz, Musikalische Leitung: Frank Cramer, Inszenierung: Katharina Thoma, Ausstattung: Vanessa Pressl (Studierende Bühnengestaltung)
26., 28. und 30. Mai, 1. und 3. Juni 2018, jeweils 19 Uhr im MUMUTH, György-Ligeti-Saal
Eintrittskarten: Konzert-/Abendkassa, Zentralkartenbüro Graz (0316 830 255)