Start Kunst & Kultur Poetischer Expressionismus von Werner Augustiner

Poetischer Expressionismus von Werner Augustiner

Werner Augustiner, "Parisermädchen"

Noch bis zum 2. September läuft die Ausstellung eines spannenden Vertreters der steirischen Moderne, Werner Augustiner, in Groß Sankt Florian. Sie ist eine der drei jährlichen Sonderausstellungen des Feuerwehrmuseums.

Text: Lydia Bißmann

Der Maler Werner Augustiner lebte von 1922 bis 1986 fast durchgehend in Graz. Er studierte bei Rudolf Szyszkowitz, Herbert Boeckl und Albert Paris-Gütersloh. Kaum ein bildender Künstler ist so facettenreich wie Augustiner. Der Verfechter der gegenständlichen Darstellung beherrschte fast alle malerischen Ausdrucksformen. In der Ausstellung finden sich neben Ölbildern, Lithographien, Aquarellen, Holzschnitten, feinen Grafiken, Tusche- und Kohlezeichnungen auch drei Hinterglasmalereien. Sogar ein abstraktes Stillleben ist darunter, obwohl der Künstler zeit seines Lebens wenig mit dieser Darstellungsform anfangen konnte. Die Problematik des Andersseins, das Gefühl des Ausgestoßenseins spiegelt sich vor allem in seinen religiös motivierten Bildern wider. Augustiner wurde mit verkürzten Armen geboren und wurde deswegen auch nicht zum Kriegsdienst eingezogen. Am Malen hat ihn dieser Makel aber nicht gehindert. Augustiner produzierte fleißig und verkaufte gut. Trotzdem drehte er jeden Groschen zweimal um. Seine Leinwände bemalte er teilweise auch auf der Rückseite, war sparsam bei Farben und Untergründen und bewahrte konsequent jeden produzierten Schnipsel auf. Dieser sorgfältige Umgang mit den eigenen Ressourcen stellt die Nachwelt auch vor einige Herausforderungen, was die Konservierung und künstlerische Einteilung seiner Werke anbelangt.

„Rollande“, Öl auf Leinwand

Südliche Landschaften und die Welt der käuflichen Liebe

Augustiner galt als komplizierte, schwierige Persönlichkeit. Selbst sehr religiös, konnte er mit der katholischen Kirche wenig anfangen. Für die Stiegenkirche in Graz fertigte er 1959 ein Altarbild an, das aber wieder abgehängt wurde. In jungen Jahren unternahm er viele Reisen nach Italien, Frankreich und die Türkei, auf denen viele Landschaften und mediterrane Szenen entstanden. In Paris taucht er dort in das schillernde Nachtleben des Rotlichtmilieus ein. Momentaufnahmen von Parisermädchen, die gelangweilt an der Bar auf Kundschaft warten, sich die Zeit mit Tratsch und Klatsch vertreiben und potenziellen Kunden ihre Vorzüge anpreisen, sind das Resultat dieser Ausflüge in die Grauzonen der Gesellschaft. Die Freudenmädchen, schreibt er, seien die letzten heiligen Figuren, die die Heiligkeit in sich tragen, ohne es zu wissen. Seine Sympathie für das Gewerbe und nicht zuletzt der Respekt für die ausübenden Personen ist in seinen Bildern deutlich sichtbar. Kleine körperliche Makel wie Fältchen oder ein zu dicker Po tragen, trotz der expressionistischen Formensprache, nur zur wohlwollenden und anerkennenden Darstellung der arbeitenden Frauen bei. Weniger großzügig ist der durchaus sozialkritische Maler bei der Abbildung der Bourgeoisie auf ihren Feiern und Partys. Hier verschwimmt schon mal das Make-up der Damen und bringt wenig Schmeichelhaftes hinter der bürgerlichen Fassade zum Vorschein.

Religiöse Motive im Werk von Augustiner.

Königsdisziplin Akt

Aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit musste Augustiner seine Reisen aufgeben und widmete sich ab Mitte der 60er Jahre vor allem dem Akt. Der Leidenschaft zur Darstellung des nackten Körpers entspringen großformatige Ölbilder, die in der Farbgebung und im Ausdruck an Modigliani erinnern. Rohrfederzeichnungen zeugen mit der präzisen Liniensetzung vom handwerklichen Geschick des Künstlers. Augustiner schreibt in seinem Tagebuch, dass Nacktheit für ihn das Natürlichste sei und nur der Mensch daraus etwas Unkeusches mache. Die sehr persönlich gestaltete Ausstellung wurde von Nina Zmugg kuratiert, die die verschiedenen Räume wichtigen Themen wie Akt, Reisen und Religion zugewiesen hat. Tagebucheintragungen umrahmen über 90 Exponate, die hauptsächlich aus Leihgaben privater Sammlungen stammen. Sie verschaffen einen intimen Einblick in die Gedankenwelt des steirischen Expressionisten. Augustiner war Mitglied des österreichischen Werkbunds und des Grazer Künstlerbunds und erhielt viele Auszeichnungen. Seine Werke sind auch im Belvedere, in der Albertina in Wien und in der Sammlung des Universalmuseums JOANNEUM zu finden.

Paris in der Bar von Jenni Koller

 

Werner Augustiner. Der Maler des zeitlosen Expressionismus

Steirisches Feuerwehrmuseum Kunst & ­Kultur, Marktstraße 1, 8522 Groß St. Florian, 25.5.–2.9.18, Di–So 10–17 Uhr, Eintritt: €7/5,50 ermäßigt, Tel. 03464 8820

Erreichbar mit der S6 vom Grazer Hauptbahnhof

www.feuerwehrmuseum.at

Noch bis 2. September ist die Schau im Steirischen Feuerwehrmuseum Kunst & Kultur zu sehen.