Im Spiegel der Geschlechterpolitik: Anlässlich der 30. Ausgabe des Tuntenballs widmet sich das GrazMuseum in Kooperation mit dem Verein RosaLila PantherInnen einer bewegten Ball-Geschichte.
Text: Pia Moser
Vom kleinen Kostümfest in der Uni-Mensa zum schillernden Highlight der Ballsaison im Grazer Congress: Die Geschichte des Tuntenballs ist ein Sinnbild für die gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen 30 Jahre, geht es doch um die Themen Diversität und Akzeptanz. In Kooperation mit dem Verein RosaLila PantherInnen, der sich seit 1991 für Gleichstellung und Antidiskriminierung von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen einsetzt, widmet sich das GrazMuseum ab 13. Februar den buntesten Momenten in 30 Jahren Tuntenball. Unter dem Titel „ganz normal anders“ fügt sich die Jubiläumsschau bestens ein in den Ausstellungsbetrieb des Museums – wenn Gender und Diversität als zentrale Achsen der Auseinandersetzung auftreten, die eine Vielfalt der Lebensformen hochhält.
Diversität feiern
„Auf Du und Du mit dem Stöckelschuh“ lautete das Motto zum Auftakt. Die Geschichte des Tuntenballs beginnt 1990 als kleines Fest in der Mensa der Universität Graz. „Für eine explizit homosexuelle Veranstaltung war die Location-Suche zu Beginn noch schwierig“, erzählt Hans-Peter Weingand, Historiker und Mitbegründer des Vereins RosaLila PantherInnen. Die Anfänge des Tuntenballs fallen in eine Zeit, in der Homosexualität in Österreich noch im Strafrecht verankert war und als „Unzucht“ galt. „Werbeverbot, Mindestalter oder des Verbindungsverbot waren äußerst heikle Punkte in der Ball-Organisation. Ganz abgesehen von der Homophobie, mit der man sich allgemein konfrontiert sah“, so Weingand. Von der Mensa-Leitung kam schließlich eine Zusage, mit der Begründung: „Jeder Mensch hat das Recht zu feiern“. Der Startschuss für ein buntes und offenes Fest der Andersheit war gefallen.
Nachdem die Räumlichkeiten der Mensa bald zu klein wurden, belebte der Tuntenball ab 1996 das Meerscheinschlössl in seiner ursprünglichen Funktion als Redouten- und Maskenballschloss wieder. Im Laufe der kommenden Jahre wurde der Ball immer größer: 2000 übersiedelte man in die Arbeiterkammersäle, den Sprung in den Grazer Congress hat man im Kulturhauptstadtjahr 2003 geschafft. „Das Anwachsen des Tuntenballs ist nicht nur ein Spiegel der Gesellschaft, sondern vor allem auch der homosexuellen Szene selbst“, erklärt Martina Zerovnik, die die Ausstellung gemeinsam mit Franziska Schurig kuratiert. „Denn in einer heteronormativen Gesellschaft kommt es vor allem auch auf den Mut für ein Coming-out an.“
Toleranz fördern
2019 ist der Tuntenball in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Maskierung und das Spiel mit Geschlechterrollen sind seit Beginn an wesentliche Bestandteile und Erfolgsrezept zugleich. Mit der Präsentation von Foto- und Videomaterial sowie schrillen Accessoires wirft das GrazMuseum ab 13. Februar Licht auf spannende Relikte aus 30 Jahren Ballgeschichte. Ergänzend erzählt die Schau nicht nur die Entwicklung des für den Ball wegweisenden Vereins der RosaLila PantherInnen, sondern thematisiert vor allem auch die Meilensteine der Geschlechterpolitik der vergangenen 30 Jahre. „Der Ball trägt den Diversity-Gedanken sowohl nach innen als auch nach außen. Und das geht nach wie vor mit klaren Forderungen einher“, betont Historiker Weingand. Denn: Volle Gleichbehandlung und gelebte Akzeptanz seien mit einer rein rechtlichen Gleichstellung freilich noch nicht erreicht.
Mit dem Leitmotiv der Öffnung soll die Schau jedenfalls nicht nur die Szene ansprechen. Durch die Präsentation im offenen Foyer und im angrenzenden Steinernen Saal wird das Motiv der Innen- und Außenperspektive auch räumlich spürbar, wie Kuratorin Zerovnik erklärt: „Der Tuntenball ist ein Ort der Öffnung, des Coming-outs. Und bildet gleichzeitig einen ‚Safe Space‘, an dem man feiern und man selbst sein darf.“
Ausstellung „ganz normal anders. 30 Jahre Tuntenball“: Eröffnung: 12. Februar 2019, 18 Uhr, zu sehen bs 7. April 2019 im GrazMuseum, Sackstraße 18, 8010 Graz (Neue Öffnungszeiten: täglich 10–18 Uhr, Mi 10–20 Uhr)