Kunst aus der Steiermark erinnert in Frankfurt/Main an die Misere der Weltpolitik. Zum 200-Jahr-Jubiläum von Goethes „West-Östlichem Divan“ erstickt dessen lyrische Sensibilität an einer desolaten Weltlage genauso wie in kleingeistiger Enge. Diese Ausstellung zeigt das.
Ein steirischer Essayist und ein steirischer Künstler arbeiten dennoch an einer Perspektive für Verständigung über Religionen und Kontinente hinaus – ab 26. März im Frankfurter Goethehaus. Wahrscheinlich wundert es nur wenige, wie viele – deutlich unterschiedliche – Sichtweisen von wissenschaftlichen und künstlerischen Rückblicken nicht nur auf einige Jahrhunderte, sondern auf mehr als ein Jahrtausend möglich sind. Und dennoch sind sie keine Abziehbilder.
Brücken bauen
Die Dramatisierung essayistischer Stoffe sind ein Markenzeichen von Gerhard Dienes, dem Historiker mit Außenwirkung im Universalmuseum Joanneum. Und er liefert damit wieder einen Lackmustest für die Jetztzeit. In seinem Metier, der Bildkunst, gelingt das auch Fritz Ganser. Für die Steirische Kulturinitiative war es also selbstverständlich, seine umwerfende und sinnfällige Ausgangsidee zu diesem Hafis-Denken in eine weitere Gestalt wechseln zu lassen: „alle tragen alles, und wer was trägt, spielt keine rolle“. Zeile für Zeile, aus dem Hafis-Werk gelöst, kleben Plastikbuchstaben an dünnen Schnüren, Perlen gleich. Und doch macht erst die Skulptur, in diesem Fall vom eingeräumten Platz mitbestimmt, das Werk. Was sind schon Wörter, es geht um das Werk. Denn Sinn erfassendes Lesen führt über Lettern und ihre Schreibweise hinaus. Beide, Ganser und Dienes, erfüllen das nicht nur an ihrem Thema und beide nicht zum ersten Mal. Ganser zum Beispiel in Wien–Aspern, Seestadt und in Gamlitz, Kranachberg.
Alle Absicht, seinen Namen aus diesen Überlegungen herauszuhalten, vermiest der momentane US-Präsident. Seine ahistorischen Anwandlungen (aus schnöder Eigenliebe) haben das Iran-Atomabkommen demoliert, was schlimm genug ist, aber er riskiert auch eine weitere Destabilisierung in Hafis‘ marodem Nachfolgestaat und in der Folge von Sanktionen auch weltweit. Brücken bauen heißt die ein weiteres Mal deutlich veränderte dritte UMJ-Ausstellung, diesmal im „Freien Deutschen Hochstift“, kurz Goethe-Haus genannt. Sie folgt den überreichen Spuren des steirischen Diplomaten, Wissenschaftlers und Weltbürgers (seiner Zeit) Joseph von Hammer-Purgstall nach ihren Verpuppungen in Shiraz und Teheran (2017) bzw. im Grazer ORF-Studio (2018).
Apropos Verständigung: Von Hafis‘ nur an Jahren alter Ausdruckskraft und lustvoller Sinnindividualität können nicht nur heutige Iranerinnen und Iraner über Literatur Zugänge zu einer überall in ihrem Land erwarteten Veränderung finden, sondern sehr viel mehr Kulturen dieser Welt. Und wenn die immer wieder sichtbare Anerkennung seines Werks in seiner Heimat auch Akzeptanz des Inhalts bedeutet und damit auch dessen Übertragung in unser Heute möglich erscheinen lässt, dann wäre Verständnis nahe. Also trotzdem ein Jubiläum.
26. März – 11. Juni im Frankfurter Goethe-Museum, Großer Hirschgraben 23–25, 60311 Frankfurt am Main
Steirische Kulturinitiative
Im Programm-Mittelpunkt der Steirischen Kulturinitiative stehen Künstlerinnen und Künstler, die über ihre künstlerische Begabung hinaus der sie umgebenden Gesellschaft mit ihrer Arbeit das vermitteln, was diese an neuer Kunst und an ihrer eigenen Wirklichkeit interessieren sollte.
Karl-Heinz Herper, Vorsitzender
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