Ausstellung und Symposion in Belgrad als Basis für die Steirische Kulturinitiative: Der Mathematik-Professorin und Künstlerin Marica Radojcic gelang im dazu fremdelnden Belgrad ein subtiles Werk mit Bezug zum genialen Nikola Tesla. Fortsetzung in Graz folgt.
Marica „Umna“ Radojcic wird zu den wichtigsten serbischen GegenwartskünstlerInnen gezählt. Als Malerin, Bildhauerin, Konzept- und Performancekünstlerin wird sie ebenso geschätzt wie als Mathematikerin und Philosophin an der Universität Belgrad, überhaupt als Theoretikerin, Kuratorin oder Pädagogin. Künstlerisch drückte sie sich über Video, Animation & Installation, Sound Improvisation und als Poetin aus. Ausstellungen in so gut wie allen Weltgegenden belegen es. Das mit ihrem Tod vor knapp mehr als einem Jahr hinterlassene Werk gilt als Grundlage serbischer Multimedia- und Intermediakunst. Eine kleine Gruppe in der serbischen Hauptstadt schickt sich an, dieses Werk nicht nur zu erhalten, sondern auch zu ergründen und weiterzuentwickeln. Es ist offensichtlich an verschiedenen Orten verstreut. Mit der steirischen Konzeptkünstlerin Doris Jauk-Hinz hat die Steirische Kulturinitiative etwa eineinhalb Jahre vor Radojcic Tod die Planungen für eine Ausstellung und ein Symposion begonnen, nicht zuletzt auch deswegen, weil in ihrem Werk der genial erfinderische Nikola Tesla eine erhebliche Rolle spielte, also auch die Ambivalenz zwischen Kunst und Wissenschaft.
Für österreichische, steirische und Grazer Kulturbeziehungen (u. a. auch Graz als Europäische Kulturhauptstadt 2003) werden gerne Balkanländer einbezogen. Der Output ist dann nicht immer so groß. Vielleicht rückt das heutige Serbien stärker in unseren Fokus, wenn seine innenpolitischen Spannungen auch hier deutlicher wahrgenommen werden. Davon war während des Symposions „Illuminating the darkness – the immersion into noise“ Ende April in der Mitte der Laufzeit der Ausstellung International Triennal of Expanded Media, Multimedia Art and New Media Art RECONNECTION 2019 wenig zu spüren. Die nicht nur in Serbien lebenden serbischen Vortragenden öffneten im theoretischen Rahmen des Grazer Musikologen Werner Jauk ein an Perspektiven reiches Bild. Ihre Kunst sah Radojcic als experimentell und bis vor 20 Jahren im Wesentlichen visuell. Dann begann sie sich experimentell mit Performances und Sound zu beschäftigen. Auf Mathematik und Philosophie zurückgreifend, die üblicherweise in tieferen Ebenen gründen, wurden für ihre Arbeit mehrere Ideen dominant: Unendlichkeit (die nahe bei der Idee von Gott ist), Tod (besonders die dünne Grenze zwischen Tod und Leben), Sprache (natürliche und abstrakte Sprachen, Wurzeln der natürlichen Sprachen), menschliche Grenzen (Grenzen unserer Welt, des freien Willens, von Wissen). Im November 2019 werden einige der Vortragenden dieses Symposions nach Graz kommen und in einer erweiterten Konzeption im Tesla Labor der Technischen Universität Graz die Bedeutung dieser Künstlerin ein weiteres Mal fokussieren.