Start Kunst & Kultur 225. Ausgabe der manuskripte: Ah, diese viehische Kunst!

225. Ausgabe der manuskripte: Ah, diese viehische Kunst!

Ausschnitt aus dem Titelbild der manuskripte Nr. 225: Martin Roth, Ohne Titel, Acryl auf Leinwand, 2006

Die 225. Ausgabe der Literaturzeitschrift manuskripte rüttelt auf, macht wach und kommt dem alltäglichen Stumpfsinn in die Quere.

Text: Wolfgang Pauker

Schon bei der Präsentation der neuen Ausgabe Anfang Oktober ging es geradezu verboten erfrischend zu, als Josef Winkler den alten, aber alles andere als zahm gewordenen Edgar Degas von Bonmot zu Bonmot durch sein Atelier granteln ließ. Gemeinsam mit Birgit Pölzl, die einen Auszug aus ihrem Roman „Frei. Leib“ präsentierte und Max Höfler, der eine Performance seiner „Hochleistungsgedichte“ zum Besten gab, las der in Kärnten geborene und mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnete Winkler bei freiem Eintritt und Wein in der Steiermärkischen Landesbibliothek. Die drei Autoren gaben dabei einen Ausblick auf die Schwerpunkte der 225. Ausgabe der legendären, von Alfred Kolleritsch und Andreas Unterweger herausgegebenen Grazer Zeitschrift für Literatur. Der erste ist Josef Winkler selbst gewidmet, zwischen dessen Prosa und den Beiträgen von Anna Baar und des jungen Grazers Björn Treber sich zahlreiche, mehr oder weniger versteckte Verbindungen herstellen lassen. Der im steirischen Oberzeiring geborene Günter Eichberger bildet ein weiteres zentrales Element der Publikation. Neben neuer Prosa des Grazer Autors, der vor kurzem seinen 60. Geburtstag feierte, wird auch sein umfangreiches Gesamtwerk in einem Essay von Gerhard Fuchs gewürdigt. Dritte große Protagonistin des Heftes ist Olga Martynowa, die wie Leopold Federmair auf das berühmte Hölderlin-Gedicht „Hälfte des Lebens“ Bezug nimmt und im Interview mit Tatjana Hofmann über die Hintergründe ihrer Arbeit spricht.

Josef Winkler
Foto: Jerry Bauer, Suhrkamp Verlag

Weitere Highlights

Das Titelbild der aktuellen Nummer ziert diesmal eine Arbeit des erst kürzlich und völlig unerwartet in New York verstorbenen Künstlers Martin Roth. Der gebürtige Grazer, der für seine Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Natur und Kunst bekannt ist und oft lebenden Organismen wie Pflanzen oder Vögel in von ihm kreierte Umgebungen setzte und damit sozialkritische Geschichten erzählte, ist mit einer grafischen Arbeit auf dem Cover vertreten. Daneben beinhaltet die Ausgabe auch neue Prosa von Gertrud Kolmar-Preisträgerin Ulrike Draesner, Shortlist-Dauergast Raphala Edelbauer oder Manon Hopf (Open Mike Finalistin 2019) sowie unveröffentlichte Lyrik von Friederike Mayröcker, Kornelia Koepsell, Helwig Brunner oder Ann Kathrin Ast. Essays zu Werner Schwabs Anfängen von Harald Miesbacher und Peter Handkes graphischem Werk von Helmut Moysich sowie Hubert Burdas heitere Erinnerung an den verstorbenen Dichter Peter Hamm runden den Inhalt des gewohnt dezentral organisierten Heftes ab.

„rotahorn“ Literaturpreis

Seit 2011 in enger Zusammenarbeit mit der Literaturzeitschrift vergeben wird der als Förderpreis konzipierte und von Saubermacher-Gründer Hans Roth ausgelobte „rotahorn“ Literaturpreis. Mitte September wurden mit Max Sesser und Sarah Kuratle die beiden Preisträger 2019 präsentiert. Die Gewinner wurden dabei aus einer hochklassigen Shortlist talentierter Lyrik- und Prosa-Autoren ermittelt, die ein Naheverhältnis zu den manuskripten pflegen und dort veröffentlicht werden. Für den mit 5.000 Euro dotierten Preis ausgewählt wurden die beiden von einer Fachjury, bestehend aus Barbara Frischmuth, Reinhard P. Gruber, Andreas Unterweger, Alfred Kolleritsch, Werner Krause, Christoph Hartner und Heinz Sichrovsky. Mit Max Sessner geht der Preis an einen Dichter, „dessen Sätze in einem unverwechselbaren Rhythmus satzzeichenlos über die Zeilen gleiten: eine Poetisierung der alltäglichen Sprache, die den Lesenden zur Aufmerksamkeit zwingt und ins Gedicht stolpern lässt“, so die Jury. Sarah Kuratle begeisterte mit ihrer eigenwilligen Prosa, hinter deren märchenhaften Zügen sich ein komplexes Spiel mit Handlungssträngen, Zeitebenen und vielfältigen Referenzen verbirgt. Die Preisträger werden am 11. November von Kulturlandesrat Christopher Drexler ebenfalls in der Landesbibliothek feierlich ausgezeichnet.

Christoph Hartner und Andreas Unterweger (stehend) sowie Reinhard P. Gruber, Hans Roth, Barba-ra Frischmuth und Alfred Kolleritsch (sitzend) präsentieren
die rotahorn-Literaturpreisträger 2019: Max Sessner und Sarah Kuratle.
Foto: Erwin Scheriau

www.manuskripte.at