Roland Düringer gilt als einer der wandelbarsten Kabarettisten Österreichs. Mit seinem neuen Programm „Africa Twinis“ wird er in den nächsten Monaten in der Steiermark zu erleben sein. Etwa in Gleisdorf oder am Red Bull Ring. „Achtzig“ sprach mit dem Künstler im Vorfeld über sein neues Kabarett, das Leben und die Politik.
Text: Stefan Zavernik
Die nächsten Monate führen Sie wiederholt in die Steiermark. Zu sehen gibt es dann Ihr neues Programm. Zum Thema werden das Motoradfahren und die härteste Wüstenrally der Welt – sind Sie wieder zum „Benzinbruder“ geworden, nachdem Sie dem Kult um heiße Gefährte eigentlich längst abgeschworen haben?
Man soll sich bekanntlich vom Titel und der Interpretation des Pressetextes nicht täuschen lassen. In meinem Stück Africa Twinis steht die Sehnsucht nach dem großen Abenteuer im Zentrum der Geschichte, auch die Angst vor dem Scheitern und der Erkenntnis, dass man letztlich nie das Leben gelebt hat, dass man eigentlich leben wollte. Die Motorradreise bildet nur den Rahmen und Dakar ist für meine Protagonisten kein Etappenziel, sondern ein Fluchtpunkt vor der eigenen Lebensrealität. Es geht um die große Hoffnung, nach 15.000 km durch die Wüste als jemand anderer am Ziel der Reise anzukommen. Und wie es im Theater so ist: Das Scheitern der Helden macht die Geschichte zur Komödie.
Dem Scheitern wird seit einigen Jahren ungemein viel Positives abgerungen. Wie stehen Sie generell zu dieser „Kunst des Scheiterns“?
Scheitern ist wohl keine Kunst, das passiert.
Was hat Sie zu der Erkenntnis geführt, dass man letztendlich nie das Leben gelebt haben kann, das man eigentlich leben wollte?
Meine eigenen Lebenserfahrungen. Sachzwänge zwingen, Sachen zu tun, die mein gar nicht tun möchte. Wer steht z. B. schon gerne montags am Weg zur Lohnarbeit im Stau?
Der Titel des neuen Programmes lautet „Africa Twinis“ – wie kam es zur Idee hinter der Geschichte?
Ich fahre seit meinem zwölften Lebensjahr Motorrad. Moto-Cross, Enduro, Rennstrecke, Trial, todesmutig auch im Straßenverkehr und gelegentlich zum Eissalon. Jetzt bin ich 56 Jahre alt und kann mit Gewissheit sagen, die Wüste Tenere werde ich in diesem Leben nicht mehr mit einem Motorrad durchqueren. Das muss jemand anderer für mich erledigen. Engelbert aus Engelbrechts in Begleitung von seinem verschollenen Jugendfreund Alois und seiner toten Mutter.
Sie selbst wollten ja eigentlich auch Motoradrennfahrer werden – warum haben Sie diesen Traum irgendwann Traum sein lassen?
Da war ich noch sehr, sehr jung und der Traum hat sich bei den ersten Rennen ausgeträumt. Zu langsam, zu zögerlich, zu ängstlich.
Nach Ihrem Engagement mit der von Ihnen ins Leben gerufenen Partei GILT und dem darauf gefolgten Programm „Der Kanzler“ steht „Africa Twinis“ nun für ein sehr unpolitisches Programm. Ein bewusster Schritt?
Natürlich. Ich erarbeite und entwickle meine Projekte immer im vollen Bewusstsein. Dahinter steht aber ein langfristiges Konzept: Wiederhole dich nicht, lass dich selbst und die Zuschauer von dir überraschen und liefere nie das, was man von dir erwartet.
Schließen Sie die Möglichkeit damit aus, in ihrem Leben einmal „angekommen“ zu sein?
Ganz im Gengenteil: Ich bin JEDEN Abend am Ende des Tages NEU angekommen und mach mich am nächsten Morgen wieder auf den Weg.
Warum spielt eigentlich das Thema „Kultur“ bzw. „Kulturpolitik“ in der Politik keine große Rolle? Im Wahlkampf kam es ohnehin so gut wie nie vor?
Vielleicht ganz einfach weil „Kultur“ im Leben der inhomogenen Masse der Wahlberechtigen auch keine große Rolle spielt?
Was würde für Sie gute Kulturpolitik ausmachen? Oder sollte Kultur über weite Teile ohnehin ohne staatliche Unterstützung funktionieren?
Kultur ist für mich nicht das, was in geschlossen Räumen und geschützten Werkstätten passiert. Kultur ist für mich das Treiben auf der Straße. Das, was wir essen, singen, sprechen, wie wir miteinander umgehen, wie wir uns bewegen, welche Themen uns wichtig sind etc. Darauf hat die Politik wenig Einfluss. Dass Kunstschaffende, die am Tropf hängen, nach mehr Geld rufen, ist verständlich. Das tun auch die Lehrer, die Ärzte, die Pensionisten, die Bauern und sogar die Unternehmen. Ich traue mir nicht zu, an dieser Stelle eine Aussage über Verteilungsgerechtigkeit von öffentlichen Geldern zu treffen, zumal dabei kein Eigeninteresse dahinter steckt.
Haben Sie es sich einfacher vorgestellt, in der Politik etwas zu verändern? Kann sich überhaupt etwas Gravierendes ändern?
Mein Ansatz war nicht, etwas zu verändern, sondern all jenen, die die große Inszenierung „Politik“ als solche erkannt haben, die Möglichkeit zu geben, eine Botschaft am Wahlzettel zu hinterlassen. So war das Kunstprojekt geplant und so wurde es auch umgesetzt. Es war schon witzig, sich bei einer Nationalratswahl selbst wählen zu können. Und „Gravierendes“ ändern sicher nicht Politiker, sondern die, die wirklich das Sagen haben, und die kann man bekanntlich nicht wählen. Am einfachsten, aber zugleich auch am schwierigsten wäre es, sich selbst zu ändern. Das wäre wirklich gravierend und die Welt wäre eine andere.
Wie überrascht waren Sie vom Ibiza-Video und dem daraus resultierenden Skandal?
Ich halte die Nullzinspolitik der Zentralbanken für den weitaus größeren Skandal, denn diese nimmt auf unser aller Leben Einfluss und wird uns am Ende des Tages alle treffen. Das Ibiza-Video nicht.
Nach Ihren Auftritten in Graz und Gleisdorf im Herbst werden Sie im Februar 2020 am Red Bull Ring zu sehen sein. Werden Sie die Gelegenheit nutzen, um auch ein paar Runden zu drehen?
Im Februar? Wollen sie sich die Frage noch einmal überlegen …?
Nur bedingt. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, mit der eigenen Enduro auf Schneefahrbahn zu trainieren …
Überredet! Dann werde ich mir im Februar die Wanderschuhe einpacken und eine Runde auf der Endurostrecke wandern.
6.11.2019: Steiermark-Premiere „Africa Twinis“ im forumKLOSTER Gleisdorf
Rathausplatz 5, 8200 Gleisdorf
21.2.2019: Red Bull Ring, Red Bull Ring Straße 1, 8724 Spielberg
Infos und Tickets zu „Kabarett am Ring“ unter www.projektspielberg.com
Weiter Spieltermine unter www.dueringer.at