Die Kunst- und Kulturpreise des Landes Steiermark 2019 sind vergeben. Im kunstvoll gestalteten Orpheum wurde neben einer zusätzlichen Kategorie auch eine eigens kreierte Trophäe präsentiert.
Text: Wolfgang Pauker
Ein Abend ganz im Zeichen der steirischen Kunst: Unter regem Publikumsinteresse wurden Mitte November von Kulturlandesrat Christopher Drexler die diesjährigen Kunst- und Kulturpreise vergeben. Das Land Steiermark stellt damit die große Wertschätzung für das heimische Schaffen unter Beweis und kürte die Siegerinnen und Sieger in neun Kategorien. Drexler sprach im künstlerisch gestalteten Rahmen des Grazer Orpheums einmal mehr vom ausgezeichneten, vielschichtigen und kraftvollen Kunst- und Kulturleben der Steiermark, das durch diese Preisverleihung verstärkt in die Öffentlichkeit gerückt wird. Ein Novum der Ehrungen 2019: Die Ausgezeichneten durften sich mit der „MELA“ erstmals über eine eigens kreierte Trophäe als symbolisches Zeichen der Anerkennung freuen. Neu auch der erstmals vergebene Morgenstern-Preis für einen „Rookie of the year“ im künstlerischen Sinne, der an die iranstämmige Literatin Nava Ebrahimi für ihren Debütroman Sechzehn Wörter ging.
MELA – eine extrahierte Blüte
„Um der Bedeutung der Landeskulturpreise einen sichtbaren Ausdruck zu verleihen, wurde erstmalig eine eigens hierfür kreierte Trophäe namens MELA geschaffen. Sie soll der steirischen Künstlerin Mela Hartwig-Spira (1895-1967) gedenken, die 1938 vor den Nationalsozialisten aus Graz fliehen musste“, so Drexler. Für die künstlerische Gestaltung der Trophäe verantwortlich zeichnet Andreas Heller, der einen hierfür abgehaltenen Wettbewerb für sich entscheiden konnte. Heller charakterisiert seine MELA so: „Eine extrahierte Blüte aus Mela Hartwig-Spiras Gemälde Vase mit Blumen wird zum skulpturalen Objekt und repräsentiert einerseits die Formensprache der Abstraktion, Konstruktion und Moderne, andererseits den symbolischen Wert von Frieden, Freiheit und Widerstand gegen politische Schreckenssysteme. Diese Werte sollen als Basis für künstlerisches Schaffen verstanden werden.“ Performativ und voller Botschaften durch den Abend führte der Autor und Peter-Rosegger-Preisträger 2018, Fiston Mwanza Mujila.
Zu den Jazzklängen von Emiliano Sampaio und Band, der für die musikalische Umrahmung der Verleihung sorgte, rief er zum Start ins randvolle Orpheum: „Kunst bleibt immer. Es gibt kein Land ohne Kunst. Kunst bewegt. Kunst befreit.“ Auch die immer wieder neue und überraschende künstlerische Gestaltung des Ortes der Preisverleihung sorgte für Aufsehen. So gelang Nina Schuiki mit projizierten kreisrunden sich verändernden Tränen eine besonders feinfühlige Raumgestaltung. Die filmischen Porträts der Preisträgerinnen und Preisträger gestalteten analog auf 16 Millimeter Lilith Kraxner und Karl Wratschko, die beide im Vorjahr Film-Auslandsstipendiaten in Tirana (Albanien) waren. Mittels Original-Projektor wurden die Filme zum Teil stumm und zum Teil mit eigener extra Tonspur abgespielt. Das diesjährige Sujet der Einladungen, Plakate sowie der Publikation, die ab sofort erhältlich ist, stammt von der in Graz geborenen Künstlerin Christina Romirer.
Zeitgenössische Kunst im Fokus
Ein gewichtiger Teil der vergebenen Preise wurde in der Sparte der zeitgenössischen bildenden Kunst vergeben. Insbesondere der Förderungspreis des Landes Steiermark, der seit 60 Jahren besteht, leistet wesentliche Positionierungsarbeit, die für Institutionen wie für Kunstschaffende selbst gleichermaßen bedeutend ist. Viele der Preisträgerinnen und Preisträger sind in der Steiermark und in Österreich keine Unbekannten und die Beiträge zeigen, auf welch hohem Niveau sich die heimische Szene bewegt. Heuer erging der Förderungspreis an das Künstlerkollektiv Total Refusal (Robin Klengel, Leonhard Müllner und Michael Stumpf), die in ihren Arbeiten die digitale Sprache der Spiele aufgreifen und durch humorvolle Subversion in einen eigenen Code verwandeln. Die weiteren Preisträger der Sparte zeitgenössische bildende Kunst sind Nayarí Castillo und Lena Violetta Leitner, Susanna Flock, Julia Gaisbacher und Lotte Schreiber. Hand in Hand mit dem Preis geht die Ausstellung der ausgezeichneten Künstlerinnen und Künstler in der Neuen Galerie des Universalmuseum Joanneum, wobei sich das Konzept der diesjährigen Schau erstmals ausschließlich an den preisgekrönten Arbeiten orientiert. Und da es sich bei diesen Kunstwerken heuer überwiegend um (Video-) Installationen handelt, verlangt deren Präsentation autonome Räume.
Förderungspreis-Ausstellung
Bei einer derartigen Präsentation kann, vor allem im Medium der Installation, das Werk aufhören, ein autonomes ästhetisches Objekt zu sein und beginnen, sich als Ensemble zu manifestieren. „Dabei wird ein bestimmter Diskurs mit verschiedenen Mitteln und aus divergenten Perspektiven visualisiert. Nach Auffassung des Kulturtheoretikers Boris Groys setzt die Installation als eine der führenden künstlerischen Formen in der zeitgenössischen Kunst die Schaffung eines fixen, stabilen, geschlossenen Kontextes voraus, eines topologisch klar definierten ‚Hier und jetzt‘, in dem sich verschiedene Realitätsfragmente gegenseitig vervollständigen.
Eine mögliche Verbindung der autonomen Zonen auf thematischer Ebene – sei es in einem Medium oder in Kombination mehrerer, die beim Weben einer Geschichte zusammenwirken – geht einher mit dem Wunsch nach einem subtilen Dialog mit dem Publikum, allerdings ohne übertriebene Illusionen hinsichtlich des Entwurfs großer Visionen einer unbestimmten Zukunft“, so Kuratorin Radmila Iva Jankovic´ vom Museum of Contemporary Art in Zagreb. All die gezeigten Werke bewegen sich gekonnt an den Rändern ihres aktuellen sozialen und politischen Hintergrunds entlang: durch analytisches Sondieren aus mehreren möglichen Perspektiven, durch Verschiebungen, Verweben des Fiktiven mit dem Wirklichen, Dokumentarischen und Poetischen, mit Ironie und Witz, aber auch voller Ernsthaftigkeit. „Die Stimmen der Künstlerinnen und Künstler dieser Ausstellung sollen als potenzielle Impulsgeber fungieren, die nicht nur die Fantasie des Publikums beschäftigen, sondern dieses auch zu einem tieferen und komplexeren Denken anregen“, so Jankovic´.
Die Preisträger der Landeskunst- und Kulturpreise 2019
„manuskripte“ Literaturpreis: Gerhild Steinbuch
Hanns-Koren-Kulturpreis: Heidrun Primas
Architekturpreis des Landes Steiermark: Susanne Fritzer und Wolfgang Feyferlik
Förderungspreis für zeitgenössische bildende Kunst: Total Refusal (Leonhard Müllner, Robin Klengel, Michael Stumpf)
Ankaufspreis für zeitgenössische bildende Kunst: Julia Gaisbacher
Arbeitsstipendien für zeitgenössische bildende Kunst: Nayari Castillo und Lena Violetta Leitner
„con-tempus“-Arbeitsstipendium: Lotte Schreiber
Viktor-Fogorassy-Arbeitsstipendium: Susanna Flock
Morgenstern-Preis: Nava Ebrahimi
Förderpreis-Ausstellung bis 8. März 2020 in der Neuen Galerie Graz, Universalmuseum Joanneum, Joanneumsviertel, 8010 Graz