Das Kulturjahr 2020 wird für Graz die zentrale Frage stellen, wie eine lebenswerte Zukunft im urbanen Raum aussehen sollte. Ein Überblick über Kunst-Projekte des Kulturjahres 2020 im Spannungsfeld zwischen Design, Urbanismus und Stadtentwicklung.
Pierre Estève: Flowers of Change
Das Projekt „Flowers of Change“ stammt vom französischen Künstler Pierre Estève und wird im Rahmen von Klanglicht 2020 erblühen. Die Kunstinstallation verbindet über einen außergewöhnlich poetischen Zugang community work, Integration und Kunst und reflektiert zugleich die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Kunstvolle „Blumen“ aus Plastik entstehen in Workshops mit Kindern, Jugendlichen, Lehrerinnen und Lehrern sowie Kunstinteressierten aller Art aus zuvor gesammelten PET-Flaschen. Die Workshopleiter werden von Pierre Estève persönlich in die Herstellung der floralen Kunstobjekte eingeführt. Die entstandenen Blumen werden quer über alle Bezirke verteilt sowie als Lichtinstallation aufgebaut.
30. April – 2. Mai 2020
www.klanglicht.at
Grazrand
Eine Erforschung des Lebens in unserer Stadt, von der Peripherie aus gedacht: In Form einer Stadtumrundung will ein interdisziplinäres Team (Adina Felicitas Camhy, gemeinsam mit Robin Klengel, Coline Robi und Markus Waitschacher) wissenschaftlich-künstlerisch die Peripherie in den Fokus nehmen, die 60 Kilometer lange Randlinie der Stadt erkunden und den Fragen nachgehen, welche unterschiedlichen Räume und Landschaften von der Stadtgrenze durchschnitten werden, wo der urbane Raum mit seinem Umland verschwimmt und wie man die Stadt von ihren Rändern aus denken kann. Die Sammlung nach Ende der Aktionswoche soll Fundgegenstände, Field Recordings, Zeichnungen, Texte, Gesprächsprotokolle etc. enthalten und in Form einer mobilen Pop-up-Ausstellung an vier verschiedenen Orten entlang der Grazer Stadtgrenze präsentiert werden. Ein Print-Katalog, ein Online-Artikel und ein mobiles Ausstellungsdisplay sind ebenso geplant wie der Verkauf einer Postkartenserie.
8.–11. Oktober und Dezember 2020
Space*Object*Inbetween. Or we cannot know who will be with us
Eines der zentralen Verkehrsmittel und touristischen Ziele, die Schloßbergbahn, wird vom Künstlerduo studio ASYNCHROME in eine utopische Zone transformiert. Entlang deren typischer Arbeitsweise, aus Gesprächen Material für ihre grafischen Arbeiten zu lukrieren, sind zunächst Gespräche mit unterschiedlichen Personen innerhalb der Stadt Graz zu verschiedenen Bereichen des Themas zeitgenössischer Utopie geplant. Diese Interviews sollen mit theoretischen Recherchen von Expertinnen und Experten aus Soziologie, Anthropologie, Politik etc. verflochten werden und daraus Zeichnungen entwickelt werden, die narrativ mittels Spezialfolie an die räumlichen Gegebenheiten der Schloßbergbahn angepasst werden sollen. Die technisch innovative Folie ist via App bzw. Fernbedienung dimm- und steuerbar. Je nach Untergrund, Lichteinfall und Transparenz der Folie sind die Zeichnungen als Schatten, als zusätzlicher Layer im Stadtraum oder als überdeckende Bilder wahrnehmbar. Es soll also möglich sein, durch einen von außen gesteuerten Vorgang den gesamten Innenraum der Bahn zu einer bezeichneten Variante eines utopischen Gefüges zu transformieren. So können die Mitfahrenden für einen kurzen Zeitraum gegenwärtige Möglichkeitsräume erleben, nie aber in der Gesamtheit.
Vorgärten in Graz. Urbane Baukultur, Stadtökologie und Lebensqualität vor der Haustür
Die Vorgärten der Bezirke Geidorf, St. Leonhard und Jakomini sind ein wichtiger Bestandteil des Stadtbildes. Ziel des Projektes ist es, in Zusammenarbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern die Bedeutung von Vorgärten zu erfassen, ein interdisziplinäres Leitbild und einen Qualitätskriterien-Katalog für Vorgärten zu entwickeln und die rund 800 Vorgärten anhand dessen zu beschreiben. Es sollen Best-Practice-Empfehlungen für die Gestaltung und Pflege erstellt und das Thema Kinder und Jugendliche über einen Junior-Science-Ansatz vermittelt werden. Ein überraschend ungewöhnliches Projekt zu einer für den unmittelbaren Lebensbereich der Bewohner immens wichtigen Urbanraum – konzipiert von ÖKOTEAM.
Jänner – November 2020
www.oekoteam.at
La Strada im Graz Kulturjahr 2020
Das Festival La Strada, das bekannt ist für seine gekonnte Verbindung von Kunst und Performance nahe an den Menschen dran und seit vielen Jahren unbespielte Stadtbezirke künstlerisch erschließt, möchte im Jahr 2020 in Stadtquartiere der Zukunft vordringen und neue urbane Lebensräume zur großen Bühne der Stadt machen. Mit drei Teilprojekten ist La Strada am Graz Kulturjahr 2020 beteiligt: The Graz Vigil von Joanne Leighton bietet eine ganzjährige Installation, die als eine Art Beobachtungsplattform funktioniert, von der aus Grazerinnen und Grazer eine Stunde lang die Stadt während des Sonnenaufgangs und -untergangs beobachten können. Ins dortige Blickfeld fällt auch das neu entstehende Reininghausterrain, auf dem mit Das Dorf eine temporäre Architektur als nutzbarer Bühnenraum entstehen sollen. Bei der Produktion Leviathan ist das zentrale Thema die Spannung zwischen Staatswesen und dem politischen Einzelwesen. Für die Aufführung werden lokale Künstlerinnen und Künstler vollständig in das Ensemble des „Circa Contemporary Circus“ integriert. Einer der Projektbeiträge im Graz Kulturjahr 2020 aus dem Bereich Tanz und partizipative Performance, international hochkarätig besetzt.
The Graz Vigil von 1. Jänner – 31. Dezember 2020
vigil.lastrada.at
Klima-Kultur-Pavillon
Steigende Durchschnittstemperaturen weltweit führen zum sogenannten „Urban Heat Island“-Effekt (Sommerliche Überhitzung von Stadträumen). Maßnahmen zur Klimawandelanpassung spielen für die Zukunft von Städten wie Graz eine entscheidende Rolle. Die Entwicklung und Gestaltung von konkreten Prototypen für „kühlende Architekturen und klimaresiliente Freiräume“ als Leuchtturmprojekte sollen Ideen und Visionen spürbar machen und in den öffentlichen Diskurs bringen. Das international bekannte Breathe Earth Collective möchte mit dem Projekt räumliche und inhaltliche Themen ihres auf der Expo 2015 in Mailand erfolgreich umgesetzten österreichischen Pavillons „Breathe.Austria“ fortsetzen. Der Klima-Kultur-Pavillon Graz 2020 ist eine räumliche Installation, als Prototyp mit Modellcharakter zur zukünftigen Kühlung der Stadt im heißen Sommer, und wird über einen Zeitraum von sechs Monaten im öffentlichen Raum von Graz bestehen. Neben ästhetischen Faktoren der architektonischen, klimatechnischen und gärtnerischen Gestaltung soll die programmatische Bespielung des geschaffenen Raumes eine wesentliche Rolle spielen. Über Partizipation, Vernetzung und Workshops sollen Stadtbürgerinnen und Stadtbürger mit Fachleuten aus Wissenschaft, Klimaforschung oder Grünraumgestaltung zusammengebracht werden. Ein echtes Vorzeigeprojekt, das internationales Interesse erzeugen wird.
20. Mai – Oktober 2020
breatheearth.net/about
Informationen zu sämtlichen Projekten des Graz Kulturjahres 2020 finden Sie unter www.kulturjahr2020.at