Die Steirische Kulturinitiative führt eine Ausstellung des Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall mit zeitgenössischer Kunst ins Heute.
Joseph von Hammer-Purgstall (1774–1856), Diplomat, Forscher, Übersetzer und erster Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, war geistiger Brückenbauer und Erschließer des Orients. Von ungeheurem Schaffensdrang und Wissensdurst getrieben, brachte er es auf rund 800 Veröffentlichungen, an denen er auch in seinem Refugium, dem Schloss Hainfeld in der neuen Stadt Feldbach, arbeitete. Er übersetzte aus dem Arabischen, dem Persischen und dem Türkischen in verschiedene europäische Sprachen und seine Gesamtübersetzung des persischen Dichters Hafis inspirierte Johann Wolfgang von Goethe zu dessen großen Spätwerk, dem West-östlichen Divan. Eine von Gerhard Dienes (1953–2020) und Michael Sladek kuratierte Ausstellung des Universalmuseum Joanneum, an der sich auch die Steirische Kulturinitiative (KI) beteiligt, widmet sich ein weiteres Mal dem Orientalisten.
Übersetzung, Aneignung, Verwandlung
Kurt Stadler, leidenschaftlicher Sammler und Gestalter kultureller Hinterlassenschaften, inszeniert in diesem „KIOSK“ genannten Beitrag der KI Erstausgaben von Hafis, Goethe und Virginia Woolf. Dieses Ambiente demonstriert als zeitgenössische künstlerische Ergänzung deren Bedeutungen, Beziehungs- und Motivstränge untereinander in einem Raum aus abgehängten Ikats, also farblich außergewöhnlichen orientalischen Webstoffen, und referenziert damit auf offene Gebäude oder Pavillons, die im alten Persien Kiosk genannt wurden. Diese lagen in kunstvoll gestalteten Gärten und dienten der Rezitation von Gedichten, dem gelehrten Disput mit Freunden und dem meditativen Genuss der Natur. Im Kiosk in der Kunsthalle Feldbach wird in einer alten Museumsvitrine die Übersetzung von Hafis’ Diwan präsentiert, die auch als genuin eigenes künstlerisches Werk Hammers zu sehen ist. Neben ihr der wesentlich durch ihn inspirierte West-östliche Diwan des deutschen Dichterfürsten Goethe. Gegenüber, in einer runden Tischvitrine, der Roman Orlando von Virginia Woolf: Deren Titelheld wandelt zuerst als Höfling am elisabethanischen Hof, dann als Gesandter (wie Hammer-Purgstall) durch Kulturen und Epochen, kehrt schließlich als Frau, erwachend auch durch Geschlechter, nach England zurück. Texte und Textilien (nicht umsonst vom gleichen Wortstamm) bilden diesen Raum. Die Stoffbahnen verweisen auf die Jahrtausende alte Tradition (lat. tradere, hinübergeben) der Seidenstraße auch als Kulturtransportweg.
Joseph von Hammer-Purgstall – Von Hafis bis heute.
Mit Lesungen und Führungen
Zu sehen bis 1. Mai (Di–So: 11–17 Uhr) in der Kunsthalle Feldbach, Sigmund-Freud-Platz 1, 8330 Feldbach