Provozieren und Schockieren, Skandale als Markenzeichen. Der Deutsche, in Tokio geborene Jonathan Meese ist dieser Tage einer der absoluten Superstars der internationalen Gegenwartskunst und zählt für Insider zu den 100 wichtigsten Künstlern der Welt. Erst kürzlich endete ein unter großem Medienrummel stehender Prozess mit ihm, bei dem er wegen einem gezeigten „Hitler-Gruß“ angeklagt war, mit einem Freispruch. Die Grenzen der im Grundgesetz garantierten Kunstfreiheit seien dabei nicht überschritten worden, teilte die Behörde mit. Bis März ist eine Auswahl seiner Bilder im Museum der Moderne in Salzburg zu sehen. „Achtzig“ bat den Skandal-Künstler zum Interview.
Im Moment ist Ihnen in Salzburg eine große Ausstellung gewidmet. Wie stehen Sie generell zu Österreich? Ein gutes Land für Kunst und Kultur? Gibt es österreichische Künstler, die Sie gut finden?
Alles, was ohne Ideologie ist, ist Kunst. Österreichs Natur, Gegenstände, Tiere, Kinder und Elemente sind immer „Totalste Kunst“; Alles „Spielerische“ dient der Kunst; Kunst ist ein ultimativstes Spiel, also ohne Falsch, ohne Politik, ohne Religion und ohne Zynismus. Meese ist sehr gerne in Österreich, denn in Erzösterreich gibt’s viel evolutionäre Hingabe zur Kunst, siehe Mozart.
Die Ausstellung widmet sich vor allem Ihrer Malerei. Ist sie neben dem Zeichnen, Installationen, Fotos, Perfomances und anderen Ausdrucksmöglichkeiten Ihre eigentliche Leidenschaft?
„Malerei“ tut Not. Meese malt liebend gern mit totalster Leidenschaft und lässt die Malerei großartigst an sich abspielen. Die „Malerei“ fällt Meese so leicht, dass sie einfach nur ein radikalster Ausgleich von Druckverhältnissen ist. „Farbe auf Untergrund“ ist Malerei, d.h. „Farbe“ drückt sich auf einen „Träger“ und fertig.
Nach einem medial viel beachteten Prozess wurden Sie vor Gericht in der „Hitler-Gruß“-Affäre freigesprochen. Haben Sie in dieser Angelegenheit niemals gedacht, dass Sie eventuell einen Schritt zu weit gegangen sind? Sind Kunst überhaupt Grenzen zu setzen? Oder darf sie alles?
In der Kunst muss man immer über das Ziel hinausschießen, da Kunst Zukunft ist, also ein Ziel, das bislang noch nicht im Visier ist, sondern dann auf einen zukommt, wenn man alle Ideologien sausen lässt. Meese hat in der „Meese-Gruß-Affäre“ gespielt, also alle Ideologien weggespielt … das hat das Gerichtswesen anerkannt. „Kunst“ bildet die natürliche Grenze zur „Nicht-Kunst“, „Kunst“ verneint jede „Menschenrealpolitik“, Kunst ist das Niemandsland, also „ERZLAND“. Kunst sagt „Nein“ zu jedem politischen Aktionismus. Kunst schließt jede politische, religiöse, esoterische und spirituelle Organisation aus. Kunst darf Alles, was Kunst ist. Kunst ist die Summe aller Evolutionen. Meese dient dann der KUNST, wenn er „Menschenmachtsfrei“ loslegt und sich von jeder Realpolitik verabschiedet. Kunst macht Meese zum „Totalsten Spielkind“. Kunst ist versachlichte Führung, also „Kein-ICH“, also der totalste „Evolutionsstaat“. (Kunstmacht ist Machtkunst: Kunst an die Macht)
Ausgelöst wurde die Hitler-Gruß-Geschichte als Sie auf einer Veranstaltung zur „Diktatur der Kunst“ aufriefen. Wie ist die Aufforderung zu verstehen? Was sollte durch solch eine Diktatur geschehen? Ist damit eine mögliche Ideologienlosigkeit der Kunst gemeint, die uns eine bessere Welt bescheren könnte?
„Diktatur der Kunst“ heißt die Zukunft. Kunst muss der Chef sein, nicht Ideologie. Kunst ist der KEINPARTEIENSTAAT. Kunst kennt kein politisch links oder politisch rechts. Kunst kann man nicht wählen, Kunst ist die unwählbarste Totalstautorität. Der Schlaf, der Stoffwechsel, die Sonne, die Atmung, alles Lebensnotwendige spielt sich diktatorisch ab. Das wirklich Entscheidende wie Liebe, Kameradschaft, Mutter, Freundschaft, Leben und Tod, Metabolismus ist ohne Demokratie… Wir brauchen tatsächlich eine totalste „Diktatur der Ideologielosigkeit“, also: Lieber Mensch, sieh’ von Dir ab, gehorche endlich den Evolutionen… Der „Ausruf zur Diktatur der Kunst“ ist ein Schrei nach Ideologielosigkeit. Meese beschreit die Zukunft, wie ein Erzbaby. Meese hat die metabolischste Gewissheit, dass „Kunst“ die ultimativste Herrschaftsform ist.
Sie meinten in einem Interview, dass Sie darunter leiden, wenn Ihnen Design oder „hochgepushte Illustrationen“ als Kunst verkauft werden. Im Gegensatz hierzu die Frage: Kann man in Zeiten wie diesen (leider) nicht schon alles als Kunst „vermarkten“? Was macht für Sie „wirkliche“ künstlerische Qualität aus?
Heute kann man tatsächlich (fast) Alles als Kunst vermarkten, am Ende wird sich aber die Spreu vom Weizen trennen. „Vermarktung“ ist nicht das Hauptproblem heute, sondern der schreckliche „politische Aktivismus“, der als Kunst verkauft wird, igitt. Es ist ekelerregend, wenn Menschen die Kunst der Politik unterjubeln wollen. Kunst ersetzt alle politischen, religiösen, esoterischen und spirituellen Systeme. Kunst ist nicht eine andere Politik. Kunst ist stärker als Politik, Religion, Esoterik und Spiritualität. Kunst entpolitisiert Alle(s). Kunst entideologisiert Alle(s). Kunst entdemokratisiert Alle(s). Kunst evolutioniert Alle(s). Kunst herrscht, wenn „Vereinnahmung“ ausgeschlossen ist. Kunst ist keine Kultur. Kunst ist das „Freie Spiel der Kräfte“; Kultur ist das, was der Staat, die Universität, die Religion will und zum Programm macht, igitt…
Ihnen ist Selbstverwirklichung zuwider. Dabei scheint es oft so, als wären viele Künstler gerade auf eine solche aus. Welche Pflicht hat ein Künstler?
Menschen, denen es um Selbstverwirklichung geht, sind Ideologen der „Wichtigtuerei“. Mensch, schlimm, schlimm, schlimm. Selbstverwirklichung, wie Kreativitätswahn und soziales Netzwerkertum sind die „Horror-ideologien“ von heute. Das „Erzgesetz Kunst“ verlangt bedingungslose Hingabe zur Kunst. Kunst ist Dienstpflicht, der Lohn der Kunst ist „Dienst an der Sache“. Meese ist versachlichter Befehlsempfänger der Kunst. Im „Erzraum der Kunst“ geht es um Spiel, der Mensch ist Spielzeug der Kunst. Kunst ≠ Künstler, also „Strammstehen für Kunst“ ist angesagt. Der Künstler hat ultimativst von sich abzusehen und muss hermetischst die Kunst an sich abspielen lassen, Selbstverwirklicher sind leider nur religionssüchtige „ICH-Fanatiker“, Kunst ist keine Menschennabel(be)schau. Kunst ist das „Staatswesen der Zukunft“. In der Kunst ist ideologisches Niederknien verboten. Kunst ist kein Gott, aber alle Götter sind Kunst. Kunst ist die totalste „Verantwortung“. In der Kunst kann man keine Verantwortung abgeben.
Bedarf es als Künstler Vorbilder? Hatten oder haben Sie welche?
Meese liebt unendlich viel Kunst. Meese verehrt totalst alle Tiere, Natur, Elemente und Zustände. Meese sagt „Ja“ zu Picasso, van Gogh, Balthus, Zardoz, Caligula, Lolita, Led, Alex de Large, die Mumins, Mutter, Graham Ovenden, Dali, „The Wicker Man“, Clockwork Orange, 2001 Odyssee im Weltraum, Barbarella, die ???, Jack London, Radikalität, Liebe, Nietzsche, Richard Wagner, Parsifal, Hermetik, usw, usw, usw. Meese lehnt das „Menschen-Ich“ als Vorbild ab, Meese verlangt totalste Zustände, also Versachlichungen. Das größte Vorbild des Meese ist die Zukunft.
Sie selbst haben auch Kunst studiert, aber abgebrochen. Hilft oder blockiert die Universität einem Künstler, sein Talent zu entfalten?
Viele Lehrer trainieren den Schülern ihre Instinkte ab, leider ganz widerlich. Viele Lehrer wollen Instinkt durch Kreativitätssucht ersetzen, grauenhaft. Kreativität ist eine Erfindung von „Ich-Mönchen“, Instinkt steht weit über allen andressierten Ideologismen. „Instinkt“ ist das „Totalste Spiel“, „Kreativitätsterrorismus“ ist das „toteste Rennen“. An den „Universitäten“ wird den „Spielkindern“ leider „Ideologie“ eingeimpft, widerlich. Bei Meese lief es besser: Meese wurde in Ruhe gelassen und konnte mit wenig „Stalking“ die Kunst an sich abspielen lassen. Die meisten „Universitäten“ von heute bilden nur noch die Politiksüchtigen, Religionssüchtigen und Kultursüchtigen von morgen aus, igitt… Kunst ist nicht lehrbar, aber leider abtrainierbar… Kunst brüllt: lasst Euch nie mehr ideologisch repräsentieren. Kunst ist die „Totalstdisziplin der Ausschaltung“ aller politikverseuchten Zynismen…
Immer wieder hört man, dass man als Künstler ein wenig wie ein Unternehmer zu denken habe, wenn man Erfolg haben möchte. Teilen Sie diese Ansicht? Ihr damaliges VWL-Studium endete laut ihrer Mutter in einem Desaster, heute zählen Sie zu den weltweit 100 wichtigsten Künstler der Gegenwart.
„Erfolg in der Kunst“ kann nur „Liebe zur Kunst“, also „Dienst an der Sache“ sein. Menschen, die von der Kunst „ideologische Belohnung“ erwarten, sind Horror. Meese hat immer nur naivst drauflosgespielt…. Alles andere kam von selbst. Meese hat nie etwas „Unspielerisches“ angeboten. Meese erkennt, dass Kunst der ultimativste „Druck der Zukunft“ ist, darauf kann man zählen. Kunst lässt Meese sich verbunkern, Meese will ohne „Realitätssucht“ weiterarbeiten. Meese hat alle „politischen Teufelskreise“ verlassen. Meese ist kein Anarchist, kein Atheist, Meese hat mit ideologischen Institutionen nichts am Hut. Meese’s Erfolg ist evolutionärst. Meese instinktiviert. Meese vitalisiert. Kunst ist die Nr. 1. (Meese distanziert sich vollends von „Fähnchen im Winde“, haltungslosen Gesellen, rückgratlosen Kulturfanatikern, haut bitte ab.)
Haben Sie einen Ratschlag für junge Künstler, die am Beginn ihrer Karriere stehen? Oder sollte man das Wort „Karriere“ als Künstler schon gar nicht in den Mund nehmen?
Sieh’ von Dir ab, Menschlein, ist die Devise für Alles. „Karriere“ als Spiel ist super, „Karriere“ als Ideologie ist Scheiße und führt nur ins Totalstverbrechen. Der „ideologische Kulturfunktionär“ leidet bitterlich an Präzisionslosigkeit. Meese verordnet „Herzblut“, nur „ideologielose Macht“ macht glücklich. Kunst führt, lenkt, ordnet und richtet aus. Der Mensch möge sich totalst der Kunst anvertrauen. Ein junger Künstler muss versuchen, den widerlichen „Ideologieannäherungsversuchen“ auszuweichen, aber spielerischst. Hermetisiert Euch… (Kunst ist kein Problem, „Realitätssucht“ ist das Problem, also Entrealisiert…)
Text: Stefan Zavernik