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Kunstuniversität Graz digital: The Brunch Club

Am 19. Juni 2020 kam „The Brunch Club“ zur Uraufführung. Der KUG-Film ist auf Basis des Probenmaterials zur gleichnamigen Schauspielproduktion entstanden, die im März nicht stattfinden konnte. Im „Achtzig“-Interview erzählen Regisseurin Ivna Žic und Ausstatter ­Albert Gitschthaler von einer einzigartigen Arbeit aus der „Corona-Zeit“.

Ihr habt euch wegen Corona dazu entschieden, statt eines Theaterstücks einen Film zu machen. Wie kam es dazu?

Gitschthaler: Irgendetwas muss man daraus machen, wenn man schon so weit gekommen ist. Das wäre ja eine Verschwendung gewesen, es einfach so fallen zu lassen. Außerdem hatten wir Glück im Unglück. Dadurch, dass Ivna während der Vorbereitung eine Zeit lang krank war, hatten wir viele Video- und Audio-Aufnahmen der Proben. So hat sich die Frage des Mediums für die Weiterführung auch von alleine geklärt.

Žic: Ich kann nur zustimmen! Es war schwer, das Projekt so offen, so unfertig stehen zu lassen. Als die Frage von der Uni kam, ob wir es als Film fertig machen wollen, war ich zunächst auch skeptisch: So viele Theater fingen in der Corona-Zeit an, digital und mit Video zu arbeiten, um weiter zu produzieren. Wollten wir auch Teil davon sein? Aber wie Albert sagt: Wir hatten eine interessante Mischung aus unfertigem Probenmaterial, das uns an gemeinsame Räume erinnerte, und demgegenüber standen Videos aus der Isolation. Die Mischung, diese zwei plötzlich so unterschiedlichen Welten, die probierende Gruppe, in der Isolation über Nacht zu einer Utopie geworden, und der isolierte Einzelne, interessierten uns als Gegensätze. Was kann das erzählen? Wie können wir so das Stück fertig entwickeln?

Während des Lockdowns fielen ja nicht nur Theaterproben aus, sondern auch Filmdrehs. Wie konntet ihr euren Dreh so gestalten, dass er doch möglich war?

Gitschthaler: Es gab außer einem Drehtag von mir, wo ich nur die Bühne alleine filmte, ausschließlich das Material der Proben und die selbst erstellten Monologe und Aufnahmen der Schauspielerinnen und der Musikerinnen. Damit musste ich/mussten wir dann auch erst mal umgehen. Einen Film aus handaufgezeichneten Selfie-Kamera-Ansichten in eher geringer Datenqualität zu machen, ist nicht die einfachste Aufgabe. Man kann nur versuchen, mit den gegebenen Umständen zu arbeiten, was mir persönlich die liebste Arbeitsform ist: improvisieren und etwas daraus machen. Und mit Ivna und Julia war das dann auch ganz gut zu stemmen!

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Angekündigt war eine ­Stückentwicklung, geworden ist es ein Film – oder eine Filmentwicklung? Das wäre ein seltenes Genre. Haben Sie, Ivna Žic, Erfahrung damit?

Žic: Ich denke, es ist eine Film-Theater-Weltentwicklung geworden, etwas, womit niemand bisher Erfahrung hatte. Also ist die Antwort: Nein, ich habe keine Erfahrung damit. Interessant war: Man will mit Stückentwicklungen ja immer irgendwie aus der Gegenwart schöpfen. Und plötzlich wird man von dieser so überrannt, wie man es sich nie gedacht hätte. Was macht das? Ich bin froh, dass wir drangeblieben sind, dass die Ausdauer und Geduld bei allen vorhanden war, immer wieder weiterzugehen, das war beeindruckend und berührend, und voilà, here we go, nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form musste unterwegs radikal an die Gegenwart angepasst werden!

Wie unterscheidet sich die Ausstattung für Film von der für Theater? Und wo positioniert sich da die Arbeit für das vorliegende Projekt hinsichtlich Gemeinsamkeiten und Unterschieden?

Gitschthaler: Die Filmausstattung unterscheidet sich sehr stark von der Bühnengestaltung. Zunächst von einer völlig anderen Logistik und Vorplanung bis hin zum visuellen Konzept. Drehs und Szenen werden aufwändig vorgeplant und auch die Kamera-Ausschnitte stehen schon manchmal fest. Bei der Bühne versuche ich bei einer Stückentwicklung eher so viele Spielmöglichkeiten wie möglich zu eröffnen. So eine Art Spielplatz für die Schauspielerinnen. Hier wurde dann schlussendlich eine noch unfertige Bühne gefilmt, auf die sich die Spielerinnen im Laufe des Films erst einlassen.

„The Brunch Club“ erzählt von einer Gruppe junger Menschen, die als Strafe für nicht-konformes Verhalten einen Tag zusammen verbringen. Es geht um Zuschreibungen und die Rollen, die wir tagtäglich spielen, um Vorstellungen, die man in sich trägt, und um die immer wiederkehrende Frage, was die anderen wohl über einen denken … So die Beschreibung des Projekts, bevor die Proben begannen. Gilt die noch?

Žic: Die Frage nach den Erwartungen der Umwelt, nach den Rollen, die wir spielen, steht immer noch und weiterhin im Mittelpunkt. „Warum bin ich hier?“ ist zur Hauptfrage des Prozesses geworden. Und sie hat sich mit dem Prozess gewandelt, ist wohl vielschichtiger geworden. Aus einem Tag, aus vielleicht sieben Wochen Proben, sind plötzlich drei Monate geworden, in denen die Welt eine andere wurde … das Thema ist aber geblieben, was schön ist und zeigt, dass manche Themen in vielen unterschiedlichen Räumen und Zeiten stattfinden können.

Was hat die Produktion mit euch als Person zu tun?

Gitschthaler: Das Theaterstück wäre mein Diplom gewesen, der Film ist mehr wie ein separates Projekt davon. Es hat mir aber wieder gezeigt, wie gern ich mit Leuten in flachen Hierarchien zusammenarbeite und wie gern ich improvisiere!

Žic: Zusammen arbeiten. Begleiten. Entstehen lassen. Vertrauen. Zweifeln. Hinterfragen. Müdigkeit. Lust. Freude. Improvisation. Schreiben. Spielen. Geborgenheit. Gespräche. Abbruch. Abbruch. Weitergehen. Zusammen weitergehen.

Abschlussfrage: The Brunch Club ist …

Gitschthaler: … kein Film, kein Theater, keine Dokumentation.

Žic: Das lasse ich gern so stehen!       

The Brunch Club

Regie: Ivna Žic

Text & Schauspiel: Patrick Bimazubute, ­Romain Clavareau, Paul Enev, Alina Haushammer, Fanny Holzer, Carmen Kirschner, Ioana Nitulescu, Nataya Sam und Mia Wiederstein (Studierende des 3. Jahrgangs Schauspiel)

Schnitt und Ausstattung: Albert Gitsch­thaler (Studierender Bühnengestaltung)

Musik: Alexander Xidi Christof und Johanna Seitinger (Studierende von Sandy Lopicic).

Regieassistenz und Dramaturgie: Julia Wurzenberger

www.kug.ac.at