Das Publikum kann aufatmen. Trotz langer Zeit ohne konkrete Perspektiven im Kulturbereich finden in diesem Sommer dennoch zahlreiche Kunst- und Kulturveranstaltungen statt. Aber nicht alle. „Achtzig“ sprach mit dem Organisator des Fürstenfelder Dixie- & Swingfestivals Johannes Hödl über eine Absage mit leichtem Herzen.
Text: Stefan Zavernik
Lange Zeit haben Sie an der Idee festgehalten, dass Dixie- & Swingfestival in Fürstenfeld auch im Pandemiejahr zur Aufführung zu bringen. Sogar der Kartenverkauf hatte bereits begonnen. Schlussendlich haben Sie es dann überraschend abgesagt – wenn man sich die derzeitige Situation nun ansieht: Tut es Ihnen leid, die Reißleine gezogen zu haben? Aktuell scheint doch relativ viel möglich. Das Festival hätte vermutlich funktioniert.
Unser Festival ist ein Fest der Begegnung und lebt von der persönlichen unmittelbaren Begeisterung. Wenn wir schon Carmen Bradford aus den USA, Gunhild Carling aus Schweden und Ken Aoki aus Japan bei uns haben, wollen wir nicht auf Distanz zu ihnen gehen und Abstand halten, weder im räumlichen noch im übertragenen Sinn. Bitte nicht zu vergessen, dass unser Festival auch ein Festival des Tanzes ist. Ich möchte mir Lindy Hop, Balboa und Shag nicht mit Mund/Nasenschutz und einem Babyelefanten vorstellen. Ich wollte nicht erzwingen, dass unser Festival gerademal so „funktioniert“.
Seit wenigen Wochen steht fest: Es wird diesen Sommer doch mehr stattfinden, als man im März überhaupt erhoffen konnte. Ist die scheinbar ungebrochene Lust des Publikums an analogem Kulturgenuss eine Überraschung?
Gott sei Dank ist das so. Ich hoffe, dass das reduzierte Angebot an Veranstaltungen den zahlenmäßigen Wegfall von kulturbegeistertem Publikum, also Menschen, die noch vorsichtig sind oder durch andere coronabedingte Sorgen fehlen, ausgeglichen werden kann.
Wie schwierig war es, ein nahezu fertig geplantes Festival abzusagen? Wie stark sind Ihre Künstler davon betroffen?
Wir haben ja nicht abgesagt, sondern explizit verschoben und darin liegt doch ein semantischer Unterschied. Da die Pandemie weltweit grassiert, mussten wir den Künstlern nichts erklären und hatten auch keine Probleme rechtlicher Natur. Ein Glück war nur, dass wir alle Künstler ins Jahr 2021 verschieben konnten. Ich bin sehr froh, denn gerade diese Woche wurden für weitere 18 Länder Landeverbote in Österreich ausgesprochen. Ich leide allerdings mit den vielen Künstlern, die nicht zu den großen Verdienern zählen und seit Monaten ohne Einkommen sind. Teilweise noch immer.
Und was sagt das Fürstenfelder Publikum? Das Festival hat sich in den letzten Jahren doch ein treues Stammpublikum erarbeitet …
Nicht nur das Fürstenfelder Publikum. Unser Stammpublikum kommt ja aus fast allen Bundesländern und dem angrenzenden Ausland. Der harte Kern unseres Publikums hat wohlwollend und aufmunternd reagiert. Von den über 500 verkauften Tickets bis Anfang März wurde kein einziges zurückgegeben. Im Gegenteil, ich spürte fast so etwas wie Sorge um uns und um unser Festival von Seiten der Besucher. Aber ich kann alle beruhigen. Dank dem Land Steiermark, der Stadtgemeinde Fürstenfeld und dem Thermen- und Vulkanland müssen wir die angefallenen Kosten nicht alleine tragen.
Das heurige Dixie- & Swingfestival soll nun 2021 über die Bühne gehen. Wie viel vom nun verschobenen Programm wird 2021 zu erleben sein?
Nahezu 100 Prozent. Die Stars kommen alle, Carmen Bradford am 14. August, Ken Aoki am 13. August, Gunhild Carling am 12. August und die Hot Jazz Band am 11. August 2021. Lediglich beim Straßenmusik-Fest und beim Lindy-Hop-Tanzfest gibt es kleine Änderungen. Richtig froh bin ich über die Verschiebung unserer großen Fotoausstellung Klangbilder-Jazz in der Fotografie mit den Fotografen Ulrike Rauch, Peter Purgar und Simon Reithofer, weil uns hier das gewonnene Jahr für die Vorbereitung luxuriöse Zeitfenster einräumt.
Wie sehen die Langzeitpläne mit dem Dixie- & Swingfestival in Fürstenfeld aus?
Wunsch und Fiktion: 2025 übergebe ich das Festival an ein Konsortium aus Kulturreferat der Stadtgemeinde, Thermen- und Vulkanland und Adlmann Promotion, Wynton Marsalis übernimmt mit jährlichen Workshops die Patronanz über dieses Festival, die Stadthalle Fürstenfeld muss wegen des Ansturms neu gebaut werden und ich lebe von meinen Tantiemen in New Orleans und komme nur noch zum Festival nach Fürstenfeld.
Der Spirit des Dixie-Festivals geht nicht zuletzt auch von Konzerten auf der Straße aus. Welchen Stellenwert hat die Straßenmusik in diesem Sommer generell für Sie? Bis zum Herbst werden die meisten Konzertsäle weiterhin geschlossen bleiben …
Aus meiner persönlichen Erfahrung als Musiker ist Straßenmusik die persönlichste und schönste Form, Musik zu machen. Rastlose und Desinteressierte eilen vorüber, interessierte und begeisterungsfähige und wunderbare Menschen bleiben stehen. Ich spiele in meiner Pension nur noch auf der Straße. Aber vorher bringe ich die unsinnigen Straßenmusikverordnungen in Österreichs Städten mit Hilfe des Verfassungsgerichtshofs zu Fall. Die wirklich guten Straßenkünstler wurden damit schon aus Österreich vertrieben.