Ende Oktober erschien mit „Für Fredy“ eine eigene manuskripte-Ausgabe als Nachruf auf Alfred Kolleritsch. Im Gespräch mit „Achtzig“ spricht Nachfolger Andreas Unterweger über die Zukunft der Literaturzeitschrift und den Beruf des Autors.
Autor, Dichter, Herausgeber oder Lehrer. Alfred Kolleritsch war vieles. Er selbst hat von sich gesagt, er habe versucht, seine „verschiedenen Tätigkeiten als eine zu leben“. Wie hast du ihn als Mensch erlebt?
Man sieht beim Blättern durch die aktuelle Ausgabe deutlich, dass sich sein scharfsinniges und freundliches Wesen durch alle Lebensbereiche gezogen hat. Er hat ständig hinterfragt und war um Offenheit bemüht. Ich habe ihn als sehr lieben Menschen erlebt. Bevor ich ihn erstmals persönlich getroffen habe, hatte ich großen Respekt, fast Angst vor ihm. Ich dachte „um Gottes Willen, der große Kolleritsch“. Dann habe ich ihn als Menschen kennen und sehr schätzen gelernt. Ja, ich mochte ihn als Autor auf eine andere Art, als ich ihn als Herausgeber mochte, der mir viel beigebracht hat. Aber alles in allem war er einfach ein guter Mensch, ein enger Freund.
Sein Vermächtnis als Herausgeber liegt nun in deinen Händen. Gibt es eine gemeinsam festgelegte Strategie für die Zukunft, die ihr zu seinen Lebzeiten vereinbart bzw. euch ausgedacht habt?
In diesem Sinne nicht. Aber nach den vier Jahren, in denen ich als Co-Herausgeber mit ihm gearbeitet habe, kannte ich seine Vorstellungen, wie die manuskripte funktionieren sollten, schon sehr gut. Auf der anderen Seite hat auch er gesehen, in welche Richtung ich tendiere. Er hätte sicher schärfer protestiert, wenn ihm etwas nicht gepasst hätte. Er hat mich manchmal davor gewarnt, dass ich zu freundlich sei – vielleicht hat er mich damit aber einfach davor gewarnt, so zu werden wir er.
Was wird sich nach der Ära Kolleritsch ändern?
Die manuskripte werden eine neue Aufmachung erhalten. Wir wollen eine zeitgemäße Note hineinbringen, zugleich aber zeitlos bleiben. Die Cover-Künstler sollen auch ins Heft mit bildnerischen Interventionen eingebunden werden. Das war auch ein Wunsch von Fredy Kolleritsch. Der Inhalt soll klarer strukturiert werden, die Lesegewohnheiten haben sich geändert und niemand sollte von unserem Inhaltsverzeichnis überfordert werden. Auch unser Webauftritt wird erneuert werden und wir denken die manuskripte als E-Paper an – neben der gedruckten Version.
Die manuskripte feiern in diesem Jahr ihr 60-jähriges Bestehen. Gibt es nach 6 Jahrzehnten noch Expansionspläne?
Ja, denn das Abonnementverhalten hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Für die Zukunft haben wir nun einen internationalen Vertrieb gestartet. Wir sind nun auch in Deutschland und in der Schweiz an den Kiosken vertreten.
Wo siehst du die manuskripte in 10 Jahren?
Ich hoffe, dass wir unseren 70. Geburtstag ohne pandemische Beschränkungen feiern konnten, unsere Auflage gehalten oder weiter erhöht haben, weiterhin internationales Renommee genießen und vielen Autorinnen und Autoren geholfen haben.
Stichwort Renommee: Die manuskripte haben vielen großen Namen der Literaturszene am Weg nach oben mit Erstveröffentlichungen geholfen. Der Großteil aller Einsendungen wird hingegen abgelehnt. Was bedeutet es für einen jungen Autor, an einer Veröffentlichung in den manuskripten zu scheitern?
Ich hoffe, er nimmt es sich nicht zu sehr zu Herzen. Wenn man die Zahlen gegenüberstellt: Von den unaufgeforderten 2.000 Einsendungen im Jahr kommen ungefähr an die 80 als Veröffentlichungen in die Ausgaben. Vielleicht sollten wir uns auch „Achtzig“ nennen … (lacht) Es ist also wirklich nicht einfach. Wer es nicht schafft, sollte unbedingt weiterschreiben und es weiterhin versuchen. Ablehnungen gehören dazu. Lässt sich jemand entmutigen, ist das meistens ein Zeichen, dass derjenige an sich selbst nicht in dem Ausmaß glaubt, wie eine Autorin oder ein Autor es tun sollte.
Mit welchen Zielen und Träumen treten junge Menschen heute an eine literarische Karriere heran?
Ich denke, zum großen Teil mit übersteigerten Erwartungen. Noch schwieriger, als in den manuskripten zu veröffentlichen, ist es ja, eine mediale Lichtgestalt zu werden, die riesigen Erfolg suggeriert. So bekannt wie Clemens J. Setz, Valerie Fritsch oder Vea Kaiser zu werden ist eine Seltenheit. Ich habe auch das Gefühl, dass die angehenden Autorinnen und Autoren sich heute zunehmend auf ihre Karriere konzentrieren, als ihre ganze Energie für das Schreiben zu nutzen. Und dabei geht es ums Schreiben und nicht um etwas anderes.
Ist der Beruf eines Bücher-Autors heute noch ein Traumberuf?
Es kommt darauf an, wie deine Träume aussehen. Wenn du reich werden und jeden Tag in Paris im Café sitzen willst, ist der Beruf eines Autors wohl der falsche. Wenn du aber bereit bist, finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen und nebenbei etwas anderes zu arbeiten, um überhaupt über die Runden zu kommen, dafür aber über freiere Zeiteinteilung verfügst und deinem Bedürfnis, dich auszudrücken, nachkommen kannst, dann kann man schon von einem Traumberuf sprechen.