Seit mittlerweile 10 Jahren ist die Stadt Graz unter dem Titel „City of Design“ Mitglied im Creative City Network der UNESCO. Wir sprachen mit Wolfgang Skerget, dem Leiter der zuständigen Koordinationsstelle im Grazer Bürgermeisteramt, über die Verankerung von Kreativität und Design als Geisteshaltung im städtischen Bewusstsein.
Text: Stefan Zavernik
Wie kam es eigentlich dazu, dass Graz eine eigene Koordinationsstelle für die „City of Design“ ins Leben gerufen hat?
Bürgermeister Siegfried Nagl wollte mit unserer Stelle dem Thema UNESCO Creative City Network zu mehr Schwung und Akzeptanz verhelfen. Dementsprechend liegt unsere Hauptaufgabe darin, für die Bereiche Design und Kreativität auf allen städtischen Ebenen zu sensibilisieren. Dabei geht es vor allem um die gelebte Haltung, Problemen und Herausforderungen mit kreativen Lösungsansätzen zu begegnen. Da versuchen wir in der täglichen Arbeit – quasi hinter den Kulissen – unseren Beitrag zu leisten. Schließlich wurde von der UNESCO bei der Gründung dieses Städtenetzwerks ja das Motto, „eine nachhaltige, menschengerechte Stadtentwicklung mit dem Treibmittel der Kreativität zu fördern“, vorangestellt.
Wie präsent ist das Thema Design heute im öffentlichen Leben der Stadt?
Das hängt natürlich auch stark vom jeweiligen Blickwinkel ab. Obwohl es mehr sein könnte, sind wir insgesamt aber auf einem ganz guten Weg. Ich glaube, dass das entsprechende Bewusstsein kontinuierlich zunimmt. Da bemühen sich auch viele Beteiligte darum, von den Stadtplanern, der Grünraumplanung, privaten Bauherren bis hin zur Creative Industries Styria, um nur einige zu nennen. Ich bin aber nicht so vermessen zu glauben, dass unser Thema das einzig wichtige der Stadt ist, man sollte immer auch das Ganze im Auge behalten.
Wie dicht ist die Designer-Szene in Graz?
Entsprechend den vielen Ausbildungsangeboten, die es in diesem Bereich in Graz gibt, natürlich sehr dicht. Das bedeutet einerseits viele Chancen, aber freilich auch viel Konkurrenz. Auch wenn Graz und das Umland klarerweise das Zentrum der Kreativwirtschaft in der Steiermark sind, ist es für Newcomer nicht leicht, sich nachhaltig zu etablieren.
Wie sehr trifft die aktuelle Krise Graz als „City of Design“?
Es ist eine Herausforderung für uns alle. Aber wann, wenn nicht in einer solchen Situation, ist es notwendig, out of the box zu denken, eingefahrene Muster zu durchbrechen und neue Wege zu beschreiten? Als unverbesserlicher – aber hoffentlich nicht naiver – Optimist sehe ich in der derzeitigen fordernden Situation auch die Chancen für Neues. Wir setzen jedenfalls alles daran, um unseren Beitrag zu leisten, dass gerade jetzt der Stellenwert kreativer Menschen gehoben wird, dass die Kreativwirtschaft insgesamt mehr Wertschätzung erfährt. Wir brauchen möglichst viele mutige, kreative und unternehmerisch sowie nachhaltig denkende Menschen.
Was ist seitens der Koordinationsstelle City of Design im Jubiläumsjahr geplant?
Wir werden keine pompösen Jubiläumsfeierlichkeiten veranstalten. Ich hielte das auch nicht für angebracht in einer Gesundheits- und Wirtschaftskrise, wie wir sie derzeit erleben. Wir werden rund um das Jubiläumsdatum Mitte März mit einer Plakataktion an den Öffi-Haltestellen auf 10 Jahre City of Design aufmerksam machen. Dafür konnten wir knapp 30 Persönlichkeiten, die im weiteren Sinn mit Kreativität zu tun haben, für Statements gewinnen. Wir haben diese Aktion gemeinsam mit der städtischen Agentur achtzigzehn und dem Ankünder konzipiert, fotografiert hat die Porträts Lex Karelli. Ich finde, da ist uns allen gemeinsam ein sympathisches, nicht aufdringliches, aber ästhetisch ansprechendes Projekt gelungen. Ich hoffe, dass es die Grazerinnen und Grazer auch so sehen.
Wird es weitere Projekte anlässlich des Jubiläums geben?
Wir sind ja als Koordinationsstelle in unserem Selbstverständnis eine Netzwerkstelle, das heißt, wir arbeiten bewusst eher im Hintergrund. Wir wollen uns nicht selbst in die Auslage stellen, sondern eine langfristig wirkende Verankerung der Themen Kreativität und Design unterstützen. In diesem Sinne werden wir übers Jahr verteilt immer wieder kleinere Aktionen setzen, um das Thema ins Bewusstsein zu rücken. Wir haben dafür schon eine ganze Palette an Aktivitäten geplant, von Auslagen-Ausstellungen über Filmabende bis zu Führungen und Gesprächsrunden. Was wir dann im Detail wie umsetzen, wird auch von den zulässigen Veranstaltungsformaten abhängen, die uns in der Corona-Krise möglich sind; wir werden flexibel entsprechend dieser Möglichkeiten agieren.
Als Synonym für die Nähe von Design und Kunst gilt die Grazer Murinsel. Sie ist ein absolutes Design-Icon und wurde als Kulturort unter Ihnen neu positioniert. Wie gut wird die Insel von der Kulturszene angenommen?
Ich sehe die Murinsel neben dem Kunsthaus als DAS Design-Icon von Graz. Um dem Anspruch ihres Erfinders, Vito Acconci, der die Insel als eine Art Plaza des 21. Jahrhunderts konzipierte, näherzukommen, versuchen wir seit nunmehr drei Jahren, mit einem möglichst stringenten und breit gefächerten Programm von Music-Nights bis zum Sommerkino, ein positives Image der Insel jenseits des reinen Fotomotivs für TouristInnen aufzubauen.
Was werden die Highlights im Programm der Murinsel 2021?
Da ist vieles durch die noch unklaren Bedingungen, die uns von Corona diktiert werden, in der Schwebe. Wir haben aber wieder viele spannende Projekte in der Pipeline; so wird es sicher wieder ein Sommerkino und auch (wie erstmals im vorigen Sommer) ein Outdoor-Sommertheater geben. Übrigens hatten wir im Vorjahr – trotz der zwei Lockdowns und der coronabedingten Zugangsbeschränkungen – gut 100 Veranstaltungen, darauf sind wir – das gesamte Inselteam; wir betreiben ja auch das Café seit 2018 selber – schon ziemlich stolz. Wir hoffen, dass wir das heuer toppen können.