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Fruchtbar, in vielerlei Hinsicht

Foto: Sandra Puereschitz

Seit dem Jahr 2007 veranstaltet das kunsthaus muerz das Festival „brücken“. Einblicke in die Geschichte eines brückenschlagenden Festivals.

Text: Ernst Kovacic

Das erste „brücken-Festival“ des kunsthaus muerz fand im Jahr 2007 auf Anregung Robert Lotters statt, anfangs noch unter der künstlerischen Leitung von Heinz Karl Gruber. Damals hieß das Festival „Brücken in die Gegenwart“ und ging von der Überzeugung aus, dass Zuhörern der Zugang zur Musik unserer Zeit durch eine Brücke über die klassische Moderne, also etwa Bartók, Berg, Schönberg, Strawinsky etc. eröffnet werden sollte. Bald erwies sich aber der Brücken-Gedanke auch in vielerlei anderer Hinsicht als fruchtbar: Brücken wurden zu und zwischen verschiedenen Institutionen und Kulturschaffenden der Gegend gebaut, besonders zu Schulen und Museen. Brücken zwischen den Künsten, von Musik zur bildenden Kunst, Malerei, zur Literatur, zum Film u. a. beleben und regen an, weil sie den individuellen Vorlieben der Zuhörer entgegenkommen. In ländlichen Gegenden muss Kulturgeschehen auch immer das Hergebrachte, das Vertraute einbeziehen und ins Gegenwärtige weiterdenken, mit dem Jetzt verbinden. Die Auswahl passender Aufführungsorte liegt uns am Herzen: Ein „Höhepunkt“ im wahrsten Sinne des Wortes war z. B. ein Konzert im Schauerkogelhaus auf der Schneealpe. Die „brücken zu Gast“-Konzerte wiederum brachten von jungen MusikerInnen gespielte Neue Musik in Privathäuser und bescherten den Gästen ganz intime, persönliche Hörerfahrungen.

Höhepunkte der brücken waren sicher die Opern- und Oratorienaufführungen, u. a. Werke von Gerd Kühr, Paul Hindemith, Benjamin Britten, Peter Maxwell Davies, bei denen bis zu 90 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mitgewirkt haben und für alle unauslöschliche Erinnerungen bleiben werden! Die unendliche Vielfalt des heutigen musikalischen Gestaltens einzufangen scheint fast unmöglich. Vieles kann nur schlaglichtartig angedeutet werden. Im Laufe der Jahre gelingt den brücken jedoch ein immer umfassenderes Bild der Musik unserer Zeit. Jeder Mensch hört anders. Brückenerfahrung zielt ins Herz jedes einzelnen Menschen!

Das heurige Festival findet in zwei Teilen statt:

Die junge, mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnete ungarische Organistin Zita Nauratyill hat mit einem Orgelkonzert in der Stadtpfarrkirche Mürzzuschlag auf der schönen, im Jahre 2010 vom Tiroler Orgelbaumeister Christian Erler erbauten Orgel die brücken eröffnet. In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Komponisten eine ungemein farbige und kraftvolle Klangsprache für Orgel entwickelt, wie uns Werke von Alain, Messiaen, Cage und Ligeti gezeigt haben. Die SchülerInnen der Musikschulen von Mürzzuschlag, Mariazell und Kindberg präsentierten im kunsthaus ein Programm, das sie dankenswerterweise trotz aller Corona-Beschränkungen mit ihren Lehrkräften erarbeitet haben.

Am 19. Juni hat uns Wolfram Berger mit seiner großen rhetorischen Wandlungsfähigkeit in der Pillhoferhalle in Neuberg die Geschichte vom Soldaten erzählt. Dieser Musiktheater-Klassiker geht auf ein altes russisches Märchen zurück. 1917 schufen Charles F. Ramuz und Igor Strawinsky daraus ein geistreich-charmantes Stück für Sprecher, sieben Musiker und eine Tänzerin. Im Herbst schließen die brücken mit einer weiteren konzertanten Musiktheaterproduktion an: In Zeugen verbinden sich die Worte des Dichters Robert Walser mit der Musik des Komponisten Georges Aphergis und Puppen von Paul Klee zu dichter Aussage. Ein internationales Ensemble bürgt für höchste Qualität (29.9.21 kunsthaus muerz). Anita Gritsch wird für Schüler des Herta Reich Gymnasiums Bodypercussion-Seminare abhalten und mit einer Performance im kunsthaus ihre rhythmische Körper-Kunst vorstellen.(19.10.21 kunsthaus muerz)

In einem Klaviertriokonzert gedenken wir des vor 20 Jahren verstorbenen originellen Komponisten und Vibraphonisten Werner Pirchner, dessen Ö1- Signations – Sie werden sich erinnern – uns lange begleitet haben (22.10.21 kunsthaus muerz) Der deutsche Komponist Helmut Lachenmann ist eine Zentralgestalt der zeitgenössischen Musik. In der Reihe „Brückenkino“ zeigen wir Ihnen ein Interview, das aus Anlass seines 85. Geburtstags gefilmt wurde und uns diesen Komponisten nahebringt (23.10.21 17 Uhr, Greisslerei beim Münster, Neuberg).

Im Abschlusskonzert wird die Blaskapelle Roseggerheimat unter Thomas Brunner mit Klaus Steinberger u. a. Friedrich Guldas Cellokonzert aufführen. (28.10.21 VAZ Krieglach )

Ernst Kovacic ist Dirigent und Geiger, Lehrer und Kurator. Seit 2009 ist er künstlerischer Leiter des bruecken-Festivals in der Steiermark.

kunsthaus muerz, Wiener Straße 35, 8680 Mürzzuschlag

www.kunsthausmuerz.at