In seiner traditionellen theatralen Expositur zeigt das Theater im Keller diesen Sommer Charles Dyers „Unter der Treppe“ im Hof des Landesarchivs.
Text: Wolfgang Pauker
Mit Unter der Treppe greift das Theater im Keller ein Thema auf, dass angesichts LGBTQ-Bewegung und fragwürdiger Gesetzgebungen in Ungarn und Polen, wo Errungenschaften der Menschlichkeit und Freiheit zunehmend zurückgefahren werden, aktueller nicht sein könnte. Dabei stammt das Stück aus den 1960er Jahren. Wie sich die beiden homosexuellen Protagonisten darin mit ihrer Zweisamkeit im Abseits arrangieren, ist bewegend. Schließlich war es damals nahezu unmöglich, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. Dragqueens – wurden sie erwischt – drohte gar Gefängnis. Aber gar so weit scheint das auch heute nicht weg zu sein.
Der Plot handelt von Charles „Charlie“ Dyer, erfolgloser Schauspieler und abgetakelter Sunny-Boy, der in einer homosexuellen Beziehung mit Harry C. Leeds lebt, in dessen Friseurladen er aushilft. Auch Harry hat Probleme, da ihm über Nacht die Haare ausgefallen sind – für einen Friseur nicht gerade werbewirksam. Die beiden sind schon seit einigen Jahren ein Paar, man streitet und versöhnt sich, ärgert sich über die Fehler des Partners, leidet unter den eigenen Unzulänglichkeiten und unter der nicht gerade toleranten Nachbarschaft. Wie ganz „normale“ Paare eben auch. Doch dann bescheren die bevorstehende Ankunft von Charlies Tochter aus einer gescheiterten Ehe, die endlich Kontakt mit ihrem Vater aufnehmen will, und eine Gerichtsvorladung wegen „öffentlicher Gefährdung der Moral“ den beiden eine schlaflose Nacht.
Umstrittenes Erfolgsstück
Autor des Stücks ist der gleichnamige Charles Dyer. 1928 in England geboren, diente er vier Jahre als Flugnavigator bei der Royal Air Force, bevor er seine künstlerische Karriere als Schauspieler begann. Bereits früh schrieb er Drehbücher und Romane und inszenierte sowohl Theater- als auch Film- und Fernsehproduktionen. Während seine frühen Stücke oft satirisch und experimentell waren, wandte er sich in späteren Werken der Einsamkeit des Individuums zu. Mit dem 1962 in London uraufgeführten Psychogramm Die Rassel, in dem ein 14-jähriger Jugendlicher erste sexuelle Erfahrungen mit einer Prostituierten macht, hatte Dyer seinen ersten Erfolg als Dramatiker. Unter der Treppe, sein 13. Theaterstück aus dem Jahr 1966, führte schließlich zum internationalen Durchbruch. Wegen seines sexuellen Inhalts sorgte es für einen Skandal und entging nur knapp größeren Eingriffen der britischen Zensur. „Hier kommt’s ganz darauf an, wo einem die moralische Hutschnur sitzt und was einem unter oder über dieselbe geht. Für Pastorentöchter ist diese Ehekomödie nicht geschrieben“, urteilte einst Friedrich Luft, deutscher Feuilletonist und Theaterkritiker anlässlich der deutschen Erstaufführung. Die TiK-Fassung dieses Klassikers findet zu einem überraschenden Schluss!
Vorstellungen (Open Air): 5., 6., 7., 10., 11., 12., 13., 14., 15., 17., 18., 19., 20., 21., 23., 24., 25. August, jeweils 20 Uhr
Hof des Landesarchivs, Karmeliterplatz 3, 8010 Graz
Ab Anfang August stehen über die Homepage auch die drei Produktionen „Alice in Crazyland“ (Evald Flisar), „Lost in Communication” (Andreas Thaler) und „Proteus Höhle” (Wilhelm Hengstler) als Video on demand zur Verfügung.
www.tik-.graz.at