Inspirationsquelle, Filmkulisse, Wahrzeichen. Kaum ein anderer Ort bringt die mystische Schönheit Marrakeschs so märchenhaft zum Ausdruck wie das legendärste Hotel Marokkos: Das La Mamounia.
Text: Stefan Zavernik
Der Blick aus dem Zimmer, hinweg über den gigantischen Park des Hotels, reicht bis weit ans Ende des Horizontes, hin zu den schneebedeckten Gipfeln des Atlasgebirges. Für Winston Churchill waren es insbesondere die Sonnenuntergänge, die ihn an den ohnehin schon spektakulären Anblick fesselten. Das La Mamounia war für den Staatsmann, der sich mit zunehmendem Alter immer mehr der Malerei widmete, zu einer künstlerischen Inspirationsquelle geworden. Churchill war nicht der Einzige, dem das Hotel Ideen und Lebenskraft lieferte. Alfred Hitchcock etwa soll die Idee zu seinem Film Die Vögel während eines Aufenthaltes im La Mamounia gekommen sein. Für seinen Film Der Mann, der zu viel wusste nutzte er das Haus als Filmkulisse. Zuvor wurde das Hotel im Stummfilmklassiker Marokko mit Marlene Dietrich erstmals als Drehort berühmt.
Hollywoodproduktionen wie diese haben nicht nur wesentlich zum Mythos des Hotels beigetragen, sondern waren auch maßgebend für den ersten großen Tourismusboom, den Marrakesch als Reiseziel nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte. Der Reiz, den das Palasthotel auf Filmemacher schon in seinen Anfangsjahren ausübte, ist bis heute ungebrochen und unterstreicht, wie spektakulär dieser Ort über die Jahrzehnte geblieben ist. Regisseur Oliver Stone buchte die Institution etwa für Szenen zu seinem Historienepos Alexander, in denen Alexander der Große, gespielt von Brat Pitt, am Höhepunkt seiner Macht in seinem Palast im sagenumwobenen Babylon thront. Neben der Filmindustrie und all ihren Stars, die von Anbeginn zu den Gästen zählten, übte das Hotel immer schon magnetische Anziehungskraft auf Künstler, Literaten und kreative Geister aus. Darunter Modedesigner wie Yves Saint Laurent und Pierre Balmain oder auch Rockstars wie die Rolling Stones oder Crosby, Still & Nash, deren Hit „Marrakech Hotel“ während ihres Aufenthaltes entstanden sein soll.
Le Jardin de la Mamounia
Die Geschichte des Hotels beginnt im 18. Jahrhundert und klingt wie aus einem Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Auf der Suche nach einem passenden Hochzeitsgeschenk für einen seiner Söhne, Prinz Mamoun, stieß der damalige Sultan Sidi Mohammed Ben Abdellah auf einen paradiesischen Garten außerhalb der Kasbah, der befestigten Altstadt Marrakeschs. Der Prinz genoss ein Leben im Überfluss und soll sich mit aufwendigen Festen in seinem neuen Domizil einen Namen gemacht haben. Im Jahre 1923 wurde auf der ehemaligen Spielwiese des Prinzen dann das La Mamounia als erstes Luxushotel Marokkos eröffnet. Die Parkanlage, der Jardin de la Mamounia, ist bis heute die große Attraktion geblieben, von der man als Gast niemals genug bekommen kann. Malerische Alleen, gesäumt von mächtigen Olivenbäumen, viele von ihnen an die 700 Jahre alt, durchqueren die Anlage. Es gibt hunderte, auf den Zentimeter exakt angeordnete, perfekt zugeschnittene Orangenbäume, großzügig angelegte, duftende Kräutergärten, gewaltige Kakteen, exotische Blumen und urzeitlich groß wirkende, weit in den Himmel ragende Palmen, die schon mehr als ein halbes Jahrtausend in diesem Garten ihre Schatten werfen. Mit seinen 8 Hektar ist der Jardin de la Mamounia heute der größte Privatgarten Marrakeschs. Inmitten dieser Kulisse am Pool zu liegen, Tennis zu spielen oder den Aperitif zu genießen, ist eines der großen Highlights eines jeden Marrakesch-Aufenthalts.
Eine Hotellegende am Puls der Zeit
Es sind die auf den ersten Blick unübersehbaren Dinge, die einen Aufenthalt im La Mamounia heute zu einem Erlebnis machen. Der Park, die beeindruckende Architektur oder die opulente Innenausstattung des Palastes. Das mondäne Spa mit seinen Hammam-Bädern oder der endlos groß wirkende, palmengesäumte Swimmingpool. Das durchgehend perfekte Service, für das an die 800 Mitarbeiter im Einsatz sind. Es sind aber auch die vielen kleinen, subtilen Dinge, die in Erinnerung bleiben. Der Duft, den man sofort wahrnimmt, wenn man das Hotel betritt und der einen überallhin begleitet. Das Plätschern der zahlreichen Brunnen in den Innen- und Außenbereichen oder das Rascheln der Pflanzen und Bäume, wenn der Wind durch den Park fährt. Und nicht zuletzt die hervorragende Küche des Hotels. Der große kulinarische Klassiker ist das Le Marocain. Das Restaurant wird in einem eleganten Riad im Hotelpark betrieben, das speziell in den Abendstunden seine ganze Atmosphäre verströmt. Neben traditionellen Gerichten, wie klassische Tajines, gibt es auch moderne, innovative Interpretationen der marokkanischen Küche. Internationale Spitzenküche bieten die Restaurants, die unter der Leitung des Franzosen Jean-George Vongerichten stehen.
Der Spitzenkoch wurde durch sein Bistro JoJo in New York international berühmt und ist mittlerweile mit unzähligen Restaurants auf der ganzen Welt erfolgreich. Zu seinem Markenzeichen wurde speziell seine südostasiatisch inspirierte Fusionsküche. Im La Mamounia ist diese im L‘Asiatique zu erleben. Das L’Italien steht für die Idee einer High-End-Trattoria mit dem Anspruch, die besten Pizzen des afrikanischen Kontinents zu servieren. Das kulinarische Gesamtkonzept des Hotels wird mit der französischen Patisserie-Legende Pierre Hermé abgerundet, der die Rezeptideen zu sämtlichen Desserts aller Restaurants entwickelt hat. Konzentriert zu erleben ist seine Patisserie-Kunst im Mehze, einem verträumten Teehaus mitten in der Parkanlage. Das La Mamounia ist für Marrakesch weit mehr als ein berühmtes Luxushotel, es gilt als Wahrzeichen. Seine Lage ist ideal, um die Stadt zu erkunden, mitten im alten Zentrum Marrakeschs, einen Steinwurf von der Koutoubia-Moschee, dem Djemaa el Fna und den Souks entfernt. Wie ein Kaleidoskop vereint es die schönsten Seiten, die Marrakesch ausmachen, und ist zugleich eine Welt für sich, für die es sich lohnt, eigens anzureisen. Winston Churchill soll das Hotel schlicht „als den schönsten Ort, den er jemals gesehen hatte“ bezeichnet haben. Eine solche Aussage hat naturgemäß viel mit persönlichem Geschmack zu tun. Doch ganz nüchtern betrachtet? Ein Ort, der für den schönsten auf der ganzen Welt in Frage käme, ist das Hotel zweifellos.