Start Featureshome Kunst und soziale Realität in engen Zeitfenstern

Kunst und soziale Realität in engen Zeitfenstern

Das letzte von Herbert Nichols-Schweigers 28 Jahresprogrammen für die Steirische Kulturinitiative kommt zu seinem Ende. Wichtig in den gut 150 Projekten waren fundierte Fragen an die soziale Realität oder Feststellungen über oder gar Antworten auf sie. Ihre Defizite und ihre Verwerfungen in diesem Land und immer wieder darüber hinaus drängten sich in die oft unterschätzten Sprachen der Kunst.

Nonkonformistische Kunst

Round Table

In einem fast vierstündigen Gespräch erhellte der Steirer Herwig Höller, Kulturjournalist aus Russland und  der Ukraine, mit gezielten Fragen und Querverbindungen das sowjetische Kunstsystem in seinen letzten Zügen und die anschließend sonderlichen Kunstentwicklungen. Authentische Ant­worten bekam er von Anastasja Patsey, Direktorin des Museums Nonkonformistische Kunst, und von Simon Mraz, verantwortlich für kulturelle Sonderprojekte des österreichischen Außenministeriums in Europas Osten. Die in Moskau aufgewachsene Intendantin des steirischen herbst, Ekaterina Degot, hielt da deutlich mit, so wie der in Graz lebende Künstler Bernhard Wolf mit seinen Erfahrungen als Kunststudent in großen russischen Städten.

Nachzuschauen auf www.youtube.com

Herbert Nichols-Schweiger

Regisseur Felix Hafner an das Team

„In den drei ganz unterschiedlichen Performances (es warat wegen morgen) wurden viele Themen angesprochen: Bildung, Klimaschutz, Frauenrechte, Landwirtschaft, LGBTQIA+-Rechte, Freizeitgestaltung, Stadtplanung, weiße Privilegien und Anti-Rassismus, Hierarchien, bedingungsloses Grundeinkommen und Vermögensverteilung, Femizide, Rettung von Afghaner*innen, Tierschutz, Arbeitsrecht, öffentlicher Verkehr und vieles mehr. Der Protest ist angekommen und ihr habt eure Anliegen mit großartiger Energie vertreten! Danke auch an das Team für die großartige Arbeit: Emily Richards, Helene Thümmel und Lena Truppe.“ – Koproduziert mit steirischer herbst, den Stadtgemeinden Deutschlandsberg und Weiz sowie Villa Hafner und Marktgemeinde Maria Lankowitz.

Felix Hafners Performance in Maria Lankowitz

Bernhard Wolf

Poetisch kombinierte Zeichen aus dem üppigen EDV-Formelschatz, so leicht entkommt Bernhard Wolf konformistischer Gestaltungsflut: mit großflächig aufgetragenen Kompositionen hebt er zwei Bauten aus einem architektonisch wenig ansprechenden Häusersumpf in der Kärntnerstraße und am Lazarettgürtel heraus. Die Vorbeifahrenden erreicht eine Botschaft „mit einer möglichst einprägsamen, reduzierten, weithin sichtbaren Formensprache“ (Elisabeth Fiedler, Kunst im öffentlichen Raum Steiermark, in: Bernhard Wolf, Arbeiten/Works 2016-2021, Verlag Forum Stadtpark, Graz, ISBN 978-3-901109-70-6).

Bernhard Wolf
Foto: Wilfried Mörtl

Tanzende Scheibtruchnan

Die Steirerin Evamaria Schaller lebt in Köln als Video- und Performancekünstlerin. In Scheibtruchnan haben die Performer*in und Passanten zehn dieser Baugeräte von einem zum nächsten öffentlichen Platz in Graz geschoben, geradelt, mit oder ohne Last. Menschen wurden transportiert, Scheibtruhen aufgestapelt, in Linien aufgereiht. Es war eine Störung des öffentlichen Lebens, ein Gemeinschaftsprojekt und doch eine klare Abgrenzung. Eine „Scheibtruhenburg“ als letzte Bastion und Markierung im öffentlichen Raum. Eine mobile Stadt-Störung. 

Nachzuschauen auf www.youtube.com

Start der Performance Scheibtruchnan am Tummelplatz

Abseits von Filterblasen

Daniel Krammers Hauptfrage war: Wie wirkt die Aktivität in sozialen Medien auf unsere Aufmerksamkeit? Zwei Tage lang wurde der Verrohung von Sprache in sozialen Medien entgegengearbeitet. In Workshops, einer Lecture-Performance, Live-Painting, Malerei, Tanz und Musik haben interessierte Teilnehmer*innen an Strategien für Diversität und Respekt im Umgang miteinander gearbeitet. Bildende Kunst: Daniel Krammer (Kurator), Dieter Puntigam, Marcus Saravia – Wissenschaft: Dr.in Susanne Sackl-Sharif, Mag.a Clara Millner, Mag. Gregor Fischer – Musik und Tanz: Bea und Daphne von Schrader, [dunkelbunt]. Präsentiert in Kooperation mit der Stadt Bruck/Mur und UNI-ETC Graz.

Styrian Power, Publikation

Erwin Posarnig vereinigte künstlerische Eigenständigkeit, Innovationslust und soziale Empathie von 28 steirischen Künstler*innen seiner Wahl. Daraus wurde die erste Aktion bildender Kunst in der Tennenmälzerei der Reininghausgründe, zunächst ausgestellt und dann auf unbestimmte Zeit vergraben. Erinnerung an Kunst in der Erde verweist auch auf die Rasanz, mit der Kunst an unserer Wahrnehmung vorbeizieht.

Bestellung: steirische@kulturinitiative.at

Rendez-vous des amis

Vier vordergründig wenig verwandte „Welten“ hat Kurt Stadler miteinander sinnvoll verbunden und von Alexandra Riewe perfekt gestaltet: Werke arrivierter Künstler*innen von Marcel Duchamp über Pipilotti Rist bis Kurt Schwitters, erst vor kurzem aufgetauchte Künstler*innen, dann auch Meteoriten aus fast allen Erdteilen und prähistorische Funde aus dem Archeo Norico Deutschlandsberg. Zusammen 176 Seiten, reich bebildert und mit Texten versehen im Verlag Bibliothek der Provinz, ISBN 978-3-99028-997-6.

Rendez-vous des amis, Großplakat am Opernring

Studio KI, früher Palais Dietrichstein

Im Zentrum von Graz proben, tanzen oder trainieren? – Ist möglich. 15 mal 8 Meter umfasst der Festsaal derer von Dietrichstein, überglänzt von Deckenmalerei und altem Stuck. Gut sechs Meter Höhe geben Raum für Luft und für Kunst.

Anfragen an steirische@kulturinitiative.at

Studio KI als Kulisse für die Lesung von Nava Ebrahimi beim Bachmannpreis

Matinee für Gerhard Dienes

Freund*innen und Wegbegleiter*innen sprachen von und über den Historiker, Museumsfachmann und ­Essayisten, moderiert von Wolfgang Muchitsch, gaben Interviews und erzählten aus seinem Leben und über Themen, die Dienes wichtig waren: Knittelfeld, Graz, der Alpe-Adria-Raum und das Bauen von Brücken zwischen den Kulturen – im Besonderen zum Orient,  musikalisch begleitet. Seine dia­logisch-musikalisch präsentierten Essays über gravierende Zeitphänomene sind eine eigene Gattung von Aufklärung mit künstlerischen Mitteln.

Radojcic/Tesla, Website

Frau und Genie – das ist in unserer Welt noch nicht wirklich angekommen. Marica Radojcic war ganz eindeutig ein Genie. Aber sie wurde nicht gebührend anerkannt. Die Ausstellungen und Symposien in Belgrad und in Graz haben das geändert. Als Kuratorinnen haben Doris Jauk-Hinz und Gertrude Moser-Wagner daran Anteil. Die immer aktueller und relevanter werdende Verbindung zwischen Kunst und Wissenschaft zieht Kreise. Nicht nur Themen, auch Methoden, Ansichten usw. werden aus der Wissenschaft in die Kunst überführt.

www.lichtfelder.org

Genie Marica Radojcic
Foto: Selman Trtovac

Wir sind jetzt hier

Sie sind Angstgegner aller Integrationsskeptiker*innen: Junge Männer, die allein aus Syrien oder Afghanistan, aus Somalia, Eritrea oder dem Irak nach Europa flohen. Viel häufiger wird jedoch über sie gesprochen als mit ihnen. Sieben junge Männer erzählen in die Kamera vom Ankommen und Bleibenwollen. Online-Filmvorführung (vimeo.com) und Gespräch mit Niklas Schenck (Filmemacher, Hamburg), Gertraud Mocharitsch (Flüchtlingsbetreuerin, DfA-Lehrerin, Verein Isop), Karl Heinz Herper (Menschenrechtsbeirat Stadt Graz).    

Regisseure Niklas Schenck und Ronja von Wurmb-Seibel
Foto: Brot Zwiebel