Ausstellung „Stadtgeflüster IV“ im Museum im Rathaus Gleisdorf: Kuratorin Sigrid Hörzer über Visionen, „Wege. Wünsche. Wirklichkeiten.“ und Mehlwürmer in Tomatensauce.
Die Ausstellungsreihe „Stadtgeflüster“ über die Geschichte Gleisdorfs war ursprünglich als Trilogie geplant. Wieso wurde sie verlängert?
Als wir 2017 das erste Mal über eine Schau zum 100-Jahr-Jubiläum der Stadt Gleisdorf im Jahr 2020 nachdachten, war bereits klar, dass eine Ausstellung nicht reichen wird. Die Geschichte der Stadt ist so bewegt, ereignisreich, vielschichtig und facettenreich, dass wir uns zu einer Trilogie über das Werden und Wandeln Gleisdorfs entschlossen haben. Anfangs dachten wir, die Geschichte von der ersten römischen Besiedelung bis zum heutigen wirtschaftlich starken Zentrum der Region nach drei Ausstellungen – von 2018 bis 2020 – fertig „geflüstert“ zu haben. Doch im Ausstellungsbetrieb merkten wir, dass noch etwas fehlte, um die Sache abzurunden: Ein Blick in die Zukunft.
Die Zukunft lässt sich schwer voraussagen, oder?
Dieses Thema führte uns tatsächlich an unsere Grenzen. Wer hat schon eine Glaskugel zur Hand, die zuverlässige Aussagen über die Zukunft treffen kann? Wo soll man mit den Themen beginnen und wo aufhören? Außerdem wollten wir nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf Missstände in unserer Gesellschaft, Klimapolitik und dergleichen hinweisen. Vielmehr möchten wir in der Ausstellung Möglichkeiten aufzeigen, wie jeder einen Beitrag zu einer positiven Zukunft leisten kann.
Wie kuratiert man eine Schau, die ins Ungewisse blickt?
Ich bin es als Kuratorin gewohnt, auf Bestände aus unserem Depot und Archiv zurückgreifen zu können, Fakten und Inhalte zu recherchieren, die sich in der Vergangenheit, maximal in der Gegenwart zugetragen haben. Diese Ausstellung stellte also eine große Herausforderung dar. Nach unzähligen Diskussionen und Besprechungen einigten wir uns darauf, aufgrund vorhandener und zukunftsweisender Projekte mögliche zukunftsträchtige Wege aufzuzeigen. Denn Gleisdorf war und ist ein innovativer Boden. Sowohl in Sachen Forschung, Lehre, Wirtschaft als auch bei zahlreichen Sozialprojekten und vielem mehr. Daher kontaktierten wir Spezialisten aus den jeweiligen Bereichen, die uns dankenswerter Weise ihr Know-how und Exponate zur Verfügung stellten.
Welchen Bereichen widmet sich die Ausstellung „Wege. Wünsche. Wirklichkeiten.“?
Vier große Themenblöcke leiten die Besucher durch die Schau: Energie/Umwelt/Klima, Mobilität/Stadtentwicklung, Landwirtschaft/Biodiversität/Ernährung und Leben/Wohnen/Altern. Jeder einzelne Bereich würde eine eigene Ausstellung füllen, dessen sind wir uns bewusst. Daher gibt es für Besucher, die ihr Wissen im jeweiligen Gebiet vertiefen wollen, zahlreiche Möglichkeiten: QR-Codes, AR, Podcasts, Videos wie auch herkömmliche Booklets.
Steht Gleisdorf in der Schau beispielhaft für ganz Europa?
Inhaltlich wird auf Gleisdorf, auf die Region eingegangen. Aber man muss sich natürlich vor Augen halten, dass Gleisdorf keine einsame Insel fernab jeglicher Zivilisation ist. Die Stadt, die Region gehört zu einem großen Ganzen und kann und darf nicht isoliert betrachtet werden. Daher werden viele Probleme thematisiert, die die gesamte Welt betreffen und unser aller Zukunft verändern können.
Was sind Ihre persönlichen Highlights?
Energiedaten hautnah mittels VR Brille zu erleben beispielsweise. Das Programm hierfür wurde eigens von der AEE Intec für die Ausstellung programmiert. Oder die Ozobots: Kleine Roboter, die sich mittels Farben programmieren lassen. Spannend finde ich auch die Mehlwürmer in Tomatensauce – allerdings nur zum Anschauen, meine Ekelgrenze ist in diesem Bereich noch nicht überwunden.
Zu sehen bis 19.12.2021 (Fr: 13–17 Uhr, Sa & So: 10–14 Uhr) im Museum im Rathaus Gleisdorf