Günter Riegler geht in seine zweite Regierungsperiode als Kulturstadtrat der Stadt Graz. Im Interview spricht er über seine Ziele, seine Erwartungen im Hinblick auf das neue Kulturbudget der Stadt und Ausstellungsmöglichkeiten für die Grazer Künstlervereinigungen.
Text: Stefan Zavernik
Schon im Vorfeld der Regierungsbildung haben Sie offen ausgesprochen, dass es Ihnen ein großes Anliegen wäre, das Kulturresort weiterhin in Ihrem Verantwortungsbereich zu wissen. Wie schwierig war es, das Resort wieder zu bekommen?
Uns wurde irgendwann einmal im Laufe der Regierungsbildung mitgeteilt, dass die Kultur wieder in unserem Verantwortungsbereich landen würde. Ob es überhaupt ernsthafte Begehrlichkeiten vonseiten der anderen Parteien gab, ist mir nicht bekannt. Ich habe nur bemerkt, dass die Bereiche Kultur und Wissenschaft offenbar kein großes Thema für die aktuellen Koalitionspartner waren. Kultur hat leider oft nicht jenen Stellenwert in der politischen Aufmerksamkeit, die sie verdienen würde.
Warum wollten Sie weiterhin Kulturstadtrat der Stadt Graz bleiben?
Weil ich der Meinung bin, dass Kultur und Wissenschaft die absoluten Schlüsselfaktoren für eine gut funktionierende liberale Gesellschaft sind.
Hat Bürgermeisterin Elke Kahr Ihnen bereits ihre kulturpolitischen Ideen für die nun angelaufene Regierungsperiode mitgeteilt bzw. versucht, sich mit Ihnen abzustimmen?
Ich gehe davon aus, dass solche Gespräche noch stattfinden werden. Im Regierungsprogramm der Koalitionspartner sind einige kulturpolitische Ideen enthalten, die sich ohnehin mit meinen kulturpolitischen Ansichten decken. Zum Beispiel das Thema Fair Pay oder die Forderung nach mehr öffentlichen Probe- und Aufführungsräumen. Es sind auch Punkte im Programm enthalten, die bereits umgesetzt wurden. Etwa die Forderung nach dem kostenlosen Zutritt in öffentliche Museen. Im Rahmen der Initiative Hunger auf Kunst und Kultur erhalten alle, die sich Kulturangebote nicht leisten können, die Möglichkeit, diese dennoch wahrzunehmen; darunter findet sich der kostenlose Eintritt in öffentliche Museen. Ich bin hier aber ganz klar für einen Weg der Mitte, alles für jeden kostenlos anzubieten, halte ich für nicht sinnvoll. Kultur hat einen Wert.
Im Frühling 2022 soll das neue Stadtbudget präsentiert werden. Was erwarten Sie sich in Bezug auf das damit einhergehende, neue Kulturbudget?
Ich hoffe, dass es mehr Mittel sein werden als bisher. Wir haben in der letzten Gemeinderatsperiode eine jährliche Steigerung des Kulturbudgets von 3 % erreicht. Hier gehe ich schon davon aus, dass es nun unter Rot-Grün nicht weniger Steigerung geben wird.
Mit welchen Zielsetzungen gehen Sie in die neue Regierungsperiode?
Wie schon im Vorfeld der Wahl angekündigt, will ich weiterhin die Linie eines sehr breiten Kulturbegriffs verfolgen. Neben der Kunst im herkömmlichen Sinn geht es mir vor allem auch um den Diskurs, wie wir ihn im Kulturjahr 2020 umgesetzt haben. Eines meiner zentralen Anliegen wird es auch sein, Kooperationen der Stadt Graz mit Kulturräumen in ganz Europa zu forcieren. Meine in der letzten Regierungsperiode initiierte Galerienförderung möchte ich weiter ausbauen, eventuell Galeristen dabei helfen, an internationalen Messen teilzunehmen. Und auch dem Thema Fair Pay werde ich mich weiterhin verstärkt widmen. Hier will ich in den nächsten fünf Jahren konkrete Umsetzungsschritte setzen. Denn von Ankündigungen alleine wird niemand fairer bezahlt. Für den Museumsbereich habe ich bereits zwei konkrete Pläne: Für die Tennenmälzerei in Graz-Reiningshaus habe ich gemeinsam mit GrazMuseum-Chef Otto Hochreiter ein Konzept für ein hybrides Museum entwickelt, das Museum, Begegnungszone und Kunst mit den notwendigen Erfordernissen einer modernen Stadtteilarbeit vereint. Im vorliegenden Konzept finden Bibliothek, ein Industrie-/Designcenter, Gastronomie, Stadtteilbüro und Servicestelle sowie Räumlichkeiten für Workshops und Sport gleichermaßen Platz und versprechen durch eine vielschichtige und ineinandergreifende Nutzung die größtmögliche Frequenz. Es soll ein Haus werden, dass in die Zukunft blickt und viele Besucherinnen und Besucher anzieht. Auch das GrazMuseum soll einen nächsten Ausbauschritt erfahren. Wir denken hier an eine Adaptierung des Reinerhofs, der Gotischen Halle und den anschließenden Räumlichkeiten. Das neue Museum soll sich der Gründergeschichte der Stadt Graz widmen.
Wie können Umsetzungsschritte im Hinblick auf den Fair-Pay-Gedanken aussehen?
Wir haben hier Möglichkeiten im Rahmen der Fördervergabe. Im Idealfall abgestimmt mit dem Land Steiermark. Wer Subventionen für Kulturprojekte erhält, muss seine Mitarbeiter fair entlohnen, so die Idee.
Wird es das Grazer Kulturjahr ein weiteres Mal geben?
Ich möchte den Gedanken des Kulturjahres weiterhin am Leben erhalten. Ich stelle mir hier vor, dass wir nicht ein komplettes Festival wiederauflegen, sondern dass wir unter dem Motto „Kulturjahr ist immer“ ein jährliches Sonderbudget zu Verfügung stellen – dass logischerweise erst ausverhandelt werden muss –, um urbanistischen, stadtentwicklerischen Fragestellungen nachgehen können.
Offiziell scheint die Diskussion rund um das ehemalige Grazer Künstlerhaus für beendet. Die Künstlervereinigungen haben nun für ihre Jahresausstellung mit der Grazer Hofgalerie im Steiermarkhof eine neue Location bekommen. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Lösung?
Das kann ich heute noch nicht endgültig beantworten. Bisher habe ich durchaus viel positives Feedback zur ersten Ausstellung im Steiermarkhof erhalten. Es wird nun zu einer Evaluierung kommen, danach werden Kulturlandesrat Christopher Drexler und ich gemeinsam mit dem Leiter der Hofgalerie, Johann Baumgartner, darüber sprechen, wie es weitergehen kann.
Bräuchte Graz für Ausstellungen wie diese nicht ein eigenes öffentliches Haus? Etwa eine Stadtgalerie oder eben wieder ein Künstlerhaus?
Ja und nein. Sollte es zu einer Lösung mit dem Steiermarkhof kommen, hätten wir mit diesem schon ein Haus, das einen sehr starken öffentlichen Charakter aufweist. Es gibt dort auch eine hohe Besucherfrequenz. Was seine Erreichbarkeit betrifft, gibt es sicher besser gelegene Locations. Ich will nicht ausschließen, dass wir am Ende des Evaluierungsprozesses zu einem Ergebnis kommen, das womöglich Sonderausstellungen im Zentrum von Graz einfordert.
Dieses Jahr soll das Grazer Kunsthaus eine neue Leitung bekommen. Was erwarten Sie sich vom Grazer Kunsthaus in Zukunft?
Das Haus muss international gut vernetzt sein, andererseits die Präsentation steirischer Positionen klar zum Auftrag haben. Diese beiden Zielsetzungen müssen im Mittelpunkt stehen und für diese braucht es eine dementsprechende Leitung. Die Menschen kennen und lieben das Kunsthaus als Architektur- und Design-Icon. Was aber die Kunstvermittlung selbst betrifft, gibt es noch Luft nach oben.