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Grenzenlos subjektiv

Seit mehr als zehn Jahren bringt der Galerist Helmut Reinisch die großen Namen der zeitgenössischen Kunstszene mit seinen Ausstellungen nach Graz. Ein Gespräch über Qualität, die Kunst von Herbert Brandl und kommende Projekte.

Text: Stefan Zavernik

Mit der Ausstellung „Highlights“ haben Sie in Ihrer Galerie bis vor Kurzem eine Sammlung an Kunstwerken Ihrer wichtigsten Künstlerinnen und Künstler gezeigt. Was macht Qualität in der Kunst aus?
In der Kunst geht es immer um das Wie und nie um das Was. Die Frage, was Qualität ist, lässt sich klar und vor allem in der Spitze relativ einfach beantworten. Es gibt Künstler, die werden kontinuierlich in Museen ausgestellt. Und andere Künstler könnten 400 Jahre alt werden und würden nie in einem Museum gezeigt werden. Jede Kategorie hat ihre Superstars. Wir kennen auf die Schnelle sieben berühmte Impressionisten. Gegeben hat es tausende von Ihnen. Um Qualität auch abseits der Spitze feststellen zu können, braucht es schon etwas mehr. Denn Qualität zu beurteilen ist bereits eine Form von Qualität. Die Beurteilung setzt Wissen und Bildung voraus und ein Gefühl für Kunst. Glauben Sie auch nicht blauäugig jedem Galeristen, denn jeder Galerist versucht letzten Endes, seine Kunstwerke zu verkaufen. Logischerweise kann nicht alles Qualität sein.


Welche Künstlerinnen und Künstler sind in Ihrer Galerie aktuell besonders gefragt?
Wenn es um internationale Qualität geht, fallen natürlich Namen wie Arnulf Rainer, Franz West, Günther Förg, Martin Kippenberger oder Katharina Grosse ein. Hier geht es um Kunst, an die man gar nicht leicht herankommt. Künstler wie Herbert Brandl produzieren Kunstwerke, die, sobald sie fertig sind, auch schon verkauft werden, an Galerien auf der ganzen Welt. Ein volles Lager an Kunstwerken ist Künstlern wie ihm fremd. Das Gleiche auch bei Bildern von Wolfgang Hollegha. Hier drei bis vier gute Werke in wenigen Jahren zu erwerben, egal wie viel Geld man dafür zur Verfügung hätte, ist eine immense Herausforderung.

Galerist Helmut Reinisch spricht über die neueste Werkreihe der so gesuchten Bergwerke von Herbert Brandl

Um die Kunst von Herbert Brandl entstand in den letzten Jahren ein regelrechter Hype. Was macht seine Kunst so herausragend und auch so wertvoll?
Das Erste ist, er ist der Meister der gestischen Malerei. Es heißt, „was der Meister vermag mit wenigen Strichen, gelingt dem Gesellen nicht mit unendlichem Wust“. Brandl malt ein Bild oftmals in wenigen Minuten, egal wie groß das Format ausfällt. Das geht auch nur so rasch, weil er nass-in-nass malt. Das Zweite ist, dass Herbert Brandl auch dieselben Motive wie zum Beispiel seine Berge jedes Jahr quasi in einem neuen Stil umsetzt. Dabei entsteht weit mehr als nur einzelne Werkgruppen. Es entsteht Neues, eine stete Weiterentwicklung. Es wird nicht jahrein, jahraus dasselbe geliefert.


Zahlt es sich nach der Preissteigerung der letzten Jahre noch aus, Kunstwerke von Kunststars wie Herbert Brandl, Arnulf Rainer oder Martin Kippenberger zu kaufen?
Ich bin sehr vorsichtig, weil ich erstens nicht von Wertanlagen spreche und auch kein Prophet bin. Ich halte es für unseriös zu sagen, diese Kunstwerke kosten in zehn Jahren das Doppelte von heute. Auf der anderen Seite braucht man aber auch gar kein Prophet zu sein, um davon ausgehen zu können, dass hochwertige Kunstwerke weiterhin kontinuierlich im Preis steigen werden. Das war schon immer so.

Dieses Kunstwerk von Franz West aus einer wichtigen Sammlung stammt aus der frühen Phase der Passstücke. Ebenso wie Erwin Wurm, Herbert Brandl u. v. a. ging West seit Mitte der 1980er in der Galerie von Helmut Reinisch ein und aus

Ein Galerist begleitet nicht nur seine Künstlerinnen und Künstler, die er vertritt, sondern auch seine Sammlerinnen und Sammler, an die er über die Jahre Kunst verkauft. Wie groß ist die Verantwortung, die man als Galerist gegenüber seinen Kundinnen und Kunden eingeht?
Man trägt große Verantwortung. Aber der Galerist hat selbst in der Hand, was er zeigt, empfiehlt und erklärt. Was er für gut und qualitätvoll hält. Zeigt er das, was gut geht, oder das, was wirklich Qualität ist?


Nach welchen Kriterien wählen Sie die Künstlerinnen und Künstler aus, die Sie in Ihrer Galerie vertreten?
Grenzenlos subjektiv nach meinen Überzeugungen in Bezug auf Qualität.

Die kommende Ausstellung in ­Ihrer Galerie wird dem Künstler Joseph Marsteurer gewidmet sein. Was wird zu sehen sein?
Das Thema ist die Loslösung der Malerei vom traditionellen Tafelbild. Er hat unter anderem die Frage gestellt, wie man nach tausend Jahren mit diesem klassischen Thema umgehen könnte. Er arbeitet auf Plexiglas mit Acryl, verwendet dabei keinen klassischen Bildträger und auch keinen Pinsel. Er bringt Folien zum Einsatz und versucht einen völlig neuen Weg zu gehen.

Mit Ihrer Galerie sind Sie regelmäßig auf Kunstmessen in Österreich vertreten. In der Osterwoche eröffnen Sie einen Pop-up-Store in Salzburg. Sind Graz und die Steiermark als Markt für eine erfolgreiche Galerie letzten Endes zu klein?
Österreich ist zu klein. Auch Wien ist für erfolgreiche Galerien nicht groß genug. Tatsache ist einfach: Umso mehr man zeigt, umso größer wird die Wahrscheinlichkeit, mehr Menschen zu erreichen und diesen letzten Endes eine Freude zu bereiten.

Der international renommierte Künstler Erwin Wurm agiert mit Verfremdung und zeigt gesellschaftskritische Fat Cars, Fat People oder wie hier ein Fat House versilbert

Welche Ausstellungen und Projekte werden in diesem Jahr noch umgesetzt?
Außer Joseph Marsteurer, der uns von einem Museumskurator empfohlen wurde, haben wir eine weitere Ausstellung mit einem noch eher jungen Künstler in Planung, der bei Herbert Brandl in die Meisterklasse ging. Er heißt Levente Szücs, ist unbekannt, aber extrem spannend. Er geht einen komplett eigenständigen Weg, bei dem er verbindet, was man eigentlich nicht soll oder darf, nämlich naturalistische Landschaften mit Abstraktion. Wir haben eine Reihe von Messen vor und im Herbst gibt es ein großes Projekt mit einem der bedeutendsten Künstler Österreichs. Wir werden im Rahmen einer großen Ausstellung noch nie von ihm gezeigte Werke präsentieren.

Ausstellung Joseph Marsteurer
Vernissage: Fr, 18.3., 18 Uhr
Reinisch Contemporary
Hauptplatz 6, 8010 Graz

Die Frühjahrsausstellung in der Galerie Reinisch wird mit den neuesten Werken von Joseph Marsteurer die Malerei von der Wand lösen