Bestsellerautorin und Architektin Jana Revedin über Schreiben als Lebensgeschenk, starke Frauen und Champagner mit Picasso.
Text: Wolfgang Pauker
Sie sind international ausgezeichnete Architektin, Architekturtheoretikerin und Professorin. Seit wenigen Jahren schreiben Sie auch erfolgreich. Wie spannen Sie den Bogen von der Architektur zur Literatur?
Die Architektur ist mein Handwerk, das Schreiben mein Lebensgeschenk.
Ihre Bücher waren auf Anhieb wochenlang die Nummer eins auf deutschsprachigen und internationalen Bestsellerlisten. Haben Sie mit diesem Erfolg gerechnet?
Ich habe mit Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus zum Bauhausjubiläum 2019 einen Roman gewagt, kein Sachbuch, das der Verlag von mir erwartet hatte. Ich musste das Genre wechseln, denn nur so gelangte ich, wie Michelangelo so schön sagt, meinen Protagonisten „an die Haut“. Es war ein unerhörtes Wagnis, doch es gelang: ich kam nicht nur meinen Protagonisten nahe, sondern auch den Lesern.
In Ihren drei biografischen Romanen widmen Sie sich großen, aber vergessenen Frauen. Weshalb beleuchten Sie weibliche Schicksale?
Jede menschliche Gesellschaft baut auf das Miteinander, eine ergänzende Entwicklung bestmöglicher Lebensumstände. Frauen werden noch heute – oder heute mehr denn je? – von ihren Chancen ferngelenkt. „Haltung annehmen“ haben nur die Männer in tausenden Jahren Zivilisationsgeschichte gelernt. Ich versuche, jungen Frauen von heute Mut zu machen, ihren eigenen Weg zu gehen.
Ihre Romane basieren auf historischen Fakten. Wie gestaltet sich Ihre Recherche?
Ich lebe meinen Protagnisten nach, gehe auf ihren Wegen, treffe ihre Verwandten, ihre Mitstreiter. Es ist beinahe magisch, wie sich ihre Orte in Jahrzehnten nicht verändert haben, wie sich ihre Lebensart, ihre Sprache, ihr kultureller und politischer Auftrag durch die Zeit gerettet haben. Im Pariser Picasso-Archiv beispielsweise fand ich die Briefe von Eugenia Errázuriz an ihren jungen Protegé Picasso: „Kommen Sie um eins. Es gibt nur Gemüse aus dem Garten. Dafür Champagner.“ Eine WhatsApp-Nachricht, die ich Ihnen heute schreiben könnte.
Wird auch Ihr nächstes Buch eine starke Frau vor den Vorhang holen?
Natürlich. Wir springen in die 1950er Jahre, in denen Emanzipation wieder zum Fremdwort wurde. Eine junge Frau lebt in einer Gewalt-Beziehung und wagt es, sich scheiden zu lassen, mit beinahe fatalem Ausgang.
Aus preußisch-hugenottischer Familie, die von Nazis enteignet wurde, machten Sie Ihren Lebensweg über Süddeutschland, Patagonien, New York, Mailand und schlussendlich Venedig. Was bedeutet Heimat für Sie?
Mein Leben ist ein Entwicklungsroman, doch wer in sich Heimat hat, wird überall Heimat finden.
Was sagen Sie zu Graz, der heimlichen österreichischen Hauptstadt der Literatur?
Graz hat Klasse. Ich komme jederzeit gerne wieder.