Theater im Keller-Sommerproduktion im Hof des Landesarchivs: Florian Zellers Stück „Die Wahrheit“ erzählt von den Vorteilen, sie zu verschweigen, und den Nachteilen, sie zu sagen.
Für die traditionelle Sommerproduktion des Theaters im Keller – Open-Air aufgeführt im Hof des Landesarchivs am Grazer Karmeliterplatz – wurde heuer das Stück Die Wahrheit des renommierten französischen Dramatikers Florian Zeller ausgewählt. Dieses 2011 in Paris uraufgeführte Stück zählt zu den größten Erfolgen des Autors, der sich seit 2021 für die Adaption seines Drehbuchs The Father Oscar-Preisträger nennen darf. Doch der Titel täuscht, wie TiK-Mastermind und Regisseur Alfred Haidacher verrät: „Das vorangestellte Zitat von Voltaire – ‚Die Lüge ist eine Tugend, wenn sie es erlaubt, das Leiden zu vermeiden. Lügen Sie, meine Damen … Seien Sie tugendhaft … Ich werde Ihnen bei Gelegenheit Gleiches mit Gleichem vergelten‘ – zeigt, dass Die Wahrheit wohl mehr vom Gegenteil handelt. Nämlich der Lüge.“ Das ändert naturgemäß nichts daran, dass das Stück eine hinreißende, höchst raffiniert geschriebene Komödie mit geschliffenen, pointierten Dialogen ist. Immer wenn man glaubt, die Wahrheit zu wissen, wird sie unvermittelt wieder auf den Kopf gestellt.
Wo fängt sie an, wo hört sie auf?
Für Zellers verheirateten Protagonisten ist Wahrheit etwas mehr als Zweifelhaftes. Deshalb bevorzugt er auch die Unwahrheit, denn: „Wenn die Leute von heute auf morgen aufhören würden, sich zu belügen, gäbe es kein einziges Paar mehr auf Erden. Und in gewisser Hinsicht wäre das das Ende der Zivilisation.“ Und er hat in der Tat allen Grund, die Wahrheit zu meiden, hat er doch seit sechs Monaten ein Verhältnis mit Alice, der Ehefrau seines besten Freundes Paul. Doch Alice bekommt zusehends Schuldgefühle. Das ständige Versteckspiel und die immer neuen Lügen belasten ihr Gewissen. Sie will endlich reinen Tisch machen. Bloß Michel ist gar nicht damit einverstanden, Paul reinen Wein einzuschenken: „Du belügst ihn nicht, Alice. Du sagst ihm nur nicht die Wahrheit. Es wäre egoistisch, ihm die Wahrheit zu sagen, nur um dein Gewissen zu erleichtern“, argumentiert er. Doch schneller als gedacht sieht er sich selbst in der Rolle des Opfers, denn er muss feststellen, dass auch Alice ihm nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Unvermittelt wird der Lügner von seinen eigenen Lügen eingeholt und das Publikum bis zum überraschenden Schluss in Atem gehalten.
Premiere: 3.8.2023, 20 Uhr
Vorstellungen: 4., 5., 9., 10., 14., 15., 22., 23., 24., 25., 26. August, jeweils 20 Uhr
Sonntage 6., 13. und 27. August, Beginn jeweils 19 Uhr
Hof des Landesarchivs
Karmeliterplatz 3, 8010 Graz