arsonore 2023: Markus Schirmer als künstlerischer Leiter und Werner Schrempf als Festivaldirektor bitten mit herausragenden Musiker*innen zu einer musikalischen Reise nach Großbritannien auf die Bühne.
Text: Harald Haslmayr
Bereits am Eröffnungsabend wird es im prachtvollen Planetensaal auf Schloss Eggenberg zu einer spektakulären Begegnung von Musik, Malerei und Architektur kommen, wenn nämlich die Klavierfassung der Orchestersuite The Planets des englischen Komponisten Gustav Holst erklingt und damit gleichzeitig das zentrale Denkmotiv europäischer Musikauffassung. Diese behauptet, dass die Bahnen der Planeten in ihrer Ordnung ganz genau jener der musikalischen Intervalle entspricht – das Weltall ist also ein sphärenharmonisch klingender, wohlgeordneter Kosmos. Ein Abend des synchronen Hörens und Schauens steht uns also bevor, da jene Planeten, die Gustav Holst zum Klingen bringt, im Planetensaal durch den Hofmaler Adam Weissenkircher opulent dargestellt sind. Dazu kommt, dass diese Malereien im Jahr 1685 vollendet wurden, dem Geburtsjahr von Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel, der seine Weltkarriere in England startete. Zuvor werden uns zwei Klavierduos aus der Ukraine in unseren Breiten weniger bekannte Höhepunkte britischer Kompositionen näherbringen, wobei Edward Elgars Pomp & Circumstance freilich nicht fehlen darf – in kaum einer anderen Musik werden der imperiale Glanz und die solenne Ausstrahlung des British Empire so bezwingend zu Klang wie in diesen raffinierten Miniaturen.
„Ich bin ein Erz-Engländer!“ – Dieses empathische Bekenntnis stammt von Wolfgang Amadeus Mozart, der die aufgeklärte kulturelle Großwetterlage und die für die kontinentale Mentalität so reibungslos funktionierende, fortschrittsorientierte Politik Großbritanniens zeit seines Lebens überaus schätzte. Als Kind hatte er zwischen April 1764 und Juli 1765 die englische Hauptstadt kennengelernt, sein väterlicher Freund Joseph Haydn avancierte während seiner beiden Reisen nach London in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts zum weltweit gefeierten Musikstar. 1795 komponierte er für seine Freundin Rebecca Schroeter – eine der ersten professionellen Pianistinnen der Epoche – sein Klaviertrio all’ongarese in G-Dur, das er zum Entzücken des Londoner Publikums im Finale mit exotisch prickelnden, „zigeunerisch“ anmutenden Klängen garnierte. Ludwig van Beethoven war es hingegen verwehrt, englischen Boden zu betreten, aber auch er war ein Bewunderer der „feinen englischen Art“ – so verwendete er für eines seiner allerberühmtesten Themen, das Final-Thema der Eroica, einen schottischen Countrydance. Mit seinen Bearbeitungen der englischen Hymne zollte der sonst so grimmig überzeugte Republikaner dem altehrwürdigen Königshaus seinen freilich niemals devoten musikalischen Respekt. Einen Schritt aus Europa hinaus –
für einen Briten eine Selbstverständlichkeit – wagt Benjamin Britten mit seinen Songs from the Chinese, ein Zyklus, der die reichhaltige Sammlung chinesischen Porzellans in den Prunkräumen auf Schloss Eggenberg zu klirren bringen wird. Die weit gespannten Klangwelten des großen c-moll-Klavierquintettes von Vaughan Williams bilden den Abschluss dieses exuberant-opulenten Abends, den Burgschauspieler Cornelius Obonya literarisch bereichern wird.
Der Freitagvormittag gehört auch heuer wieder den musikaffinen Familien, wenn Festivalleiter Markus Schirmer und ein ortsbekannter schrulliger Professor jene jungen Hochbegabungen auf die Bühne bitten werden, die dann am Abend im Zentrum des Geschehens stehen werden – eine mit Geschichten und Anekdoten gewürzte Generalprobe, so könnte man es nennen. An diesem Abend erklingen dann die Variations concertants, ein kammermusikalisches Meisterwerk eines geschworenen England-Fans, Felix Mendelsson-Bartholdy, der mit der Uraufführung seines Elias 1846 in Birmingham seine allzu kurze musikalische Laufbahn triumphal krönte. Gespannt darf man auf die Kompositionen von Frank Bridge, York Bowen und Frederick Delius sein, die ihrer überfälligen Entdeckung auf unseren mitteleuropäischen Podien noch immer harren.
Zwei Publikumslieblinge, die Grande Dame englischen Liedgesanges Emma Kirkby und der Tausendsassa auf der Trompete Thomas Gansch, führen, begleitet vom Ensemble gamma.ut, durch den ersten Teil des letzten Abends in Eggenberg, der Musik aus dem Golden Age der britischen Geschichte zu Gehör bringt: Von den beiden Meistern des elisabethanischen Zeitalters von 1568-1603 William Byrd und John Dowland bis hin zum Orpheus britannicus, dem genialen Feuerkopf Henry Purcell, erklingt eine barocke musikalische Welt, die von herzzerreißenden Totenklagen bis hin zu bunten Tanz-Happenings reicht. Nach der Pause weht ein gänzlich neuer Wind durch das Schloss, die Klassiker der englischen Popmusik von den Beatles, Queen, den Rolling Stones bis hin zu Sting werden in neuen prickelnden Arrangements ihre zeitlose Qualität unter Beweis stellen.
Am Sonntag dann wie immer zum Festivalausklang der Schauplatzwechsel in die Oper Graz: Das komödiantische Ukulele Orchestra of Great Britain wird ein musikalisches Feuerwerk aus Stimmakrobatik und gitarrenartigem Luxussound zünden – eine einmalige Kombination im Dienst eines fulminant britischen Finales!
Das detaillierte Programm: www.arsonore.at