Seit 20 Jahren steht das Literaturhaus für Qualität, Vielfalt, Offenheit und Gegenwartsbezug. Achtzig sprach mit dem Team rund um Klaus Kastberger anlässlich des großen Jubiläums über die Feierlichkeiten, Widerstandsfähigkeit und Wertschätzung.
Interview: Wolfgang Pauker
Als lebendiges Erbe des Kulturhauptstadtjahres 2003 begeht das Literaturhaus heuer ein großes Jubiläum. Wie wird gefeiert?
Elisabeth Loibner: Wir feiern eigentlich schon seit Jahresbeginn mit der Gesprächsreihe Graz: Räume der Literatur, in der wir in sechs Ausgaben in unserer Lounge versucht haben, unterschiedliche Perspektiven auf das literarische Geschehen in dieser Stadt zu werfen. Diese Gespräche sind auch auf unserem YouTube-Kanal zu sehen.
Agnes Altziebler: Mit Beginn unserer Herbstsaison wird am 15. September ein großes Fest folgen. Im Zuge dessen wird auch die Publikation Graz: Momente der Literatur präsentiert werden, in der über 300 Autor*innen sowie Persönlichkeiten aus dem Kulturleben mit Statements vertreten sind. Weiters haben wir den Regisseur Markus Mörth beauftragt, einen Film über das aktuelle Literaturgeschehen der Stadt zu drehen.
Irene Hetzenauer: Dieser Film wird ebenfalls im Rahmen des 20-Jahr-Festes seine Premiere feiern. Bereits vorab sind kleine Snippets daraus auf unserem Instagram-Account zu sehen.
Klaus Kastberger: Ich freue mich besonders auf die Laudatio des bekannten Grazer Schauspielers Rudi Widerhofer, die sicherlich ein Höhepunkt des Festes wird.
Was ist Ihnen das zentrale Anliegen in der Arbeit im Literaturhaus?
Agnes Altziebler: Ich bin seit Anbeginn, also seit 2003, im Haus und für mich ist das Wichtigste die Vielfalt, die wir hier präsentieren – von den Debüts über den Höhenkamm der österreichischen Literatur bis zu den internationalen Autor*innen, etwa auch aus Süd-Ost-Europa. Und natürlich in weiterer Folge das Publikum, das bei den verschiedensten Formaten – von der klassischen Lesung bis zu unserer Literaturshow Roboter mit Senf – immer mitgeht.
Irene Hetzenauer: Für mich ist es natürlich bookolino – das Literaturfestival für junges Publikum, das ich seit nunmehr zwei Jahren organisiere und wofür wir Autor*innen und Illustrator*innen von Kinder- und Jugendbüchern einladen. Es ist wunderbar zu sehen, wie neugierig Kinder sind und was der Kontakt zu Autor*innen bei ihnen auslöst. Das zeigt sich auch bei Kooperationen wie etwa mit dem Next Liberty, wo junges Publikum selbst aus einem Buch Theater macht.
Elisabeth Loibner: Was ich in meiner nunmehr achtjährigen Tätigkeit hier im Haus besonders spannend finde, ist die Aufgeschlossenheit des Publikums. Ich bin unter anderem zuständig für Kooperationsveranstaltungen mit dem Institut für Romanistik und der Società Dante Alighieri, wo wir französisch- und italienischsprachige Autor*Innen einladen. Auch bei diesen Veranstaltungen haben wir meist Full-House. Man merkt in dieser Stadt ein sehr großes Interesse für das Fremde, auch für das Anderssprachige.
Klaus Kastberger: Für mich ist wichtig, dass das Literaturhaus hier in Graz als offener Raum erlebt wird. Dass es keine Ausschließungsmechanismen gibt und jeder die Möglichkeit hat,
etwas geboten zu bekommen. Ein möglichst vielfältiges Programm liegt dem gesamten Team am Herzen und deshalb ist die gemeinsame Erfahrung mit dem Publikum dann auch das Erfüllende an unserer Arbeit.
Was hat das Literaturhaus aus der Pandemie mitgenommen?
Elisabeth Loibner: Wir haben gelernt, sehr flexibel zu reagieren und haben auch positive Erfahrungen mitgenommen, wie beispielsweise eine Lesung von Dacia Maraini, die wir per Live-Stream vor vollem Haus zugeschaltet haben, was am Ende zu Standing Ovations führte. So etwas werden wir wohl auch in Zukunft öfter durchführen, sollte eine Anreise für jemanden unmöglich sein.
Agnes Altziebler: Wir haben auch fast zwei Jahre lang unsere Corona-Tagebücher im Programm gehabt und waren dadurch mit rund 30 Autor*innen in sehr intensivem Kontakt. Lesungen sind oft eine kurzfristige Angelegenheit, aber so etwas wie diese lange Zusammenarbeit – auch wenn sie auf Distanz stattfand – bindet sehr an das Haus. Insofern hatte diese schwierige Zeit auch gute Seiten.
Was wünscht man sich für die nächsten 20 Jahre?
Klaus Kastberger: Ich wünsche dem Literaturhaus, dass der erfolgreiche Weg weitergeht. Gerade während der Pandemie hat die Literatur bewiesen, dass sie eine unglaublich widerstandsfähige und kräftige Kunstform ist. Theater, Oper, Festspiele – alles war geschlossen, aber Bücher sind nach wie vor produziert und gelesen worden. Eine Zeit lang hat Kultur fast nur noch aus Büchern bestanden. Als Literaturhaus sind wir gleichsam der soziale Umsetzer all dessen. Ich hoffe, dass es noch stärker gelingt, diese Momente, in denen man mit dem Buch notwendigerweise alleine ist – sei es als Leser*in oder als Schreibende –, zu einem sozialen Event zu machen. Hier haben wir sicherlich auch noch etwas zu lernen darüber, wie wichtig soziale Events im Umfeld der Kultur eigentlich sind.
Irene Hetzenauer: Ich wünsche dem Haus auch hinkünftig so ein tolles Publikum, so viele interessierte Kinder und Pädagog*innen und weiterhin eine spannende Diversität an Autor*innen, die man einladen kann.
Elisabeth Loibner: Ich wünsche mir viele schriftstellerische Talente, die nachwachsen, und ebenso viele junge Leser*innen, die nachkommen.
Agnes Altziebler: Dem kann ich mich nur anschließen. Es gibt zwar viele Leser*innen, aber es braucht auch Menschen, die an einen Ort kommen, um den Autor*innen und ihrem Tun Wertschätzung entgegenzubringen.
Klaus Kastberger: Ich denke, Wertschätzung ist ein wirklich zentraler Begriff. Er dreht sich auch darum, welche Wertschätzung das Literaturhaus in der Stadt genießt. Ich habe das Gefühl, dass man in Graz der Literatur und dem Literaturhaus diese Wertschätzung in besonderem Maß entgegenbringt. Deshalb ist es auch eine ganz besondere Freude, ausgerechnet in dieser Stadt im Literaturhaus arbeiten zu dürfen. Literatur und Graz, das gehört einfach zusammen.