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Die Natur auskosten

Naturweine in der Hiša Franko Foto: Suzan Gabrijan

Slowenien hat sich längst als internationale Gourmet-Destination etabliert. Die Nähe zur Natur spielt für Küche und Wein dabei die maßgebende Rolle.

Text: Stefan Zavernik

Der Wein aus der Tonflasche kann sogar bei ausgewiesenen Naturwein-Fans für einen Überraschungsmoment sorgen. Nicht nur die Gerichte von Ana Roš sind außergewöhnlich, auch die dazu servierten Weine sprengen den Rahmen des Üblichen. Vor allem, wenn man sich für das berüchtigte Fancy-Weinpairing entschieden hat. Das Hiša Franko ist mit zwei Sternen das höchstbewertete Restaurant Sloweniens, darüber hinaus gilt es als legendäre Institution, wenn es um das Thema Naturwein geht. Wer hier getrunken hat, bekommt einen guten Überblick darüber, was in Sloweniens Naturweinszene gut und angesagt ist.

Ana Roš ist Sloweniens Spitzenköchin
Foto: Suzan Gabrijan

Die Naturweinliebhaberin

Ana Roš gilt als das internationale Aushängeschild der slowenischen Spitzenküche. Die gebürtige Slowenin wurde im Jahr 2017 zur weltbesten Köchin gekürt, in ihren Jugendjahren war sie professionelle Skirennfahrerin und strebte eigentlich eine Karriere als Diplomatin an. Doch als sie ihren späteren Ehemann Valter kennenlernte, verschlug es sie in das abgelegene wie schöne Soča-Tal in der Region Kobarid, wo sie ihre Liebe zum Kochen entdeckte. Ihre Küche ist eine Symbiose aus der Umgebung, in der sie sich aufhält, der jeweiligen Jahreszeit und ihrer neugierigen Persönlichkeit. Ihre Gerichte sind spektakulär und gleichen Kunstwerken. Es gelingt ihr Landschaften und Natureindrücke in ein Geschmackserlebnis zu verwandeln. „Ich versuche, mit meiner Küche der Natur zu folgen, und bediene mich jener Produkte, die das Soča-Tal zu bieten hat“, so die Köchin, der die Ideen für viele ihrer Gerichte in ihren Träumen kommen. Neben dem Kochen hat Ana Roš im Soča-Tal noch eine zweite Leidenschaft für sich entdeckt, und zwar Naturweine. „Ich bin heute sehr froh darüber, dass ich mich zu jener Naturwein-Liebhaberin entwickelt habe, die ich geworden bin. Ich habe viel über dieses Thema in den letzten 25 Jahren gelernt und wir haben einen wirklich großartigen Weinkeller mit diesen Weinen aufgebaut“, so Roš.

Ein Klassiker in der Hiša Franko, die Kartoffel im Heu. Die dazu gereichte Suppe bringt den Wald aromatisch direkt zum Gast
Foto: Suzan Gabrijan

Naturwein, eine Philosophie

Was sind eigentlich Naturweine? Eine einheitliche Definition für den Begriff „Naturwein“ gibt es bis heute genauso wenig wie eine offizielle Zertifizierung. Es handelt sich um Weine von oftmals kleinen Weingütern, die ohne Zuhilfenahme von chemischen Hilfsmitteln und Zusätzen so naturnahe wie möglich erzeugt werden. Die Weine werden nicht gefiltert und werden von zahlreichen slowenischen Winzern auch gerne in Amphoren ausgebaut. Naturwein-Fans schwärmen von ihrer Bekömmlichkeit und meinen durch sie erkannt zu haben, wie richtiger Wein schmecken kann. Die geschmackliche Stilistik von Naturweinen ist für Neulinge oftmals ungewohnt vielschichtig und archaisch. Naturweine werden in Slowenien in den unterschiedlichen Weinbauregionen hergestellt. Eng mit dem Thema Naturwein verbunden sind Orangeweine. Hierbei handelt es sich um Weißweine, die wie Rotweine ausgebaut werden. Im kleinen Izola an der slowenischen Küste hat man dieser Art von Wein ein eigenes Festival gewidmet. Neben dem Soča-Tal ist Izola ein weiterer Ort in Slowenien, der sich dazu anbietet in die unfiltrierte Geschmackswelt dieser Weine einzutauchen.

Der Geschmack Istriens

Während des Orangewine-Festivals verwandeln Winzer aus Slowenien, Italien, Kroatien und Österreich die Altstadt des kleinen Fischerdorfes in eine chillige Open-Air-Verkostung mit Kult-Charakter. Als eine Gruppe von Orangewein-Fans das Festivals vor knapp 10 Jahren gründete, war es weltweit das erste seiner Art. Auch abseits des Festivals ist Izola ein heißer Tipp, wenn man sich für Naturweine und slowenische Küche interessiert. Izola zählte einst zur Republik Venedig, war Teil des Habsburgerreiches und gehörte danach zu Italien, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war es vorwiegend von italienisch sprechender Bevölkerung besiedelt. Im Jahre 1954 fiel es an die damals noch jugoslawische Teilrepublik Slowenien. War Izola lange Zeit auf die Fischerei ausgerichtet, lebt es heute vom Tourismus und setzt auf seine kulinarischen Vorzüge. Landestypische, traditionelle Küche gibt es im Restaurant des Hotels Marina. Küchenchef Ivica Evačić wurde vom Guide Michelin als Chef Traditionell ausgezeichnet.

Auch abseits des Orangewine-Festivals ist das kleine Dorf Izola an der Küste Sloweniens ein guter Ausgangsort, um die Gegend vinophil zu erkunden. Empfehlenswerte Unterkunft direkt am malerischen Hafen: Hotel Marina (hotelmarina.si)
Foto: Jaka Ivancic

Das Hotel Marina liegt mitten in der Marina von Izola und ist eine charmante Unterkunft, um Ausflüge in die Region zu unternehmen. Kleine Naturweingüter finden sich entlang der Küste verstreut. Auch andere Weinbauregionen wie etwa das Vipava-Tal oder der Karst sind schnell und unkompliziert zu erreichen. Ein Geheimtipp, um den Geschmack Istriens unverfälscht zu erleben, ist die Farm der Familie Butul in den Bergen über Koper. Auf dem 6 Hektar großen, nachhaltigen Landwirtschaftsbetrieb gedeihen neben malerischen Weingärten über 300 Olivenbäume, wilde Kräuter und wildes Gemüse. Erzeugt werden Naturwein, Olivenöl, Honig und zahlreiche Delikatessen. Vieles davon können Gäste im Rahmen einer Jause oder eines Abendessens verkosten. Alle Produkte, die nicht selbst erzeugt werden, wie herrlicher Lardo, fangfrische Fische oder frische Trüffel werden über befreundete Produzenten bezogen. Aufgetischt wird auf Vorbestellung. In der Küche steht Sohn Černo, der einige Jahre in der internationalen Spitzengastronomie gearbeitet hat und nun seine Vorstellung eines kulinarischen Gesamtkonzeptes verwirklicht. Zum Ausdruck kommt dabei der Geschmack Istriens, so authentisch wie Essen und Wein hier sein können.           

Unterwegs in Istrien

Naturweingüter besuchen

Es gibt unzählige Naturwein-Winzer in Slowenien. Hier eine kleine Auswahl aus der Küstengegend, dem Vipava-Tal und dem Karst.

Domačija Butul
Landwirtschaftliches Gesamtkonzept in den Bergen über Koper
www.butul.net

Černo Butul kocht ausschließlich mit regionalen Produkten aus Istrien, dazu gibt’s hauseigene Bio-Weine
Foto: Jaka Ivancic

Rojac
Winzer in der Nähe von Izola, spannender Malvasia aus der Amphore
www.rojac.eu

Gordia
Weingut mit spektakulärem Blick auf die Bucht von Koper
www.gordia.si

Burja Estate
Weingut im Vipava-Tal, einige Amphorenweine
www.burjaestate.com

Vina Čotar
Naturweine aus dem Karst
www.cotar.si