Dank Oscar Wilde und David Bowie nimmt das Hotel Café Royal, ein legendäres Haus an der Schnittstelle von Mayfair, Soho und St. James’s, in der Kulturgeschichte Londons einen geradezu sagenumwobenen Platz ein.
Zum Tee am Tisch von Virginia Woolf Platz nehmen oder sich auf dieselbe Couch wie Mick Jagger setzen? Kein Problem in Londons Hotel Café Royal, das zum zweiten Wohnzimmer für einige der prägendsten Künstler*innen der letzten 150 Jahre wurde. Alles begann, als der französische Weinhändler Daniel Nicholas Thévenon 1863 nach einem Bankrott mit nur fünf Pfund in der Tasche nach London floh. Er kam wieder auf die Beine und eröffnete an der prächtigen Regent Street das Café Royal, um den Briten die französische Gourmetküche sowie einen üppig ausgestatteten Weinkeller näherzubringen. Stammgast war ein gewisser Oscar Wilde, irischer Dichter und Dandy, der zahlreiche weitere Literaten anlockte. Rasch entwickelte sich das Etablissement zu einem illustren Treffpunkt, in dem nicht nur Künstler*innen wie Mark Twain oder George Bernard Shaw ein und ausgingen, sondern bald auch Mächtige und Monarchen wie Winston Churchill oder Edward der VIII.
Für den absoluten Kultstatus des Café Royal sorgte aber David Bowie, der am 3. Juli 1973 hier eine „Last supper“ betitelte Feier für sein Alter-Ego Ziggy Stardust veranstaltete, den er nach dieser rauschenden Nacht in Pension schickte. Mick und Bianca Jagger, Paul und Linda McCartney, Lou Reed, Ringo Starr, Keith Moon und viele andere gaben sich die Ehre. Im Jahr 2008 war die Party vorerst vorbei und das Café Royal schloss die Pforten, durch die so viele klingende Namen schritten. Doch nur um vier Jahre lang umgebaut, erweitert und als eines der luxuriösesten Grand Hotels der Stadt wiedergeboren zu werden. Weitläufiges Spa mit Indoor-Pool, ein Zwei-Michelin-Stern-Restaurant, das „Cakes & Bubbles“ des „besten Patissiers der Welt“ Albert Adriá sowie der originalgetreue Grill Room und die neu gestaltete Ziggy’s Bar inklusive. Berühmtheiten waren sofort wieder Stammgäste: Kanye West veröffentlichte bei einem DJ-Set 20 neue Songs, Kate Moss und Naomi Campbell veranstalteten eine Party mit Gästen wie Harry Styles oder Rihanna. Eigentümer ist die Collection der The Set Hotels, die sich mit kunstgeschichtlich relevanten Häusern auskennt. Schwesterhotels sind das Conservatorium Hotel, ein ehemaliges Musikkonservatorium im Herzen des Museumsviertel Amsterdams und das Lutetia auf der Pariser Rive Gauche, ein prachtvolles Jugendstilhaus, dessen markante Fassade von Jean-Paul Belmondos Vater gestaltet wurde.
Mittelpunkt des West-End-Lebensstils
Dank seiner Lage im Herzen Londons eignet sich das Hotel perfekt, um zu ausgedehnten Spaziergängen in alle Himmelsrichtungen aufzubrechen. Im Norden findet man in Soho eine lebhafte wie vielfältige kulturelle Mischung vor, die von Bars, Pubs, Erotikshops, Galerien über Straßenmärkte bis zu Chinatown reicht. Im westlichen Mayfair befinden sich herrschaftliche Botschaften und in der Savile Row einige der besten Maßschneider der Welt. In beiden Gegenden kann man sich auch auf die Spuren Oscar Wildes machen und etwa den Blumenladen besuchen, in dem er seine berühmten Knopflochnelken zu kaufen pflegte oder das Haus in der Moon Street #14, das die Inspiration für Algernons Singlewohnung in The Importance of Being Earnest lieferte. Südlich liegen der St. James’ Park und Buckingham Palace und orientiert man sich östlich, wartet mit der Tate Modern ein imposantes Museum zeitgenössischer Kunst. In einem ehemaligen Ölkraftwerk wurden auf mehreren Ebenen Galerien eingerichtet, in denen Schauen aus der permanenten Sammlung (kostenlos) sowie Wechselausstellungen gezeigt werden. Aktuelle Highlights sind die Infinite Mirror Rooms der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama und die Ausstellung Capturing The Moment, die anhand von Arbeiten einiger der größten zeitgenössischen Künstler*innen das Verhältnis der Medien Malerei und Fotografie, von Pinsel und Linse auslotet.
Weniger berühmt hingegen ist das Vereinigte Königreich für seine Küche. Hier fällt es angesichts der vielen ehemaligen Kolonien aber leicht, auf Exotischeres auszuweichen. Im 1926 eröffneten ältesten indischen Restaurant Londons – dem Veeraswamy – kann man auf Michelin-Stern-Niveau in eine Welt voller Gewürze und Geschmäcker eintauchen. Nur wenige Schritte vom Hotel Café Royal entfernt hat man hier – mit Ausblick auf das geschäftige Treiben in der Regent Street – die Qual der Wahl aus modern interpretierten Klassikern aus den unterschiedlichen Regionen der ehemaligen Kronkolonie. Wer es etwas zwangloser möchte, dem bietet sich seit kurzem das vom selben Eigentümer geführte Restaurant „Masala Zone“ mitten am Piccadilly Circus an. Hier diniert man ebenfalls auf höchstem Niveau, aber zu günstigeren Preisen und unter einer beeindruckenden, originalen Mosaikdecke im neobyzantinischen Stil aus dem Jahr 1873.