Bad Ischl Salzkammergut 2024: In Bad Aussee und Linz geht es um NS-Kunsthandel und -verstecke, in Altaussee um Salz-Geschichte als Comic, in Graz um volkskundliche Fotos und in Schloss Trautenfels um Regional-Globales.
Mitte März öffnete eines der zentralen Ausstellungsprojekte des Kulturhauptstadtjahres seine Tore. Es setzt sich aus drei Kunstschauen an drei Orten zusammen – Lentos Kunstmuseum in Linz (19.3.–8.9.), Kammerhofmuseum Bad Aussee (27.3.–27.10.) und Altes Marktrichterhaus in Lauffen bei Bad Ischl (19.4.–1.9.) – und nimmt das Salzkammergut als Umschlagplatz sowie Rettungsort für Meisterwerke der europäischen Kunstgeschichte in den Blick.
Ab 19.3. zeigt die Reise der Bilder im Lentos eine Auswahl an exemplarischen Gemälden, die für Hitlers geplantes „Führermuseum Linz“ und die Verteilung an Museen des Deutschen Reiches durch Raub, Ankauf oder Arisierung in ganz Europa zusammengetragen und – wie auch österreichische Museumsbestände – während des II. Weltkriegs in Stollen und temporären Kunstlagern im Salzkammergut eingelagert und so gerettet wurden.
Das Kammerhofmuseum Bad Aussee widmet sich seit 27.3. einem der widersprüchlichen Protagonisten und Profiteure des Kunsthandels dieser Zeit: dem Berliner Händler und Sammler Wolfgang Gurlitt und seiner jüdischen Geschäftspartnerin Lilly Christiansen-Agoston, die ab 1944 in Bad Aussee lebten. Beide waren in den Handel mit beschlagnahmter und sogenannter „entarteter“ Kunst involviert. Die Ausstellung zeigt und kontextualisiert 60 Originale der ehemaligen Sammlung Gurlitt. In der Nachkriegszeit beteiligte sich Gurlitt nicht nur intensiv am Kulturleben des Ausseerlands. Er wurde auch zum Direktor der Neuen Galerie Linz, heute Lentos Kunstmuseum, und brachte seine Sammlung ins Museum ein, das dieses glanzvoll-problematische Erbe bis heute verwaltet.
Mitte April folgt schließlich die dritte Schau: Das Leben der Dinge. Geraubt – verschleppt – gerettet im Alten Marktrichterhaus in Lauffen. Sie thematisiert anhand von Werken und Installationen zeitgenössischer Künstler*innen den systematischen Kunstraub, der seit der Antike ein bekanntes Phänomen und ein Mittel zur Legitimation kultureller Dominanz darstellt.
Das Salzbergwerk Altaussee – ehemals eine Stätte eingelagerter Kunstschätze – ist Schauplatz einer weiteren außergewöhnlichen Ausstellung. In Verborgen im Fels. Der Berg, das Salz & die Kunst, einem Kooperationsprojekt der Salzwelten GmbH mit der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024, erzählt der vielfach preisgekrönte deutsche Comiczeichner Simon Schwartz Geschichte und Geschichten rund um den Altausseer Salzberg in Form einer Graphic Novel: von der Steinzeit über den ersten Salzabbau im 12. Jahrhundert bis zur Bergung der im Berg eingelagerten Kunstschätze während der Nazi-Zeit.
Eng mit dem Ausseerland verbunden war Konrad Mautner (1880-1924), Sohn einer jüdischen Wiener Industriellenfamilie mit Sommerfrischedomizil in Gössl am Grundlsee. Zu Mautners 100. Todestag am 15. Mai 2024 widmet das Volkskundemuseum Graz dem Forscher und Sammler regionaler Trachten und Volkslieder noch bis 30.6. die Personale Das andere Leben, deren Herzstück die mehr als 2.000, zwischen 1890 und 1924 entstandenen Fotografien des passionierten Volkskundlers sind. Sie sind nicht nur Familienzeugnisse, sondern gewähren auch Einblick in den kulturellen Alltag der Region. Ab Mitte Juli wird diese Fotoschau im wiedereröffneten „Hotel Austria Museum der Stadt Bad Ischl“ zu sehen sein.
Vermessungen einer Region
Seit 23. März wird das Schloss Trautenfels in Stainach-Pürgg im Ennstal mit der Sonderausstellung Region, Welt und Ding zum Knotenpunkt, an dem Regionales mit Globalem in Austausch tritt. Die Frage, die hier gestellt wird, lautet: Wie global kann ein Ort im regionalen Raum in der Vergangenheit, im Jetzt und in der Zukunft sein? Vielfältige Ausstellungsobjekte aus so unterschiedlichen Themenbereichen wie Immaterielles Kulturerbe, Lebensräume für Mensch und Tier, Tourismus, Landwirtschaft, Gesundheit oder Mobilität geben transdisziplinäre Antworten.