Recycle, Reuse, Repair, Reimagine

Nach einer ersten künstlerischen Intervention im Stadtteil Reininghaus geht es für die Steirische Kulturinitiative in den nächsten Wochen auf den Grazer Mariahilferplatz, nach Stainach und wieder nach Reininghaus.

In der eben zu Ende gegangenen und von Nicole Pruckermayr kuratierten Ausstellung tropical explosion von Christina Helena Romirer im Green Tower in Graz Reininghaus stießen echte Pflanzen des Wohnturmes auf speziell angefertigte künstliche Artgenossen im Erdgeschoß. In der Schau, die von der Steirischen Kulturinitiative in Kooperation mit dem Verein Stadtteil Reininghaus organisiert wurde, feierten die recycelten Plastikblüten ihre Überwucherung bestehender Landschaften und ließen den manchmal eher unwirtlichen Stadtraum, geprägt durch Absperrungen und Boller, verblassen. Die Zwischennutzung von Räumen der Erdgeschoß-Zone in Reininghaus begleitet die Kulturinitiative übrigens das ganze Jahr – davon mehr später im Text.

Fast Fashion, Müll und Glück

Ab 17. Mai macht das mehrjährige Projekt IN SEARCH OF FULFILLMENT von Lisa und Wilfried Prantner (Bis es mir vom Leibe fällt) in Graz halt. Hier wird innerhalb einer partizipativen Installation mitten am Mariahilferplatz an einer originalgroßen Sattelschlepperskulptur aus Alttextilien weitergewebt, -getüftelt und -gewerkt. Die LKW-Skulptur erinnert daran, dass jede Sekunde weltweit eine LKW-Ladung Alttextilien verbrannt oder auf der Deponie entsorgt wird. LKWs sind auch wesentlich am immer schnelleren Zustrom immer kurzlebigerer Modeartikel beteiligt. Sie sind Erfüllungsgehilfen: Die letzten Kilometer dieses sich immer weiter beschleunigenden Prozesses, der Abwicklungsprozess des Online-Handels, wird als „Fulfillment“ bezeichnet. Begleitend zu diesem Projekt, welches u. a. in Kooperation mit KIÖR Steiermark umgesetzt wird, findet von 23. bis 27. Mai ein Diskursprogramm gemeinsam mit der Steirischen Kulturinitiative statt. Es ist zugleich Teil der Konferenz des internationalen EU-Partnerprojekts future.repair.machine, gehostet vom Dramatiker*innenfestival Graz. Dabei wird in Vorträgen, Lesungen, Performances und Diskussionen der Frage nachgegangen, was „Fulfillment“ mit Fast Fashion, Müllproduktion und Glück zu tun hat. Unter dem Titel Fülle und Erfüllung werden unter anderem die Neurowissenschaftlerin Rebecca Böhme und die Nachhaltigkeitsforscherin Renate Hübner im Lendhafen darüber Auskunft geben, warum wir immer neue und mehr Sachen haben wollen, warum uns das zugleich Glück und Unbehagen bereitet und wie wir auch anders handeln könnten.

IN SEARCH OF FULFILLMENT
Team: Lisa und Wilfried Prantner, Brigitte Bidovec, Esther K. Stögerer, Alizée Serazin, Michael Fiedler, Christine Sbaschnigg, Kathinka Daum, …
Eröffnung: 17.5., 10.30 Uhr
Zu sehen bis 31.5. (Mo–Sa 10–18 Uhr), Mariahilferplatz, 8010 Graz
Diskursprogramm: 23. bis 27. Mai im Volkskundemuseum, Kunsthaus Graz, AAI, …

Es geht wie immer um alles

Seit Jänner arbeitet auch der Literarische Sparverein 2024. Diese Produktion der Steirischen Kulturinitiative findet in Kooperation mit DAS KULTurVIECH und dem Grazer Erfolgsautor Ferdinand Schmalz statt. Monatelang arbeiten in diesem Projekt Personen aus dem Bezirk Liezen an Texten. Die Ergebnisse werden nun unter dem Motto „… es schmalzt“ in Stainach präsentiert. DAS KULTurVIECH setzt aber auch noch andere Aktivitäten im Bezirk um: Vom 5. bis zum 8. Juni finden – zum zweiten Mal und verstreut auf die Landschaft – unter dem Titel Literatur im Betrieb Begegnungen mit Autor*innen im mehr oder weniger privaten Rahmen statt. Folgende Betriebe sind als Gastgeber dabei: „bäder fürs leben“ (Maxonus, Liezen) mit den Poetry Slam-Stars Mieze Medusa und Markus Köhle und im Hofladen Lechnerhof in Rottenmann begrüßt man Julia Jost, derzeit auf den Bestseller-Listen mit ihrem aktuellen Roman.

Textwerkstatt mit Ferdinand Schmalz
 „… es schmalzt“
6.6., 20 Uhr, Cultur Centrum Wolkenstein, Bahnhofstraße 110, 8950 Stainach

Film trifft urbanen Raum

Die Ausstellung FILMRÄUME der bildenden Künstlerin und Filmemacherin Lotte Schreiber wird Anfang Juli ebenso in Reininghaus, im Erdgeschoß des Gebäudes Mirror, stattfinden und einen Querschnitt ihrer Filme und Installationen präsentieren, in denen sie u.a. die historische und gesellschaftspolitische Bedeutung von Architektur, urbanem Raum und Landschaft betrachtet. Ein wiederkehrendes Motiv ist auch Sprache, unter anderem in Form von Zitaten. Zum Beispiel: „Es zählt die Aufrichtigkeit und Notwendigkeit dessen, was gesagt werden muss.“ Eine Aussage von Pier Paolo Pasolini, italienischer Filmregisseur, Dichter und Publizist, der in ihren Arbeiten immer wiederkehrt. Manchmal ist es ein tatsächlicher Text, manchmal ist dieser nur im Hintergrund spürbar. In all ihren Arbeiten kommen unterschiedliche Montagetechniken zur Anwendung, sei es im medialen wie im tatsächlichen Ausstellungsraum. Begleitprogramm der Ausstellung: Einmal pro Woche startet ein Film in Kino­länge. Und wie auch in anderen Projekten gibt Lotte Schreiber auch hier die Möglichkeit einer Anknüpfung für Personen vor Ort. Die Nähe und direkte Angrenzung an den Reininghauspark macht es möglich. Wer dabei sein mag, möge sich einfach melden – alle zusammen bilden eine demokratische Versammlung. We gather!